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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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ihr denn vor?«, sagte sie und tat so, als langweile sie dies alles.
    »Ich weiß, wo Tanja ist.«
    Marlene schlug die Beine übereinander und warf Petra einen abschätzenden Blick zu. »Und was soll das heißen?«
    »Kinder sollten bei ihrer Mutter sein.«
    »Ja, aber ihr Schweine erlaubt es nicht, dass wir sie bei uns haben, oder?« Marlene blies eine dünne Rauchfahne in Petras Richtung.
    »Marlene, ich habe einen schweren Tag hinter mir. Ich hab wirklich keine Lust, mich mit dir herumzustreiten. Hier ist unser Angebot. Ich weiß, dass Krasic Tanja als Pfand benutzt. Solange du den Mund hältst, passiert deiner Tochter nichts. Ich persönlich würde meinen, auf einem Bauernhof angebunden zu sein wie ein Kettenhund ist nicht gerade schön, aber ich bin nicht du.«
    »Was reden Sie da, verdammt, angebunden wie ein Kettenhund?«
    Petra überging die Unterbrechung einfach. »Ich biete dir Folgendes an. Wir befreien Tanja aus den Händen ihrer Wächter, wir holen dich hier raus, und wir stecken euch beide in ein Zeugenschutzprogramm. Neue Stadt, neuer Name, neues Leben. Im Gegenzug dafür sagst du gegen Krasic und Radecki aus.«
    Marlene starrte sie mit offenem Mund an. Sie vergaß für den Moment sogar zu rauchen. »Warum sollte ich Ihnen glauben?«, sagte sie schließlich.
    Petra holte ein Blatt Papier aus ihrer Tasche und gab es Marlene. »Ich hab das heute früh selbst mit einer Digitalkamera aufgenommen.«
    Marlene faltete das Blatt auseinander, und ein Farbbild mit einem kleinen Kind kam zum Vorschein, das mit einem Strick angebunden war. Die Fotografie war verändert worden, um typische Einzelheiten zu entfernen. Sie hielt die Luft an und legte die Hand vor den Mund.
    »Tut mir Leid, es ist ein bisschen unscharf. Ich hatte ein Teleobjektiv.«
    »Ist alles in Ordnung mit ihr?«
    Petra hob die Schultern. »Soweit ich das beurteilen kann. Aber weißt du, wenn ich ’n Kind hätte, wäre ich nicht gerade begeistert, wenn Darko Krasics Cousin, der Schweinebauer, sich um es kümmern würde. Also Marlene, was meinst du? Können wir uns einigen?«
    »Ihr wisst nicht, gegen wen ihr da angeht«, sagte Marlene besorgt. »Krasic ist eine Bestie.«
    »Marlene, ich verrate dir ein kleines Geheimnis. Du bist nicht der einzige Hebel, den wir gegen Krasic und Radecki haben. In ein paar Tagen ist das, was du weißt, vielleicht nur noch von nebensächlicher Bedeutung. Die Kerle werden sowieso verschwinden und werden sehr lange weg vom Fenster sein. Aber ich würde ihnen zusammen mit allem anderen sehr gern Kamals Ermordung anhängen. Ja, du wirst den Kopf hinhalten, aber es wird dir wie ein Flohstich vorkommen im Vergleich zu dem, was wir mit denen vorhaben. Ich verspreche dir, wir werden dich und Tanja schützen. Dafür hast du meine persönliche Garantie.«
    »Das Versprechen von ’ner Polizistin?«, höhnte Marlene. Ihre Finger zupften an der Decke herum, und sie starrte die Wand so lange an, dass es Petra wie eine Ewigkeit vorkam, obwohl es wahrscheinlich weniger als eine Minute war. Sie zwang sich, still dazusitzen und Marlene überlegen zu lassen, wie ihre Chancen standen. Schließlich zuckte Marlene ungeduldig mit den Achseln und murmelte niedergeschlagen: »Scheiß drauf, was hab ich zu verlieren? Okay, abgemacht.«
    Petra jubelte innerlich. Jetzt konnte sie zu den Neandertalern vom Sonderkommando gehen, die im Revier herumlümmelten, und ihnen das Signal geben, dass sie ihr Testosteron beim Einsatz aufbrauchen konnten. »Du hast die richtige Entscheidung getroffen. Für dich und für Tanja. Du wirst direkt von hier an einen sicheren Ort gebracht, während alle glauben, dass du ins Krankenhaus verlegt wurdest. Und sobald wir Tanja haben, wird sie zu dir gebracht.«
    Sie ließ die Füße zu Boden gleiten. »Wart’s ab, Marlene. Zusammen kriegen wir die Dreckskerle schon.«
    Marlene lachte. »Das muss man sich mal anhören, wild entschlossen, die kleine Miss. Sie haben ja keine Ahnung, mit wem Sie es da zu tun haben, oder? Ich hoffe nur, dass Sie die Sache so gut hinkriegen, wie es sich anhört.«
    Ich auch
, dachte Petra, als sie ging.
In unser aller Interesse
,
ich auch
.
     
    Bis Tony den Weg zum Hafen Widenfeld gefunden hatte, vertrieb eine wässrige Sonne die letzten Wolken. Der Hafen war voller Schiffe, von den Rheinschiffen, die tief im Wasser lagen, bis zu kleinen Freizeitbooten, deren Cockpit mit Segeltuch abgedeckt war. Ein paar Leute schrubbten nach dem Regen ihre Decks oder machten kleine Wartungsarbeiten, die

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