Ein kalter Strom
das URL für die kostenlose E-Mail-Site ein. Während er eingab, was Hansi ihm gesagt hatte, erschien der Besitzer und baute sich vor ihm auf. »Sie müssen für Ihre Zeit am Computer bezahlen.«
»In Ordnung«, sagte Tadeusz und wedelte mit einem Fünfzig-Euro-Schein herum. »Behalten Sie den Rest. Und jetzt lassen Sie uns in Ruhe.«
»Um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, gibt es doch nichts Besseres«, murmelte Krasic, während er auf die Verbindung wartete.
»Als ob sie dich hier kennen würden. Komm, Darko, sieh zu, dass du das Zeug auf den Bildschirm kriegst.«
Krasic öffnete den Briefkasten und klickte auf Hansis versprochene Botschaft. Ein halbes Dutzend Anhänge war dabei, und er nahm sich gleich den ersten vor. Er enthielt die wesentlichen Angaben zu Tonys Leben, vom Universitätsabschluss bis zu seiner jetzigen Position. »
Reader
für Psychologie?«, sagte Krasic. »Sie geben einem einen Job, einfach weil man lesen kann?«
»Es ist eine Position an der Uni, wie Professor, nur nicht so hoch«, sagte Tadeusz ungeduldig. »Ist ja egal. Was ist das hier alles über Berater für Profilerstellung beim Innenministerium? Dieser Kerl ist ein Profiler?«
»Sieht so aus, als sei er jedenfalls einer gewesen.«
»Und das heißt, er arbeitet mit der Polizei zusammen«, sagte Tadeusz düster. »Mach weiter, Darko.«
Hansi hatte gute Arbeit geleistet. Tonys Adresse, Telefonnummer und Angaben zu seinem Bankkonto schlossen sich an den Lebenslauf an. »Er schwimmt ja nicht gerade im Geld, oder?«, sagte Krasic. Das sprach nicht sehr für Carolines Geschmack, dachte er. Der Typ sah nicht mal gut aus. Eine Frau, die seinen Boss wegen dieses Jammerlappens sausen ließ, war keine Frau, deren Urteil er trauen würde, das stand fest.
Er öffnete den nächsten Anhang. Es war ein Zeitungsartikel über einen Serienmörder namens Jacko Vance. Er berichtete vor allem, welche Rolle der Profiler Tony Hill, Gründer der nationalen Einsatzgruppe zur Erstellung von Täterprofilen, bei der Ergreifung gespielt hatte. »Arbeitet mit der Polizei zusammen«, wiederholte Tadeusz, und seine Augen waren dunkel vor Wut. »Was noch?«
Es war ein weiterer Zeitungsartikel, diesmal über einen Serientäter, der in Bradfield im Norden Englands vier Opfer getötet hatte. Der Autor beschrieb, wie der Psychologe Tony Hill mit der Polizei kooperiert und ein Profil entwickelt hatte, das sie zu dem Mörder führte, aber dass ihn dies fast das Leben gekostet hätte. »Was hat denn Caroline Jackson mit ihm zu tun, verdammt noch mal?«, fragte Tadeusz. »Du hast doch gesagt, dass sie sauber ist und die Leute wussten, dass sie eine von uns ist.«
Krasic zuckte die Schultern. »Vielleicht ist sie der Grund, weshalb er nicht mehr mit der Polente zusammenarbeitet. Wenn deine Freundin eine Kriminelle ist, kannst du nicht mehr mit den Wölfen heulen, oder?« Er glaubte eigentlich selbst nicht, was er sagte, aber er wusste, dass er eine bessere Chance hatte, Tadeusz davon zu überzeugen, dass Jackson nur Ärger brachte, wenn er nicht absolut negativ über sie sprach.
Als er die nächste Datei öffnete, verstummte er. Es war ein Zeitungsfoto. Im Vordergrund war Tony im Dreiviertelprofil zu sehen. Es schien, als sage er etwas zu der Frau hinter ihm. Ihr Gesicht war etwas unscharf, aber trotzdem war klar, dass es Caroline Jackson war. Krasics Hand lag regungslos auf der Maus. Er wollte zum Begleittext hinunterrollen, verspürte aber in der Magengrube eiskalt eine schlimme Vorahnung. Dies würde wirklich sehr böse werden.
Er drückte die Taste, die die Seite nach unten springen und den Text sehen ließ:
Dr. Tony Hill, Profiler des Innenministeriums, mit Detective Inspector Carol Jordan am Tatort nach dem Mord an Damien Connolly
.
»Sie ist bei der Scheißpolizei«, sagte Krasic leise und giftig. »Sie ist eine falsche Schlange.«
Tadeusz war kreidebleich geworden. Er musste sich am Tisch festhalten, so zitterten seine Hände. Dies war die Frau, mit der er am Abend zuvor hatte schlafen wollen. Dies war die Frau, der er Einblick in seine Geschäfte gewährt hatte. Dies war die Frau, der er erlaubt hatte, sein Herz zu heilen. Und sie war eine Verräterin. »Wir fahren nach Berlin zurück«, sagte er, drehte auf dem Absatz um und stürmte aus dem Laden, ohne zu beachten, dass ihn alle mit offenem Mund anstarrten.
Krasic warf einen Blick über die Schulter. Es war noch ein ungeöffneter Anhang da. Er las den Text, und die Enttäuschung war noch
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