Ein kalter Strom
aller anderen Mitglieder weiterleiten, und ich kann dann ganz offiziell die Fälle von Heidelberg und Bremen melden. Was sagst du dazu?
Marijke:
Meinst du, das wird funktionieren?
Petra:
Ich glaube, es ist die einzige Möglichkeit, uns abzusichern. Wenn es erst mal bekannt ist, wird es Wochen dauern, bis sie eine richtige Task Force zusammenhaben, weil niemand seine Zuständigkeit aufgeben und alle sich darüber streiten werden, welches Land die Führung bei den Ermittlungen übernimmt. Inzwischen können wir mit unserer eigenen Ermittlung vorankommen. Jordan wird ihren Dr. Hill bitten, für uns ein Profil zu erstellen, da haben wir schon mal einen Vorsprung. Dann haben wir immer noch die Möglichkeit, uns einen Vorteil zu sichern, aber niemand kann uns Vorwürfe machen, etwas getan zu haben, was wir nicht hätten tun sollen.
Marijke:
Ich glaube, du hast Recht. Aber es wird nicht leicht sein, Maartens zu überreden, sich bei Europol Hilfe zu holen. In puncto Organisation hat er sehr altmodische Ansichten. Er ist gegen alles, was die Arbeit der Polizei von der Straße ins Büro verlegt.
Petra:
Dann musst du es so darstellen, dass es ihm etwas zu bringen scheint. Vielleicht würde es ihm gefallen, der Erste zu sein, der da draußen einen Serienkiller vermutet? Es wird doch sein Name auf dem Bericht stehen, nicht deiner, oder?
Marijke:
Gute Idee. Er könnte es wie einen Triumph traditioneller Polizeiarbeit hinstellen, wenn ich es ihm richtig überzeugend einimpfe. Ich werd’s morgen früh versuchen.
Petra:
Lass mich dann wissen, wie es läuft.
Marijke:
Morgen Abend?
Petra:
Ich werd’s versuchen. Aber ziemlich spät. Gegen Mitternacht. Wenn alles gut geht, wird Jordan Überstunden machen, und das kann bedeuten, dass ich das auch tun muss. Schlaf gut, Schatz.
Marijke:
Slaap ze, liefje. Tot ziens.
Tadeusz Radecki entschuldigte sich bei der Runde am Restauranttisch, als er Darko Krasics Nummer auf seinem Mobiltelefon aufleuchten sah. Im Flur zu den Toiletten, wo er von seinen ehrenwerten Tischgenossen nicht gehört werden konnte, antwortete er auf das beharrliche Klingeln. »Ja?«
»Wann bist du zu Hause, Boss?«, fragte Krasic. »Ich habe Neuigkeiten für dich.«
»Gute oder schlechte?«
»Nichts, worauf man sofort reagieren muss.«
»Kann es nicht bis morgen warten?«
»Ich glaube, du wirst es erfahren wollen.«
Tadeusz sah auf seine Uhr. »Triff mich dort in einer Stunde.«
»Okay. Bis dann.« Krasic legte auf, und Tadeusz ging in das laute Restaurant zurück. Sie waren schon beim Kaffee angelangt, so dass die Gesellschaft sowieso in einer halben Stunde aufbrechen würde. Und da er ohnehin nicht die Absicht hatte, die Frau nach Hause zu bringen, die seine Freunde, alle in angenehmer weiblicher Begleitung, für ihn eingeladen hatten, würde es kein Problem sein, in einer Stunde in seiner Wohnung zu sein. Darko hatte ziemlich rätselhaft geklungen. Aber sich Gedanken über etwas zu machen, was er nicht erraten konnte, war verschwendete Energie, und Tadeusz hatte nie dazu geneigt, sich früher als nötig Sorgen zu machen. Er beteiligte sich an der Unterhaltung am Tisch, als habe der Anruf keinerlei Bedeutung gehabt, aber genau dreißig Minuten später schob er seinen Stuhl zurück und verkündete, er müsse morgens früh raus. Er legte für seinen Teil der Rechnung ein Bündel Banknoten auf den Tisch, küsste alle drei Frauen auf beide Wangen, umarmte seine Freunde und ging.
Der vertraute schwarze Mercedes stand vor seinem Haus, als er um die Ecke kam. Als Tadeusz auf die Haustür zusteuerte, stieg Krasic aus dem Auto und ging neben ihm her. »Was gibt es denn für mysteriöse Neuigkeiten?«, fragte Tadeusz, während sie in den Aufzug stiegen.
»Es kann noch ein paar Minuten warten«, antwortete Krasic.
Tadeusz lachte. »Du bist so vorsichtig, Darko. Ich kann dir versichern, in diesem Aufzug gibt’s keine Wanzen.«
»Es ist nicht deswegen. Vielleicht willst du etwas trinken, wenn du hörst, was ich dir zu sagen habe.«
Tadeusz hob die Augenbrauen, sagte aber nichts mehr, bis sie in seiner Wohnung waren. Er goss zwei Gläser Armagnac ein und gab Krasic eins. »Jetzt sag mir, was es so Schreckliches gibt, dass ich einen Cognac brauche, bevor ich es hören kann.«
Krasic sah seinem sonst so unerschütterlichen Selbst gar nicht ähnlich. »Es ist verdammt komisch.« Er ging zu einem Regal hinüber, wo drei Fotos von Katerina in Silberrahmen standen. »Ich habe endlich etwas über das Motorrad in
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