Ein Kampf um Rom
ihr Unrecht gegen ihren Gatten gutmachen, indem sie ihn rächt. Und daß sie diese Rache gerade durch
ihren ehemaligen Geliebten findet, macht die heiligePflicht besonders süß. Freilich ist ihr dies alles unbewußt.– Aber, was gibt’s zu tun?«
Und nun begannen die beiden Männer ihre Arbeit, solche Punkte der Verschwörung zu erledigen, welche allen Gliedern des Bundes
mitzuteilen sie nicht für ratsam hielten.
»Diesmal«, hob der Diakonus an, »gilt es vor allem, das Vermögen des Albinus festzustellen und dessen nächste Verwendung zu
beraten. Wir brauchten ganz unabweislich Geld, viel Geld.«
»Geldsachen sind dein Gebiet«, sagte Cethegus trinkend. »Ich verstehe sie wohl, aber sie langweilen mich.«
»Ferner müssen die einflußreichsten Männer auf Sicilien, in Neapolis und Apulien gewonnen werden. Hier ist die Liste derselben
mit Notizen über die einzelnen. Es sind Menschen darunter, bei denen die gewöhnlichen Mittel nicht verfangen.«
»Gib her«, sagte Cethegus, »
das
will ich machen«, und zerlegte einen persischen Apfel.––
Nach einer Stunde angestrengter Arbeit waren die dringendsten Geschäfte bereinigt, und der Hausherr legte die Dokumente wieder
in ihr Geheimfach hinter dem großen Kreuz in der Mauer. Der Priester war ermüdet und sah mit Neid auf den Genossen, dessen
stählernen Körper und unangreifbaren Geist keine späte Stunde, keine Anspannung ermatten zu können schien. Er äußerte etwas
dergleichen, als sich Cethegus den silbernen Becher wieder füllte.
»Übung, Freund, starke Nerven und«, setzte er lächelnd hinzu, »ein gutes Gewissen: das ist das ganze Rätsel.«
»Nein, im Ernst, Cethegus, du bist mir auch sonst ein Rätsel.«
»Das will ich hoffen.«
»Nun, hältst du dich für ein mir so unerreichbar überlegnes Wesen?«
»Ganz und gar nicht. Aber doch für gerade hinreichend tief, um andern nicht minder ein Rätsel zu sein als – mir selbst. Dein
Stolz auf Menschenkenntnis mag sich beruhigen. Es geht mir selbst mit mir nicht besser als dir. Nur die Tropfen sind durchsichtig.«
»In der Tat«, fuhr der Priester ausholend fort, »der Schlüssel zu deinem Wesen muß sehr tief liegen. Sieh zum Beispiel die
Genossen unsres Bundes. Von jedem läßt sich sagen, welcher Grund ihn dazu geführt hat. Der hitzige Jugendmut einen Licinius:
der verrannte, aber ehrliche Rechtssinn einen Scaevola: mich und die andern Priester – der Eifer für die Ehre Gottes.«
»Natürlich«, sagte Cethegus trinkend.
»Andere treibt der Ehrgeiz, oder die Hoffnung, bei einem Bürgerkrieg ihren Gläubigern die Hälse abzuschneiden, oder auch die
Langeweile über den geordneten Zustand dieses Landes unter den Goten oder eine Beleidigung durch einen der Fremden, die allermeisten
der natürliche Widerwille gegen die Barbaren und die Gewöhnung, nur im Kaiser den Herrn Italiens zu sehen. Bei dir aber schlägt
keiner dieser Beweggründe an und –«
»Und das ist sehr unbequem, nicht wahr? Denn mittelst Kenntnis ihrer Beweggründe beherrscht man die Menschen? Ja, ehrwürdiger
Gottesfreund, ich kann dir nicht helfen. Ich weiß es wirklich selbst nicht, was mein Beweggrund ist. Ich bin selbst so neugierig
darauf, daß ich es dir herzlich gern sagen und mich – beherrschen lassen wollte, wenn ich es nur selbst entdecken könnte.
Nur das Eine fühl’ ich: diese Goten sind mir zuwider. Ich hasse diese vollblütigen Gesellen mit ihren breiten Flachsbärten.
Unausstehlich ist mir das Glück dieser brutalen Gutmütigkeit, dieser naiven Jugendlichkeit, dieses alberne Heldentum, diese
ungebrochnen Naturen. Es ist eine Unverschämtheit des Zufalls, der die Welt regiert, dieses Land, nach einer solchen Geschichte,
mit Männern wie – wie du und ich – von diesen Nordbären beherrschen zu lassen.«
Unwillig warf er das Haupt zurück, drückte die Augen zu und schlürfte einen kleinen Trunk Weines.
»Daß die Barbaren fortmüssen, darüber sind wir einig. Und für mich ist damit alles erreicht. Denn ich will ja nur die Befreiung
der Kirche von diesen irrgläubigen Barbaren, welche die Göttlichkeit Christi leugnen und einen Halbgott aus ihm machen. Ich
hoffe, daß alsdann der römischen Kirche der Primatim ganzen Gebiet der Christenheit, der ihr gebührt, unbestritten zufallen wird. Aber solang Rom in der Hand der Ketzer liegt,
während der Bischof von Byzanz von dem allein rechtgläubigen und rechtmäßigen Kaiser gestützt wird –«
»So lang ist
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