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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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größer.
    »Scheiße«, sagte er halblaut, verließ dann abrupt das E-Mail-Programm und schaltete den Computer aus. Er sprang auf, eilte seinem Chef nach und kümmerte sich nicht um die wütenden Rufe des Ladenbesitzers: »He, so darf man die nicht abschalten!«
    Er fand Tadeusz an das abgeschlossene Auto gelehnt, und der Regen strömte ihm wie Tränen über das Gesicht. »Ich bring das Biest um«, sagte er, als Krasic auf ihn zukam. »Ich leg das verdammte, heimtückische, verlogene Luder um.« Er richtete sich auf. »Komm, wir fahren.«
    »Warte, Tadzio. Schau mal, wir sind jetzt schon so weit gefahren. Noch eine Stunde, und wir sind in Köln, können den Stoff abholen und dann zurückfahren. Sie geht ja nirgendwo hin. Sie weiß ja nicht, dass wir es spitzgekriegt haben. Und der Typ, mit dem sie pennt, auch nicht.«
    »Ich will jetzt zurück.«
    »Wir müssen darüber nachdenken. Da ist nämlich noch mehr.«
    »Was meinst du damit, da ist noch mehr?«
    »Hill ist heute früh zu einer Wohnung gegangen. Ich habe Hansi den Hacker beauftragt, sich auch darum zu kümmern. Sie gehört einer Frau, die Petra Becker heißt. Sie ist bei der Polizei. Sie arbeitet für den Nachrichtendienst. Die Scheißkerle versuchen schon seit Jahren, uns etwas nachzuweisen.«
    Tadeusz schlug mit der flachen Hand auf den Wagen. »Lass uns zurückfahren. Wir holen ihn uns, dann legen wir die Schlampe um.«
    »Er ist nicht mehr in Berlin. Rado hat mich von Berlin-Tempelhof aus angerufen, Hill hat einen Flug nach Bonn genommen. Rado wollte versuchen, noch mitzukommen.« Krasic zog sein Mobiltelefon heraus und wählte Rados Nummer. »Wo bist du?« Er horchte aufmerksam und sagte dann: »Gut. Ruf mich in fünfzehn Minuten an und sag mir, was läuft.«
    Er wandte sich wieder an Tadeusz. »Er hat in Köln verschiedene Bootshäfen angefahren. Jetzt fährt er in Richtung Koblenz. Wir sind viel näher an ihm dran als an ihr. Und sie wartet, bis du zurückkommst. Wenn du ihn dir holen willst, können wir es machen. Und wir können Rado weiter nach Köln schicken, um das Heroin abzuholen.«
    Tadeusz sank in sich zusammen und lehnte sich wieder ans Auto. »Na gut.«
    Krasic schloss den Wagen auf und öffnete die Beifahrertür. Alle Kampfeslust war aus Tadeusz gewichen. Er ließ sich auf den Sitz fallen. Krasic setzte sich hinters Steuer und legte den Gang ein. Sie kamen mit 120 auf die Autobahn, und die Tachonadel stieg stetig nach oben. Tadeusz starrte mit unergründlichem Gesichtsausdruck geradeaus. Nach ungefähr zwanzig Minuten sagte er endlich etwas. »Du weißt, was das bedeutet, oder, Darko?« Seine Stimme klang so gequält, wie sie nach Katerinas Begräbnis geklungen hatte.
    »Es heißt, wir könnten angeschissen worden sein«, sagte Krasic.
    Tadeusz beachtete seine Antwort nicht. »Wenn sie bei der Polizei ist, ist die Ähnlichkeit mit Katerina kein Zufall. Sie haben das schon lange geplant, Darko. Sie hatten nicht zufällig ein Double von Katerina, das gerade mal so in ihre Rolle schlüpfen konnte. Sie haben sich diese ganze Sache ausgedacht,
weil
sie eine Polizistin hatten, die ihre Schwester hätte sein können.« Seine ruhige Stimme brach und klang wie ein Schluchzen. »Sie haben sie umgebracht, Darko. Sie haben die Frau beseitigt, die ich liebte, damit sie mir diese Falle stellen konnten. Jetzt weiß ich, wer an Katerinas Tod schuld ist. Nicht irgendein blöder, leichtsinniger Biker, Darko, sondern es war Carol Jordan.«

Kapitel 35
    P etra lehnte sich auf dem unbequemen Stuhl zurück und stellte die Füße auf eine Stange des schmalen Gefängnisbetts der Krankenstation. Marlene sah so ungepflegt aus, wie die Angst und das Gefängnis eine Frau aussehen lassen konnten, die sowieso nicht mit Reizen gesegnet war. Unter den Augen hatte sie Tränensäcke, die auf zu wenig Schlaf und vielleicht sogar auf ein paar Tränen hinwiesen.
Umso besser für meine Zwecke
, dachte Petra. Trotz ihrer Bedenken zum Timing der Operation konnte sie nicht anders als engagiert bei der Sache sein. Sie warf Marlene, die misstrauisch aufsah, eine Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug zu. Achselzuckend zündete sie sich eine an. »Was soll ich hier?«, fragte sie. »Ich bin nicht krank.«
    »Du hast akute Blinddarmentzündung«, sagte Petra. »Jedenfalls meinen wir das. Wenn wir Recht haben, wirst du zur Behandlung in ein normales Krankenhaus verlegt.«
    Marlene nahm einen langen Zug von der Zigarette und genoss selig, wie das Nikotin seine Wirkung tat. »Was habt

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