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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Goldgrund einfach
     ausgestattet, hatte in heidnischen Tagen offenbar, wie die an den Wänden hinlaufenden Polstersimse bezeugten, dem Zweck jener
     kleinen Gelage von zwei oder drei Gästen gedient, deren zwanglose Gemütlichkeit Horatius feiert. Zur Zeitwar hier das Asyl für die geheimsten geistlichen oder weltlichen Gedanken des Diakonus.
    Schweigend setzte sich Cethegus, über ein gegenüber in die Wand eingelegtes Mosaikgemälde den flüchtigen Blick des verwöhnten
     Kunstkenners werfend, auf den niedren Lectus. Während der Priester beschäftigt war, aus einem Mischkrug mit hochgeschweiften
     Henkeln Wein in die bereitstehenden Becher zu gießen und eine eherne Schale mit Früchten auf den dreifüßigen Bronzetisch zu
     stellen, stand Rusticiana Cethegus gegenüber, ihn mit unwillig staunenden Blicken messend.
    Kaum vierzig Jahre alt, zeigte das Weib Spuren einer seltenen, etwas männlichen Schönheit, welche weniger durch das Alter
     als durch heftige Leidenschaften gelitten hatte: schon war hie und da nicht graues, sondern weißes Haar in ihre rabenschwarzen
     Flechten gemischt, das Auge hatte einen unsteten Blick, und starke Falten zogen sich gegen die immer bewegten Mundwinkel.
     Sie stützte die Linke auf den Erztisch und strich mit der Rechten wie nachsinnend über die Stirn, dabei fortwährend Cethegus
     anstarrend.
    Endlich sprach sie: »Mensch, sage, sage, Mann, welche Gewalt du über mich hast. Ich liebe dich nicht mehr. Ich sollte dich
     hassen. Ich hasse dich auch. Und doch muß ich dir folgen willenlos. Wie der Vogel dem Auge der Schlange. Und du legst meine
     Hand,
diese
Hand, in die Hand jenes Elenden. Sage, du Frevler, welches ist diese Macht?«
    Cethegus schwieg unaufmerksam. Endlich sagte er, sich zurücklehnend: »Gewohnheit, Rusticiana, Gewohnheit.«
    »Jawohl, Gewohnheit! Gewohnheit einer Sklaverei, die besteht, seit ich denken kann. Daß ich als Mädchen den schönen Nachbarssohn
     bewunderte, war natürlich; daß ich glaubte, du liebtest mich, war verzeihlich: du küßtest mich ja. Und wer konnte – damals
     – wissen, daß du nicht lieben kannst. Nichts: kaum dich selbst. Daß die Gattin des Boëthius diese wahnsinnige Liebe nicht
     erstickte, welche du wie spielend wieder anfachtest, war eine Sünde, aber Gott und die Kirche haben sie mir verziehen. Doch
     daß ich jetzt noch, nachdem ich jahrzehntelang deine herzlose Tücke kenne, nachdem die Glut der Leidenschafterloschen in diesen Adern, daß ich jetzt noch blindlings deinem dämonischen Willen folgen muß,– das ist eine Torheit zum Lautauflachen.«
    Und sie lachte hell und fuhr mit der Rechten über die Stirn. Der Priester hielt in seiner wirtlichen Beschäftigung inne, und
     sah verstohlen auf Cethegus; er war gespannt. Cethegus lehnte das Haupt rückwärts an das Marmorsims und umfaßte mit der Rechten
     den Pokal, der vor ihm stand:
    »Du bist ungerecht, Rusticiana«, sagte er ruhig. »Und unklar. Du mischest die Spiele des Eros in die Werke der Eris und der
     Erinnyen. Du weißt es, daß ich der Freund des Boëthius war. Obwohl ich sein Weib küßte. Vielleicht ebendeshalb. Ich sehe darin
     nichts Besonderes, und du – nun, dir haben es ja Silverius und die Heiligen vergeben. Du weißt ferner, daß ich diese Goten
     hasse, wirklich hasse, daß ich den Willen und – vor andern – die Fähigkeit habe, durchzusetzen, was dich jetzt ganz erfüllt:
     deinen Vater, den du geliebt, deinen Gatten, den du geehrt hast, an diesen Barbaren zu rächen. Du folgst daher meinen Winken.
     Und du tust daran sehr klug. Denn du hast zwar ein sehr bedeutendes Talent, Ränke zu schmieden. Aber deine Heftigkeit trübt
     oft deinen Blick. Sie verdirbt deine feinsten Pläne. Also tust du wohl, kühlerer Leitung zu folgen. Das ist alles. Aber jetzt
     geh. Deine Sklavin kauert schlaftrunken im Vestibulum. Sie glaubt dich in der Beichte, bei Freund Silverius. Die Beichte darf
     nicht gar zu lange währen. Auch haben wir noch Geschäfte. Grüße mir Camilla, dein schönes Kind, und lebe wohl.«
    Er stand auf, ergriff ihre Hand und führte sie sanft zur Türe. Sie folgte widerstrebend, nickte dem Priester zum Abschied
     zu, sah noch mal auf Cethegus, der ihre innere Bewegung nicht zu sehen schien, und ging mit leisem Kopfschütteln hinaus. Cethegus
     setzte sich wieder und trank den Pokal aus.
    »Sonderbarer Kampf in diesem Weibe«, sagte Silverius und setzte sich mit Griffel, Wachstafeln, Briefen und Dokumenten zu ihm.
    »Nicht sonderbar. Sie will

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