Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
Vom Netzwerk:
Schildschnäbeln wieder zurück- und hinauszustoßen. Er ging zurück, eine neue Pfeilsalve zu befehlen. Schweigend
     deckten die beiden Goten wieder die Mündung, der dritte hielt den blutenden Valerius inseinen Armen. Da stürzte die Wache von der Rückseite in den Engpaß:
    »Das Schiff! Herr – das Schiff! sie sind gelandet: sie fassen uns im Rücken! Flieht, wir wollen euch tragen – ein Versteck
     in den Felsen.« –
    »Nein«, sprach Valerius, sich aufrichtend, »hier will ich sterben; stemme mein Schwert gegen die Wand und   –«
    Aber da schmetterte von der Rückseite her laut der Ruf des gotischen Heerhorns: Fackeln blitzten, und eine Schar von dreißig
     Goten stürmte in den Paß: Totila an ihrer Spitze: sein erster Blick fiel auf Valerius:
    »Zu spät, zu spät!« rief er schmerzlich. »Aber folgt mir! Rache! hinaus!«
    Und wütend brach er mit seinem speeretragenden Fußvolk aus dem Paß. Und schrecklich war der Zusammenstoß auf der schmalen
     Straße zwischen Felsen und Meer. Die Fackeln erloschen in dem Getümmel, und der anbrechende Morgen gab nur ein graues Licht.
     Die Hunnen, obwohl an Zahl den kühnen Angreifern überlegen, waren durch den plötzlichen Ausfall völlig überrascht: sie glaubten,
     ein ganzes Heer der Goten sei im Anmarsch: sie eilten, ihre Rosse zu gewinnen und zu entfliehen; aber die Goten erreichten
     mit ihnen zugleich die Stelle, wo die ledigen Tiere hielten: und in wirrem Knäuel stürzte Mann und Roß die Felsen hinab. Umsonst
     hieb Johannes selbst auf seine fliehenden Leute ein: ihr Schwall warf ihn zu Boden, er raffte sich wieder auf und sprang den
     nächsten Goten an.
    Aber er kam übel an: es war Totila, er erkannte ihn.
    »Verfluchter Flachskopf«, schrie er, »so bist du nicht ersoffen?«
    »Nein, wie du siehst!« rief dieser und schlug ihm das Schwert durch den Helmkamm und noch ein Stück in den Schädel, daß er
     taumelte. Da war aller Widerstand zu Ende. Mit knapper Not hoben ihn die nächsten seiner Reiter auf ein Pferd und jagten mit
     ihm davon. Der Kampfplatz war geräumt. Totila eilte nach dem Hohlweg zurück. Er fand Valerius, bleich, mit geschlossnen Augen,
     das Haupt auf seinen Schild gelegt. Er warf sich zu ihm nieder und drückte die erstarrende Hand an seine Brust.
    »Valerius«, rief er, »Vater! scheide nicht! scheide nicht so von uns. Noch ein Wort des Abschieds.«
    Der Sterbende schlug matt die Augen auf.
    »Wo sind sie?« fragte er.
    »Geschlagen und geflohn.«
    »Ah, Sieg!« atmete Valerius auf; »ich darf im Siege sterben. Und Valeria – mein Kind – sie ist gerettet?«
    »Sie ist es. Aus dem Seegefecht, aus dem Meer entkommen, eilte ich hierher, Neapolis zu warnen, euch zu retten. Nahe der Straße,
     zwischen deinem Hause und Neapolis, war ich gelandet; dort traf ich sie und erfuhr deine Gefahr; eins meiner Schiffsboote
     nahm sie auf und führt sie nach Neapolis: mit dem andern eilte ich hierher, dich zu retten – ach, nur zu rächen!«
    Und er senkte das Haupt auf des Sterbenden Brust.
    »Klage nicht um mich, ich sterbe im Sieg! Und dir, mein Sohn, dir, dank’ ich es.«
    Und wohlgefällig streichelte er die langen Locken des Jünglings.
    »Und auch Valerias Rettung. O dir, dir, ich hoffe es, auch Italiens Rettung. Du bist der Held, auch dieses Land zu retten,–
     trotz Belisar und Narses. Du kannst es,– du wirst es – und dein Lohn sei mein geliebtes Kind.«
    »Valerius! Mein Vater!«
    »Sie sei dein! Aber schwöre mir’s«,– und er richtete sich empor mit letzter Kraft und sah ihm scharf ins Auge – »schwöre mir’s
     beim Genius Valerias: nicht eher wird sie dein, als bis Italien frei ist und keine Scholle seines heiligen Bodens mehr einen
     Byzantiner trägt.«
    »Ich schwör’ es dir«, rief Totila, begeistert seine Rechte fassend, »ich schwör’s beim Genius Valerias!«
    »Dank, Dank, mein Sohn; nun mag ich getrost sterben – grüße sie und sage ihr: dir hab’ ich sie empfohlen und anvertraut: sie
     – und Italien.«
    Und er legte das Haupt zurück auf seinen Schild und kreuzte die Arme über der Brust – und war tot. Lange hielt Totila schweigend
     die Hand auf seiner Brust.
    Ein blendendes Licht weckte ihn plötzlich aus seinem Träumen:es war die Morgensonne, deren goldne Scheibe prächtig über den Kamm des Felsgebirges emportauchte: er stand auf und sah dem
     steigenden Gestirn entgegen. Die Fluten glitzerten in hellem Widerschein, und ein Schimmer flog über alles Land.
    »Beim Genius Valerias!«

Weitere Kostenlose Bücher