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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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der Bischof von Rom nicht der oberste Bischof der Christenheit, so lang nicht Herr Italiens: und deshalb der
     römische Stuhl, selbst wenn ein Silverius ihn einnehmen wird, nicht das, was er werden soll: das Höchste. Und das will doch
     Silverius.«
    Überrascht sah der Priester auf.
    »Beunruhige dich nicht, Freund Gottes. Ich weiß das längst und habe dein Geheimnis bewahrt, obwohl du es mir nicht vertraut
     hast. Allein weiter.«
    Er schenkte sich aufs neue ein: »–   dein Falerner ist gut abgelagert, aber er hat zuviel Süße.– Du kannst eigentlich nur wünschen, daß diese Goten den Thron der
     Cäsaren räumen, nicht, daß die Byzantiner an ihre Stelle treten: denn sonst hat der Bischof von Rom wieder zu Byzanz seinen
     Oberbischof und einen Kaiser. Du mußt also an der Goten Stelle wünschen – nicht einen Kaiser   – Justinian,– sondern – etwa was?«
    »Entweder« – fiel Silverius eifrig ein – »einen eignen Kaiser des Westreichs   –«
    »Der aber«, vollendete Cethegus seinen Satz, »nur eine Puppe ist in der Hand des heiligen Petrus   –«
    »Oder eine römische Republik, einen Staat der Kirche   –«
    »In welchem der Bischof von Rom der Herr, Italien das Hauptland und die Barbarenkönige in Gallien, Germanien, Spanien die
     gehorsamen Söhne der Kirche sind. Schön, mein Freund. Nur müssen erst die Feinde vernichtet sein, deren Spolien du bereits
     verteilst. Deshalb ein altrömischer Trinkspruch: wehe den Barbaren!«
    Er stand auf und trank dem Priester zu.
    »Aber die letzte Nachtwache schleicht vorüber, und meine Sklaven müssen mich am Morgen in meinem Schlafgemach finden. Leb
     wohl.«
    Damit zog er den Cucullus des Mantels über das Haupt und ging. Der Wirt sah ihm nach: »Ein höchst bedeutendes Werkzeug!«sagte er zu sich. »Gut, daß er nur ein Werkzeug ist. Möge er es immer bleiben.«
    Cethegus aber schritt von der Via Appia her, wo die Kirche des heiligen Sebastian den Eingang in die Katakomben bedeckt, nach
     Nordwesten dem Capitole zu, an dessen Fuß am Nordende der Via Sacra sein Haus gelegen war, nordöstlich vom Forum Romanum.
     Die kühle Morgenluft strich belebend um sein Haupt. Er schlug den Mantel zurück und dehnte die breite, starke, gewaltige Brust.
    »Ja, ein Rätsel bist du«, sprach er vor sich hin; »treibst Verschwörung und nächtlichen Verkehr wie ein Republikaner oder
     ein Verliebter von zwanzig Jahren. Und warum? Ei, wer weiß, warum er atmet? Weil er muß. Und so muß ich tun, was ich tue.
     Eins aber ist gewiß. Dieser Priester mag Papst werden: er muß es vielleicht werden. Aber Eins darf er nicht. Er darf es nicht
     lange bleiben. Sonst lebt wohl, ihr Gedanken, ihr kaum eingestandenen, die ihr noch Träume seid und Wolkendünste: vielleicht
     aber ballt sich daraus ein Gewitter, das Blitz und Donner führt und mein Verhängnis wird. Sieh, es wetterleuchtet im Osten.
     Gut. Ich nehme das Omen an.«
    Mit diesen Worten schritt er in sein Haus. Im Schlafgemach fand er auf dem Zederntisch vor seinem Lager einen verschnürten
     und mit dem königlichen Siegel gepreßten Brief. Er schnitt die Schnüre mit dem Dolche auf, schlug die doppelte Wachstafel
     auseinander und las:
    »An Cethegus Cäsarius, den Princeps Senatus,
    Marcus Aurelius Cassiodorius Senator.
    Unser Herr und König liegt im Sterben. Seine Tochter und Erbin Amalaswintha wünscht dich noch vor seinem Ende zu sprechen.
     Du sollst das wichtigste Reichsamt übernehmen. Eile sogleich nach Ravenna.«

Fünftes Kapitel
    Atembeklemmend lag bange Stimmung schwer und schwül über dem Königspalast zu Ravenna mit seiner düstern Pracht, mit seiner
     unwirtlichen Weiträumigkeit. Die alte Burg der Cäsaren hatte im Lauf der Jahrhunderte schon so manche stilwidrige Veränderung
     erfahren. Und seit an die Stelle der Imperatoren der Gotenkönig mit seinem germanischen Hofgesinde getreten war, hatte sie
     vollends ein wenig harmonisches Aussehen angenommen. Denn viele Räume, welche eigentümlichen Sitten des römischen Lebens gedient
     hatten, standen mit der alten Pracht ihrer Einrichtung unbenutzt und vernachlässigt: Spinnweben zogen sich über die Mosaiken
     der reichen, aber lang nicht mehr betretnen Badgemächer des Honorius, und in dem Toilettenzimmer der Placidia huschten die
     Eidechsen über das Marmorgesimse der Silberspiegel in den Mauern.
    Dagegen hatten die Bedürfnisse eines mehr kriegerischen Hofhalts manche Mauer niedergerissen, um die kleinen Gemächer des
     antiken Hauses zu

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