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Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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starren.
    Die Angst sollte jetzt verschwunden sein. Rose ist für immer im Gefängnis. Und dieser andere Mann, der mich an meinem Verstand zweifeln ließ, ist jetzt tot. Viermal habe ich ihn getroffen, Brust, Brust, Kopf, Brust. Die Angst sollte für immer verschwunden sein.
    Ich sah, daß im Glasgow die Lichter noch an waren, überlegte, kurz hineinzugehen, fuhr aber weiter. Am Holzweg zu meiner Hütte fuhr ich langsamer, überlegte, nach Hause zu gehen, etwas Schlaf zu finden.
    Ich fuhr weiter.
    Sie sollte nicht alleine sein. Sie klang so verzweifelt am Telefon. Nach all dem, was passiert ist, sollte sie nicht allein in diesem Hause sein.
    Zumindest redete ich mir das ein.
    Ich fuhr zum Point und bog nach Westen in ihre Zufahrtsstraße ein. Ich mußte an Mrs.   Fultons Traum denken. Der Wagen mit den ausgeschalteten Scheinwerfern, der durch diese Bäume glitt. Der Fahrer, der das Haus in der Nacht beobachtet. Sie hat das im Traum gesehen. Und auch das Blut. Jetzt erschien das gar nicht mehr so phantastisch. Nach allem, was passiert war, glaubte ich jetzt alles.
    Noch vor der letzten Kurve sah ich den Lichterschein. Im Haus brannte jede Lampe. Der Platz vorm Haus war hell genug, um darauf Baseball zu spielen. Als ich den Wagen abstellte, konnte ich den ganzen Weg bis hinunter zum Strand und bis ins Wasser sehen. Vielleicht stand ein Seemann zwei Kilometer seeeinwärts auf einem Frachter, betrachtete das Haus durch seinen Feldstecher und fragte sich, wo der neue Leuchtturm wohl herkäme.
    Sobald ich den Motor abgestellt hatte, hörte ich auch die Musik. Als ich die Tür öffnete, attackierte sie meine Ohren. Es war irgendwas aus einer Oper; ein Sopran erkletterte die Tonleiter auf italienisch.
    Sylvia sah ich nirgends.
    Im Arbeitszimmer fand ich die Stereoanlage. Die Boxen waren so groß wie Kühlschränke. Es tat weh, sich ihnen zu nähern, aber ich wollte die Musik abstellen. Es war eine von diesen Zehntausend-Dollar-Geschichten mit mehr Knöpfen als ein Düsenflugzeug, aber schließlich fand ich den Ein/Aus-Knopf und stellte dem Ding einfach den Strom ab. Ich schüttelte den Kopf in der plötzlichen Stille und fragte mich, wo Sylvia wohl sein mochte. Es dauerte nicht lange, und ich stellte mir das Schlimmste vor. Sie hing an der Vorhangkordel im Bad oder lag auf ihrem Bett und hielt ein Glas Pillen mit der Hand umkrampft. Endlich hörte ich sie die Treppe herunterkommen. »Wer hat die Scheißmusik abgestellt?«
    »Ich wußte gar nicht, daß du Opern magst«, sagte ich.
    Sie stand im Türrahmen, eine Flasche in der Hand. Ihr Haar war ein wirres Durcheinander, und ihre Augen waren rot und angeschwollen vom Weinen oder vom Trinken oder von Gott weiß was. Sie sah phantastisch aus.
    »Was willst du hier?« fragte sie.
    »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«
    »Ich hab dir doch gesagt, du sollst verschwinden.«
    »Ich bin trotzdem gekommen.«
    »Das hättest du nicht tun sollen.«
    »Wieviel hast du getrunken?«
    »Das geht dich nichts an.«
    Ich trat zu ihr. Ich nahm ihr die Flasche aus der Hand. Es war Champagner. »Feierst du was?« fragte ich.
    »Das werde ich, wenn du weg bist.«
    »Warum bist du in meine Hütte gekommen?«
    Sie sagte nichts.
    »Hattest du Angst? Warst du einsam? Was war es?«
    Sie sah mir in die Augen. »Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, wie sehr ich dich hasse?«
    »Nein, habe ich nicht«, antwortete ich. »Zeig’s mir doch.«
    Sie schlug mir ins Gesicht. Genauso, wie Mrs.   Fulton das getan hatte, nur fester. Als sie zum zweiten Mal ausholte, packte ich ihren Arm.
    »Laß mich los«, sagte sie.
    Ich sah zu ihr herunter. Sie stand dicht genug vor mir, um ihr Parfüm riechen, die Wärme ihres Körpers spüren zu können.
    »Ich sagte, laß mich los«, sagte sie.
    Ich ließ nicht los.

Kapitel 20
    Ich schlug die Augen auf. Durch das Oberlicht konnte ich düstere Wolken sehen, eine einzelne Schneeflocke, dann noch eine. Links von mir Sylvias Kopf auf dem Kissen, von mir abgewandt. Ich wußte nicht, ob sie wach war.
    Ich stieg aus dem Bett. Ich stand da und sah sie an. Sie bewegte sich nicht. Als ich anfing, mir die Hose anzuziehen, sagte sie: »Du gehst.« Nicht als Frage.
    »Ich komme wieder«, sagte ich.
    Sie drehte sich um und sah mich an. Die Decke hatte sie eng an ihren Hals gezogen.
    »Das ist mir ernst«, sagte ich. »Ich komme zurück.«
    Sie sagte nichts.
    »Ich glaube, draußen schneit’s«, sagte ich.
    Sie sah zum Oberlicht.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?« fragte ich.

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