Ein kalter Strom
Männern die Hand und ging zügig über den Parkplatz. Krasic hatte bereits die Scheinwerfer an und den Wagen gestartet, bevor er ihn erreichte. Petra ließ ihren Motor an, als der Mercedes seinen Platz verließ und auf den Ausgang zufuhr. Sie folgte in diskretem Abstand und holte ihn ein, als die Schranke hochging. Der Mercedes bog links ab, und sie fuhr wie verabredet nach rechts und gab den anderen mit der Lichthupe Bescheid. Sie fuhren als versetzter Konvoi los, während Petra eine enge Wendung auf der Straßenmitte vollzog und dann dem Geländewagen folgte.
Keiner bemerkte den schwarzen BMW Z8, der sich Petras Wagen anschloss.
»Das sind sie«, sagte Carol aufgeregt, als der Mercedes aus dem Parkplatz herauskam. »Fahren Sie los, Marijke, fahren Sie los!«
»Moment mal. Wir wissen, dass Petra und ihre Leute folgen werden. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht im Weg sind. Wenn sie Sie sieht, wird sie Sie nach Hause schicken.« Marijke beobachtete gespannt, wie das Auto, das dem Mercedes gefolgt war, drehte und sich den anderen drei Fahrzeugen anschloss, die ihm schon nachfuhren.
»Jetzt?«, fragte Carol.
Marijke nickte und fuhr los. »Jetzt geht es.«
»Danke«, sagte Carol wieder, lehnte sich auf dem Sitz zurück und wünschte, ihr Kopfweh würde weggehen. Sie hatte vier Paracetamol geschluckt, bevor sie das Haus verließen, aber das hatte ihre Schmerzen kein bisschen gelindert.
Mit Marijke zu streiten hatte nicht gerade geholfen. Die holländische Kripobeamtin hatte hartnäckig darauf bestanden, dass sie in der Wohnung bleiben sollten, und Carol beharrte genauso hartnäckig darauf, dass sie keine Zeit zu verlieren hätten. Nach ein paar Minuten, in denen sie nicht weiterkamen, war Carol auf die Tür zugestolpert. »Sie können mich hier nicht gegen meinen Willen festhalten«, sagte sie. »Sie sind nicht zuständig«, fügte sie bitter hinzu.
»Was wollen Sie machen? Die Verfolgung in einem Taxi aufnehmen?«, hatte Marijke ihr vorgehalten, sich ihren Rucksack geschnappt und war Carol aus der Wohnung gefolgt.
»Ich weiß, woher ich einen Wagen bekommen kann.« Sie sah auf ihre Uhr. »Sie sind noch fünfzehn Minuten auf Sendung. Ein Taxi zum Auto, dann zum Studio fahren, und es könnte gerade reichen.«
»Sie haben doch nicht etwa vor, sich ans Steuer zu setzen?«, widersprach Marijke.
»Wie komme ich denn sonst hin?«
»Sie haben eine Kopfverletzung. Sie waren bewusstlos. Sie könnten ohnmächtig werden und umkommen.«
Carol hob die Schultern, zuckte dabei aber sofort zusammen. »Na ja, es gibt nur eine Möglichkeit, das zu vermeiden. Sie müssen fahren.«
Marijke hatte noch nie eine so sture Person erlebt. Sie hob resignierend die Hände. »Okay. Sie gewinnen. Wo ist der Wagen?«
»Bei Radeckis Wohnung. Er hat die Schlüssel dagelassen, für den Fall, dass ich ihn fahren wollte.«
Sie hatten Glück. Nachdem sie auf der Straße waren, kam nach einer Minute ein Taxi vorbei, und bald darauf standen sie vor Radeckis Wohnung auf dem Gehweg. »Es ist besser, wenn Sie das Auto holen«, sagte Carol. »Ich sehe aus, als hätte ich schon einen Verkehrsunfall gehabt. Geben Sie sich bei dem Wächter einfach für mich aus und sagen Sie, dass Herr Radecki die Wagenschlüssel für mich hinterlegt hat.«
Marijke rannte los und ließ Carol zurück, die sich an die Wand lehnte. Da sie jetzt allein war und nichts zu tun hatte, was sie zerstreut hätte, gab es nichts mehr, was den Albtraum von ihr fernhielt. Ihr inneres Auge gehorchte ihr nicht mehr und ließ die erniedrigenden Bilder vor ihr vorbeiziehen, die sie gern für alle Zeit aus ihrem Gedächtnis gelöscht hätte. Radeckis Gesicht über ihrem, sein wütendes Eindringen in ihren Körper, die Verwandlung eines vorher schönen Erlebnisses in die Erfahrung furchtbarer Brutalität. Das schreckliche Gefühl von Verlust, das sie leer und verletzt zurückließ. Und die Tränen, die ihr trotz bester Vorsätze aus den Augen rannen.
Ihre Gedanken davon zu befreien war unmöglich. Es war, als wäre ihre Vergangenheit mit einem Entlaubungsmittel gesprayt worden und welke jetzt vor ihren Augen als dürre, nichtssagende Hülle dahin. Und an die Zukunft wagte sie nicht zu denken, denn wenn es in dieser keinen Tony mehr gäbe, versprach sie nichts als immerwährende Schuldgefühle.
Die Rettung kam, so unwahrscheinlich das sein mochte, in Form eines BMW -Sportwagens, der die Auffahrt der Tiefgarage heraufdonnerte. Carol humpelte über den Gehweg und ließ sich
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