Ein Kampf um Rom
stak ein Pfeil in seiner Brust.«
»Das deutet auf einen Kampf zur See! Nicht auf mehr!« meinte Valerius.
»Aber heute –«
»Heute?« fragte Julius.
»Heute sind alle Landleute ausgeblieben, die sonst täglich von Regium hier durch nach Colum gehen. Auch ein Reiter, den ich
auf Kundschaft nach Regium schickte, ist nicht zurückgekommen.« –
»Beweist noch immer nichts«, sprach Valerius eigensinnig.– Sein Herz sträubte sich gegen den Gedanken einer Landung der Verhaßten
so lang als möglich – »oft schon hat die Brandung die Straße gesperrt.«
»Aber als ich selbst soeben auf der Straße nach Regium vorging und das Ohr auf die Erde legte, hörte ich die Erde zittern
unter dem Hufschlag von vielen Rossen, die in rasender Eile nahen. Ihr müßt fliehn.«
Jetzt griffen Valerius und Julius zu den Waffen, die an den Pfeilern des Gemaches hingen, Valeria legte schwer atmend die
Hand aufs Herz:
»Was ist zu tun?« fragte sie.
»Besetzt den Engpaß von Jugum«, befahl Valerius, »in den die Straße längs der Küste verläuft: er ist schmal; er ist lange
zu halten.«
»Er ist schon besetzt von acht meiner Goten, ich fliege hin, sobald ihr zu Pferde sitzt, die Hälfte meiner Schar deckt eure
Reise: eilt.«
Aber ehe sie das Gemach verlassen konnten, stürzte ein gotischer Krieger, mit Schlamm und Blut bedeckt, herein: »Flieht«,
rief er, »sie sind da!«
»Wer ist da, Gelaris?« fragte Thorismuth.
»Die Griechen! Belisar! der Teufel!«
»Rede«, befahl Thorismuth.
»Ich kam bis in den Pinienwald von Regium, ohne etwas Verdächtiges zu spüren, freilich auch ohne einer Seele auf der Straße
zu begegnen. Als ich an einem dicken Baumstamm vorbeireite, eifrig vorwärts spähend, fühle ich einen Ruck am Halse, als risse
mir ein Blitz den Kopf von den Schultern, und im Nu lag ich unter meinem Tier am Boden –«
»Schlecht gesessen, o Gelaris!« schalt Thorismuth.
»Jawohl, eine Roßhaarschlinge ums Genick und eine Bleikugel an den Kopf geschnellt, da fällt auch ein bessrer Reitersmann
als Gelaris, Genzos Sohn. Zwei Unholde – Waldschraten oder Alraunen acht’ ich sie ähnlich – setzten aus dem Busch über den Graben, banden mich auf mein Pferd, nahmen
mich zwischen ihre kleinen, zottigen Gäule – und hui –«
»Das sind die Hunnen Belisars!« rief Valerius.
»Jagten sie mit mir davon.– Als ich wieder ganz zu mir gekommen, war ich in Regium, mitten unter den Feinden, dort erfuhr
ich denn alles. Die Regentin ist ermordet, der Krieg ist erklärt, die Feinde haben Sicilien überrascht, die ganze Insel ist
zum Kaiser abgefallen – –«
»Und das feste Panormus?«
»Fiel durch die Flotte, die in den Hafen drang: die Mastkörbe waren höher als die Mauern der Stadt: von den Masten schossen
und sprangen sie herab.«
»Und Syrakusä?« fragte Valerius.
»Fiel durch Verrat der Sicilianer – die Goten der Besatzung sind ermordet: in Syrakusä ist Belisarius eingeritten unter einem
Blumenregen, als scheidender Konsul des Jahres – denn es war am letzten Tage seines Konsulats – Goldmünzen streuend, unter Händeklatschen alles Volks.«
»Und wo ist der Seegraf? wo ist Totila?«
»Zwei seiner drei Schiffe sind in den Grund gebohrt vom Schnabelstoße der Triremen. Sein Schiff und noch eins: er sprang ins
Meer mit voller Rüstung – und ist – noch nicht – aufgefischt.«
Da sank Valeria schweigend auf das Lager.
»Der Griechenfeldherr«, fuhr der Bote fort, »landete gestern in dunkler stürmischer Nacht bei Regium: die Stadt hat ihn mit
Jubel aufgenommen; er ordnet nur sein Heer, dann soll’s im Fluge nach Neapolis gehen: seine Vorhut, die gelbhäutigen Reiter,
die mich eingebracht, mußten sogleich wieder umkehren und den Paß gewinnen. Ich sollte ihnen Führer dahin sein. Ich führte
sie weitab – nach Westen – in den Meeressumpf und – entsprang ihnen im Dunkel – des Abends – aber – sie schickten mir – Pfeile
nach und Einer traf – ich kann nicht mehr.« – Und klirrend stürzte der Mann zu Boden.
»Er ist verloren!« sprach Valerius, »sie führen vergiftetes Geschoß! Auf, Julius und Thorismuth, ihr geleitet mein Kind auf
der Straße gen Neapolis: ich gehe in den Paß und decke euch den Rücken.«
Vergebens waren die Bitten Valerias: Gesicht und Haltung des Alten nahmen einen Ausdruck eisernen Entschlusses an.
»Gehorcht!« befahl er den Widerstrebenden, »ich bin der Herr dieses Hauses, der Sohn dieses
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