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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Erfahrung bringen können.«
    Tadeusz drehte sich der Magen um, er spürte ein merkwürdiges Rumoren, das seine inneren Organe durcheinander zu bringen schien. Er hatte alles andere als so etwas erwartet. »Hast du einen Namen?«
    »Nein, so einfach ist es nicht. Unser Mann hat mit dem Jungen gesprochen, der das Motorrad als BMW erkannte. Der Bursche war ganz begeistert. Er bot immer wieder an, unter Hypnose auszusagen, um zu sehen, ob er noch weitere Einzelheiten liefern könnte.«
    »Und?«
    »Es dauerte eine Weile, die Sitzung zu organisieren, aber schließlich ließ unser Beamter eine Frau kommen und den Jungen in Trance versetzen. Und der nannte tatsächlich noch mehr Details.«
    »Was zum Beispiel?« Tadeusz saß jetzt vornübergebeugt, begierig wie ein Jagdhund, der Witterung aufgenommen hat.
    »Zum Beispiel, dass man das Nummernschild nicht lesen konnte, weil es ganz schlammverschmiert war. Er sagte, irgendetwas an dem Nummernschild sei komisch gewesen. Klarer konnte er es nicht ausdrücken, aber er war ganz sicher, dass etwas damit nicht stimmte.« Krasic wandte sich von Katerinas Fotos ab und setzte sich auf die Couch. »Und er konnte das Motorrad viel besser beschreiben als vorher. Sachen wie die Form des Auspuffs, all so ’n Zeug. Jedenfalls, unser Mann hat alles aufgeschrieben. Dann hat er sich mit BMW in Verbindung gesetzt und gefragt, welches Modell zu der Beschreibung passt. Und hier wird es verdammt merkwürdig.«
    Tadeusz trommelte mit den Fingern an die Wand. »Wie merkwürdig?«
    »Laut BMW passt die Beschreibung, die unser Mann ihnen gab, auf kein Motorrad, das je für den deutschen Markt hergestellt wurde. Unser Mann meinte also, es sei alles eine verdammte Zeitverschwendung gewesen, den Jungen zu hypnotisieren und auszufragen. Dann rief ihn der Typ von BMW zurück.«
    »Herrgott, Darko, jetzt mach mal voran«, knurrte Tadeusz.
    »Schon gut, schon gut, ich hab’s gleich. Der BMW -Typ hatte seine Spezialisten gefragt, und es ergab sich, dass sie einmal ein Motorrad produziert haben, auf das die Beschreibung passt. Es war nur eine begrenzte Anzahl, dreihundertfünfzig Stück, Hochleistungsräder. Nur für den Export. Sie verkauften sie in Großbritannien und Skandinavien. Und – jetzt pass auf. Fast alle wurden an die Polizei verkauft. Für die Verkehrspolizei und für Sondereinsätze.«
    Tadeusz sah verwirrt aus. »Was? Das ist doch Unsinn.«
    »Das hat unser Mann auch gesagt. Er fragte, wieso ein Motorrad, das nur für den Export bestimmt war, in einem Unfall in Berlin auftauchte. Sie hatten keine Ahnung, aber sie gaben ihm alle technischen Daten des Motorrads. Und als er sie mit der Liste der Zulassungen abgleichen ließ, ergab sich, dass es tatsächlich kein einziges verdammtes Motorrad mit diesen Daten gibt, das in Deutschland zugelassen ist.«
    »Du meinst also, dass wer immer Katerina umgebracht hat dabei wahrscheinlich ein ausländisches Polizeimotorrad fuhr?« Tadeusz nahm einen großen Schluck Cognac und ging auf und ab. »Das ist doch verrückt. Es ist total unlogisch.«
    Darko zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Ich habe länger darüber nachgegrübelt als du, und es gibt eine Erklärung, die einigermaßen zu den Tatsachen passt. Du weißt ja, wie diese Motorradfreaks sich mit ihren Maschinen aufführen. Es ist, als wären sie drangeschweißt. Man kann sich vorstellen, dass einer von ihnen einen kleinen Urlaub machen wollte – mit seinem Dienst-Motorrad. Also nehmen wir an, nur um es durchzuspielen, er sei Engländer. Für den Bruchteil einer Sekunde vergisst er, dass er auf der falschen Straßenseite fährt, verursacht einen schweren Unfall, gerät total in Panik und tritt einfach aufs Gas. Ich meine, er hätte das Motorrad ja nicht einmal hier rüberbringen dürfen, und jetzt hat er noch jemanden total zusammengefahren. Natürlich macht er sich davon, so schnell es geht.«
    »Und du meinst, das macht
Sinn
?«, fragte Tadeusz unmutig.
    Krasic rutschte auf seinem Stuhl herum und spreizte die kräftigen Schenkel, um mit dem Eindruck körperlicher Stärke seine Unsicherheit zu überspielen. »Ich kann mir keine andere Erklärung vorstellen.«
    »Ich auch nicht. Und genau das gefällt mir nicht.« Er schlug mit der flachen Hand gegen die Wand. »Es ist Quatsch, egal wie man es betrachtet.«
    »Tadzio, es war ein Unfall. Das passiert andauernd. Du musst es einfach aufgeben.«
    Tadeusz fuhr herum, sein Gesicht war eine starre Maske der Wut. »Scheiß drauf. Ob es ein Unfall war

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