Ein kalter Strom
Schusswaffen, was gibt es Neues von Marlene?«
»Irgend’ne Tussi von der Kripo hat herumgeschnüffelt. Sie hat in der Untersuchungshaft mit ihr geredet und sie auch im Knast besucht. Marlene hat sich dumm gestellt und den Mund gehalten, aber es regt sie auf.«
»Du bist sicher, dass wir ihr vertrauen können?«
Krasic setzte ein phlegmatisches Lächeln auf. »Solange wir ihr Kind haben, macht Marlene alles richtig. Komisch, wie Frauen sich benehmen, wenn’s um ihre Kinder geht. Man könnte denken, sie kriegten nur eins, so wie sie sich damit anstellen. Sie scheinen zu vergessen, dass sie ihnen doch nichts als Kummer bringen. Besonders so jemand wie Marlene. Sie sollte doch vernünftig genug sein, einzusehen, dass jede Tochter, die sie zur Mutter hat, später entweder Drogen nehmen oder auf den Strich gehen wird. Aber das scheint für sie keine Rolle zu spielen. Sie meint trotzdem, dass es ein Goldkind ist.«
»Ist ja gut für uns«, sagte Tadeusz. »Wo haben wir sie untergebracht?«
»Ich habe einen Cousin mit einem kleinen Bauernhof außerhalb von Oranienburg. Der nächste Nachbar ist einen Kilometer weg. Er hat selbst zwei Kinder, er weiß also, wie man mit den Bälgern umgeht.«
»Und Marlene glaubt, dass wir nicht nur bluffen?«
Krasic grinste höhnisch. »Marlene glaubt, dass ich zu allem fähig bin. Sie wird das Leben ihres Kindes nicht aufs Spiel setzen. Mach dir keine Sorgen, Tadzio, alles ist unter Kontrolle.«
»Ich wollte, ich könnte das auch von der Sache in England sagen. Die Leute, die an Colins Stelle treten wollen, sind lauter Einfaltspinsel. Sie haben nicht das Format für die reibungslose Durchführung eines Projekts. Ich traue ihnen nicht zu, dass sie die Sache schaukeln, und inzwischen staut sich alles in Rotterdam. Wir können die Illegalen nicht endlos immer nur aufbewahren.«
»Können wir sie nicht einfach nach England bringen und dort irgendwo abladen?«, sagte Krasic wie ein quengelndes Kind, das nicht begreift, warum die Welt sich nicht nach seinen Wünschen richtet.
»Nicht bei den Mengen, die wir angesammelt haben. Es würde auffallen, dass wir etwas im großen Stil laufen haben. Wir dürfen auf keinen Fall die Einwanderungsbehörde auf uns aufmerksam machen. Nur weil ich gerade das immer vermieden habe, bin ich schon so lange erfolgreich«, betonte Tadeusz. »Wir hatten uns so angenehm mit Colin arrangiert. Ich kann es kaum fassen, dass er sich in eine Schießerei mit irgendwelchen zweitrangigen Gangstern hat verwickeln lassen.«
»Das sollte dir eine Warnung sein«, sagte Krasic. »So etwas kann passieren, wenn du zu nah an die Action rankommst. Du hättest letzte Woche nicht diese Reise machen sollen. Es gefällt mir gar nicht, wenn du dich so frei und ungeschützt bewegst.«
Tadeusz sah finster aus dem Fenster. Er wusste, dass Krasic Recht hatte, aber er wollte nicht, dass ihm jemand sagte, was er tun sollte, nicht einmal, wenn es sein vertrauter Gehilfe war. Jetzt wurde er böse. »Manchmal ist es ganz gut, die Leute daran zu erinnern, wer der Chef ist.«
»Tadzio, die Sache hätte wirklich schief laufen können. Wenn sie Kamal dazu gekriegt hätten, auszusagen … Na ja, nächstes Mal haben wir vielleicht nicht so viel Glück.«
»Es hatte nichts mit Glück zu tun. Wir haben alles abgesichert.« Er wandte sich um und sah Krasic scharf an. »Stimmt doch, oder, dass wir alles abgesichert haben?«
»Natürlich. Dazu haben wir ja Bullen auf unserer Lohnliste.«
»Und wenn wir schon von denen reden, wieso haben wir nichts mehr über die Untersuchung von Katerinas Unfall gehört? Es läuft schon viel zu lange. Ich will über dieses verdammte Motorrad Bescheid wissen. Mach ihnen Druck, Darko. Lass sie nicht denken, dass sie mich in der Sache einfach links liegen lassen können.«
Krasic nickte. »Ich werd mich dahinter klemmen, Boss.«
»Also, dann tu’s auch, und erinnere sie daran, dass wer bezahlt auch den Ton angeben kann. Sie sollen den Mann finden, der Katerina umgebracht hat. Es ist mir scheißegal, wie das normalerweise rechtlich laufen muss. Ich will ihn so dafür büßen lassen, dass er den Rest seines Lebens daran denkt. Sag den Kerlen, sie sollen aufhören herumzutüfteln und endlich Resultate bringen.«
Krasic seufzte verstohlen. Er hatte das Gefühl, dass diese spezielle Ermittlung früher oder später sowieso eingestellt werden würde. Und er sah dem Augenblick nicht gerade freudig entgegen, wenn er Tadzio dies mitteilen müsste. Aber fürs Erste
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