Ein Kampf um Rom
zurückzubleiben: von Gefahr war, wie Totila versichert hatte, für die nächsten Tage nichts zu fürchten. So reisten denn die
drei, von einigen Sklaven begleitet, nach der Hauptvilla bei dem Passe Jugum, nördlich von Regium, ab, welche, unmittelbar
am Meere gelegen, ja zum Teil mit jenem schon von Horatius gescholtnen Luxus in das Meer selbst »wagend hinausgebaut« war.
Valerius traf die Dinge in schlechter Ordnung. Seine Institoren hatten, sichergemacht durch lange Abwesenheit des Herrn, übel
gewirtschaftet: und mit Unwillen erkannte dieser, daß seine prüfende, ordnende, strafende Tätigkeit, nicht tage-, sondern
wochenlang in dieser Gegend notwendig sein werde.
Unterdessen mehrten sich die drohenden Anzeichen. Totilaschickte warnende Winke: aber Valeria erklärte, ihren Vater in der Gefahr nicht verlassen zu können: und dieser verschmähte
es, vor den »Griechlein« zu flüchten, welche er noch mehr verachtete als haßte.
Da wurden sie eines Tages durch zwei Boote überrascht, welche fast gleichzeitig in den kleinen Hafen der Villa einliefen:
das eine trug Totila, das andre den Corsen Furius Ahalla. Die Männer begrüßten sich überrascht, doch erfreut als alte Bekannte
und wandelten miteinander durch die Taxus- und Lorbeergänge des Gartens zu der Villa hinan.
Hier trennten sie sich: Totila gab vor, seinen Freund Julius besuchen zu wollen, indes den Corsen ein Geschäft zu dem Kaufherrn
führte, mit welchem er seit Jahren in einer für beide Teile gleich vorteilhaften Handelsverbindung stand. Mit Freuden sah
daher Valerius den klugen, kühnen und stattlich-schönen Seefahrer bei sich eintreten, und nach herzlicher Begrüßung wandten
sich die beiden Handelsfreunde ihren Büchern und Rechnungen zu. Nach kurzen Erörterungen erhob sich der Corse von den Rechentafeln
und sprach:
»So siehst du, Valerius, aufs neue hat Mercurius unser Bündnis gesegnet. Meine Schiffe haben dir Purpur und köstlichen Wollstoff
aus Phönikien und aus Spanien zugeführt: und deine köstlichen Fabrikate des verflossnen Jahres verführt nach Byzanz und Alexandria,
nach Massilia und Antiochia. Ein Zentenar Goldes Mehrgewinn gegen das Vorjahr! Und so wird er steigen und steigen von Jahr
zu Jahr, solang die wackern Goten den Frieden schirmen und die Rechtspflege im Abendland.«
Er schwieg wie abwartend.
»Solang sie schirmen können!« seufzte Valerius, »solang diese Griechen Frieden halten. Wer steht dafür, daß uns nicht diese
Nacht der Seewind die Flotte Belisars an die Küste treibt!«
»Also auch du erwartest den Krieg? Im Vertrauen: er ist mehr als wahrscheinlich, er ist gewiß.«
»Furius«, rief der Römer, »woher weißt du das?«
»Ich komme von Afrika, von Sicilien. Ich habe die Flotte des Kaisers gesehen: so rüstet man nicht gegen Seeräuber. Ich habe
die Heerführer Belisars gesprochen: sie träumen Nacht und Tagvon den Schätzen Italiens. Sicilien ist zum Abfall reif, sowie die Griechen landen.«
Valerius erbleichte vor Aufregung. Furius bemerkte es und fuhr fort:
»Und deshalb vor allem bin ich hierhergeeilt, dich zu warnen. Der Feind wird in dieser Gegend landen, und ich wußte, daß deine
Tochter dich begleitet.«
»Valeria ist eine Römerin.«
»Ja, aber diese Feinde sind die wildesten Barbaren. Denn Hunnen, Massageten, Skythen, Avaren, Slavenen und Saracenen sind
es, die dieser Kaiser der Römer losläßt auf Italien. Wehe, wenn dein minervengleiches Kind in ihre Hände fiele.«
»Das wird sie nicht!« sagte Valerius, die Hand am Dolch. »Aber du sprichst wahr – sie muß fort – in Sicherheit.« ––
»Wo ist in Italien Sicherheit? Bald werden die Wogen dieses Krieges brausend zusammenschlagen über Neapolis, – über Rom, und
kaum sich an Ravennas Mauern brechen.«
»Denkst du so groß von diesen Griechen? Hat doch Griechenland nie etwas anderes nach Italien geschickt als Mimen, Seeräuber
und Kleiderdiebe!«
»Belisarius aber ist ein Sohn des Sieges. Jedenfalls entbrennt ein Kampf, dessen Ende so mancher von euch nicht erleben wird!«
»Von
euch
, sagst du? wirst du nicht mitkämpfen?«
»Nein, Valerius! Du weißt, in meinen Adern fließt nur corsisch Blut, trotz meines römischen Adoptivnamens: ich bin nicht Römer,
nicht Grieche, nicht Gote. Ich wünsche den Goten den Sieg, weil sie Zucht und Ordnung halten zu Wasser und zu Land, und weil
mein Handel blüht unter ihrem Scepter: aber wollt’ ich offen für sie fechten, der Fiscus von
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