Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
müssen. Nicht weil ich ihn hätte verletzen wollen. Nur weil er ein Recht hatte, es zu wissen.«
»Vielleicht will man manches gar nicht wissen.«
»Ich glaube da nicht dran. Ich mag es nicht, wenn mir etwas passiert, und ich weiß nicht wieso.«
»Ich glaube, mir geht es genauso«, sagte ich. »Deshalb muß ich jetzt auch gehen. Eine Sache hab ich noch, die ich unbedingt wissen muß.«
Sie sah mir zu, wie ich mein Jackett anzog.
»Sag mir die Wahrheit«, sagte ich. »Willst du, daß ich zurückkomme oder lieber nicht?«
»Nein«, erwiderte sie. »Zumindest nicht jetzt.«
»Das ist fair.«
»Ich glaube nicht, daß wir jetzt einfach gemeinsam anfangen können«, sagte sie. »Wir können nicht so tun, als sei nichts von alledem passiert.«
»Nein.«
Wieder sah sie zum Oberlicht. An den Ecken begann sich der Schnee zu sammeln. Ich saß da und betrachtete sie.
»Vielen Dank dafür, daß du Edwins Freund gewesen bist.«
»Ich fürchte, in dem Job war ich nicht besonders gut.«
Sie lächelte. Eigentlich konnte man es kaum ein Lächeln nennen, aber es war das erste, das ich seit Monaten bei ihr gesehen hatte. »Er hätte dir alles vergeben. Das auch.«
Ich ging. Ich gab ihr keinen Kuß. Ich berührte sie nicht. Als ich wegfuhr, fragte ich mich, ob ich sie wohl jemals wieder berühren würde.
Ich fuhr bei meiner Hütte vorbei, duschte, zog mir frische Klamotten an und trank einen Kaffee. Dann kletterte ich auf der Stelle in den Wagen zurück und bretterte zum Soo. Der Schnee flog in kleinen Wölkchen über den Boden, aber noch blieb er nirgendwo liegen. Einige Flocken wehten durch das offene Fenster in den Wagen.
Als ich Uttleys Büro betrat, packte er gerade einen großen Karton. Er sah wieder ganz wie früher aus, glatt rasiert, das Haar zurückgekämmt, ein hübsches Hemd, ein schicker Schlips.
»Alex, da sind Sie ja«, sagte er. »Ich habe letzte Nacht nach Ihnen gesehen. Ich dachte mir, daß Ihr Telefon noch gestört sei, und so bin ich einfach vorbeigekommen.«
»Wann war das?«
»Das muß um Mitternacht gewesen sein. Ich konnte nicht schlafen, und da dachte ich mir, ich fahr raus und besuche Sie.«
»Sie müssen mich knapp verfehlt haben«, sagte ich. »Ich konnte auch nicht schlafen, und da habe ich nach Raymond Julius’ Haus gesucht.«
»Raymond Julius? Der Mann, den Sie …« Er hielt inne.
»Der Mann, den ich getötet habe, ja. Es hat sich herausgestellt, daß er einige Arbeiten für Prudell erledigt hat.«
Er hielt im Packen inne. »Der hat für Prudell gearbeitet? Ist das Ihr Ernst?«
»Als eine Art Laufbursche«, erklärte ich. »Sind Sie ihm jemals begegnet?«
»Nein, niemals«, erklärte er. »Ich kann mich nicht einmal erinnern, jemals seinen Namen gehört zu haben.«
»Prudell sagt, er hat ihm bei dem Job im Strandbad geholfen, als er die Bademeister beobachtet hat.«
»Ah, warten Sie mal«, sagte er. »Daran erinnere ich mich. Er hat mir erzählt, daß ihm einer hilft, ihn vertritt, wenn er auf die Toilette muß, und solche Sachen. Ich glaube nicht, daß er mir den Namen genannt hat. Vielleicht habe ich aber auch nicht besonders gut zugehört. Das war schon gegen Ende, als ich schon beschlossen hatte, ihn zu feuern. Aber was hat dieser Typ mit Ihrer Sache mit Rose zu tun?«
»Er hat es sehr schwer genommen, daß er seinen Job verloren hat. Und mir hat er die Schuld daran gegeben. Er hat angefangen, mir nachzuspionieren, in meiner Vergangenheit herumzuschnüffeln. Da ist er dann auf die Zeitungsartikel gestoßen. Der Rest ist ganz schön verrückt.«
»Mein Gott«, sagte er. »Das ist alles passiert, weil ich Prudell gefeuert habe?«
»Nein«, sagte ich. »Das alles ist passiert, weil der Typ verrückt war. Sie haben nichts falsch gemacht.«
»Ich kann das einfach nicht glauben«, meinte er. »Das wird ja immer schlimmer.«
»Eine Sache irritiert mich immer noch«, sagte ich. »Das ist die Geschichte, wie er mit Rose Kontakt aufgenommen hat.«
»Sie meinen, ob er ihn besucht hat oder ob er ihm geschrieben hat?«
»Ja«, nickte ich. »In seinem Tagebuch schreibt er nur etwas von einer ›Verbindung‹ mit Rose. Aber er sagt nicht, worin die bestand.«
»Wie sind Sie an sein Tagebuch gekommen?«
»Das wollen Sie doch nicht wirklich wissen«, meinte ich.
Er hob die Hände. »Um Gottes willen, kein Wort mehr.«
»Ich frage mich nur, wie das zustande gekommen ist. Wie hat er Rose erreicht? Wie hat er all das herausgefunden, was er in den Briefen geschrieben hat?«
Er
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