Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
sich vielleicht die Zeit nehmen könnten, um nach Rose zu sehen.
Ja, darum bitten wir Sie. Ja, Sie haben richtig gehört. Doch, Ihre Ohren funktionieren hervorragend. Ja. Ja. Ja. Nun hören Sie mal genau zu, was Sie jetzt machen. Ich gehe es Punkt für Punkt mit Ihnen durch. Als erstes legen Sie mal Ihr Teilchen hin. Es ist unhöflich, am Telefon mit vollem Mund zu sprechen. Als nächstes gucken Sie Maximilian Rose in Ihrem kleinen schlauen Buch nach und stellen seine Zellennummer fest. Dann rufen Sie einen der Wärter an und bitten ihn, in der Zelle nachzusehen. Oder Sie sehen selbst nach. Das überlasse ich Ihrer Entscheidung. Dann gehen Sie zum Telefon zurück und sagen mir, ob er da ist. Und dann sage ich danke schön für Ihre Hilfe, und Sie sagen, das ist doch kein Problem, dafür sitze ich doch hier. Und dann können Sie Ihr Teilchen weiteressen. Alles klar? Meinen Sie, Sie schaffen das? Ach, übrigens, kleiner Tip für Sie: Wenn Sie bei Rose nachschauen, stellen Sie sicher, daß Sie auch wirklich sein Gesicht sehen. Manchmal stopft ein Gefangener nämlich seine Kleider so unter die Decke, daß es aussieht, als läge er im Bett. Tatsächlich könnte dieser Rose ja schon vor Monaten entkommen sein und ihr habt es nur noch nicht gemerkt … Ja, Sie mich auch, Kollege. Ich kann doch nichts dafür, daß Sie um sechs Uhr an einem beschissenen Morgen in einem kleinen Zimmer hocken und auf ein Gefängnis aufpassen müssen. Offensichtlich haben Sie irgendwann in Ihrem Leben einen miesen Berufsweg eingeschlagen. Jetzt gehen Sie mal los und leuchten mit Ihrer beschissenen Taschenlampe in Roses Fresse, bevor ich mich mit Ihrem Vorgesetzten unterhalten muß.«
Maven hielt den Hörer in seinen Schoß und schüttelte den Kopf. »Deshalb liebe ich meinen Job«, sagte er. »Man hat mit so vielen wunderbaren Leuten zu tun.« Er sah mich an, als sei das alles meine Schuld, und klopfte dann weiter mit dem Stift auf den Tisch, während er wartete.
»Ja, auch hallo«, sagte er schließlich. »Ich fing gerade an, mir Sorgen um Sie zu machen … Sie haben. Er war. Und da sind Sie sich sicher? Absolut sicher. Okay. Schön. Ja, schön. Sie haben mir sehr geholfen. Meinen allerherzlichsten Dank. Und einen schönen Tag noch im Gefängnis. Lassen Sie sich von niemandem mit dem Messer in den Rücken stechen.« Er ließ den Hörer auf die Gabel fallen.
»Er war also da«, sagte er.
»Klang so.«
»Von wem war dann der Brief? Können Sie mir das mal erzählen?«
Ich hob die Hände. »Ich habe nicht die geringste Idee.«
Er blickte auf einen weiteren Zettel auf seinem Tisch. »Sie sind sicher, bestimmt noch nie etwas von Vince Dorney gehört zu haben?« sagte er. »Big Vince haben sie ihn genannt. Big Vince hatte noch andere Eisen im Feuer als dann und wann eine kleine Wette. Hat ’ne Zeitlang wegen eines Drogendelikts im Kreisgefängnis gesessen.«
»Ich habe noch nie von ihm gehört«, sagte ich.
»Man hat ihn verdammt gründlich erschossen. Lag da hinter dem Restaurant im Müll. Muß ein schöner Anblick gewesen sein, als der Koch ihn gefunden hat.«
Maven sah mich sehr lange an. Ich sah ihm in die Augen und wandte den Blick nicht ab.
»Was haben wir denn nun hier, McKnight?«
»Sieht so aus, als hätten wir zwei Morde.«
»Es geht doch nichts über eine solide Ausbildung unten in Detroit, wie?«
»Was soll ich Ihrer Meinung nach denn sonst sagen?«
»Sie sollen mir sagen, wer Ihnen Ihrer Meinung nach Liebesbriefe schickt. Außer einem Mann, der seit vierzehn Jahren im Gefängnis sitzt.«
»Ich weiß es nicht«, antwortete ich.
»Das macht sich doch richtig schön in der Zeitung«, bemerkte er. »Zwei Morde in drei Tagen. Da wird sich mein guter Freund, der Bürgermeister, aber freuen.«
»Sie wirken nicht sehr erschüttert wegen der beiden Toten«, meinte ich.
Maven dachte einen Moment über meine Bemerkung nach und zog dann seine Brieftasche hervor. »Hier«, sagte er, »sehen Sie die beiden Bilder?« Er hielt die Brieftasche offen, so daß ich die Fotografien von zwei kleinen Mädchen sehen konnte.
»Ihre Töchter?«
»Die hier ist meine Tochter«, sagte er und zeigte auf das linke Foto. »Das Bild ist ziemlich alt. Sie war sieben, als es aufgenommen wurde. Die andere war ihre beste Freundin, Emily. Sie war auch sieben Jahre alt. Sie wurde ermordet. Ich mußte es der Familie selbst sagen.« Er faltete die Brieftasche und steckte sie wieder ein. »Ich habe ihr Bild noch immer. Ich kenne viele, die sagen, ich
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