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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Strafanstalten gesteckt. Dann füllte er sie mit Radeckis nächster Ladung wieder auf. Er konnte sich selbst raushalten, weil er bei der Anmeldung der Betriebe immer falsche Namen und gefälschte Angaben zu finanziellen Details machte.«
    »Guter Trick«, sagte Tony.
    »Sehr guter Trick. Jedenfalls kam Osborne vor ungefähr sechs Wochen bei einer Schießerei unter den Gangstern um. Und alle streiten sich immer noch darum, wer welches Stück von seinem dreckigen kleinen Imperium bekommt. In der Zwischenzeit gibt es niemanden, der Radeckis Illegalen eine Zuflucht bietet.«
    »Und hier trittst du in Aktion?«
    »Genau.« Sie grinste. »Ich tauche in Berlin auf und mache Radecki einen Vorschlag. Ich bin Caroline Jackson.« Sie zeigte mit dem Daumen auf das kleine Büro, das sich an das Wohnzimmer anschloss. »Ich habe eine dicke Akte mit Carolines Vorgeschichte. Wo sie zur Schule ging, wann sie ihre Jungfräulichkeit verlor, wann und wie ihre Eltern starben, wo sie die ganzen Jahre lebte, wie sie ihren Unterhalt verdiente. Jetzt ist sie eine wohlhabende Geschäftsfrau mit sehr zweifelhaften Kontakten.«
    Tony hob mahnend einen Finger. »Nicht ›sie‹, Carol. Von jetzt ab heißt es ›ich‹.«
    Carol verzog entschuldigend die Lippen. »Ich habe eine ehemalige US -Airbase in East Anglia gepachtet und habe dort eine Fabrik für Holzspielzeug, das in Handarbeit hergestellt wird, dazu die ehemalige Kaserne. Auch eine Quelle für gefälschte italienische Pässe steht mir zur Verfügung. Ich kannte Colin Osborne und wusste, dass er Arbeiter von Radecki bekam. Und jetzt, wo Colin tot ist, kann ich die Leute übernehmen. Ich brauche Arbeiter und kann ihnen ein besseres Angebot machen als Colin. Sie arbeiten bei mir ein Jahr umsonst und erhalten ordnungsgemäße, in der EU gültige Papiere. Und Radecki bekommt einen Markt für seine illegalen Einwanderer.«
    Tony nickte. »Ich sehe ein, dass das attraktiv für ihn wäre. Warum brauchen sie als zusätzlichen Anreiz eine Person, die wie seine verstorbene Freundin aussieht?«
    »Na ja, Morgan sagte, dass sie nicht zum ersten Mal daran gedacht hätten, jemanden für die Masche einzusetzen, die ich jetzt übernehmen soll. Aber es gab Bedenken, weil sie eventuell nur Beweise zu dem letzten Abschnitt des Geschäfts würden erbringen können. Wenn sie also vielleicht Radecki zu fassen bekämen, würden sie wahrscheinlich doch nicht das ganze Netzwerk zerschlagen können. Dann kam ich. Der Grundgedanke ist, dass er mir gegenüber offener sein und sich mir schneller anvertrauen wird als jemand anderem. Wenn wir annehmen, dass ich sein Vertrauen gewinnen kann, sollte ich genau herausfinden können, wie seine Unternehmungen laufen. Wenn ich meine Sache gut mache, könnten wir seine Drogendeals, seinen Waffenschmuggel und seine Schleusergeschäfte platzen lassen. Und das wäre ein Ergebnis, für das es sich lohnen würde.«
    Ihr Eifer machte Tony Sorgen. Er wusste, dass Carol, um bei einem so schwierigen Auftrag Erfolg zu haben, die ganze Zeit ein sehr starkes Selbstbewusstsein haben müsste. Sie würde die meiste Zeit auf sich selbst gestellt sein und ohne den festen Glauben an sich selbst gnadenlos untergehen. Aber es passte nicht zu ihr, vor den Gefahren einer Aufgabe mit einem so hohen Risiko die Augen zu verschließen. »Sicher haben sie psychologisch gesehen Recht«, sagte er. »Radecki wird sich bestimmt zu dir hingezogen fühlen. Und dieser emotionale Aspekt wird es dir leichter machen, deine Agentenidentität zu wahren. Es wird schwerer für ihn sein, dir gegenüber so misstrauisch zu sein, wie er es bei einem anderen fremden Menschen wäre. Aber trotzdem begibst du dich wirklich in eine riskante Situation. Wenn deine Geschichte platzt, wird er für dich viel gefährlicher sein, als wenn du nur irgendeine x-beliebige Agentin wärst. Es würde nicht ausreichen, dich zu eliminieren, er würde dich leiden lassen. Das weißt du?«
    »Ja, ich habe schon mal daran gedacht. Aber du weißt ja, dass ich nicht zum Grübeln neige.«
    »Du musst dir der möglichen Fallstricke bewusst sein. Es würde nichts bringen, wenn du nur hier sitzt und mich beruhigst und mir versicherst, wie toll du deine Sache machen wirst. Agentenarbeit ist die schwerste Aufgabe bei der Polizei.« Er beugte sich mit ernstem Gesicht vor. »Du hast nie dienstfrei. Du kannst dir nicht erlauben, dich nach dem Menschen zu sehnen, der du wirklich bist. Du musst diese andere Person leben, und dabei ist man einsamer als bei

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