Ein Kampf um Rom
Byzantiner gedemütigt zu haben. Aber er wiegte sich nicht müßig in dieser Siegesfreude. Dieser
Geist kannte die Gefährlichkeit des Schlafes auf Lorbeer: Lorbeer betäubt. Er beschloß, sofort den Sieg zu verfolgen, die
geistige Übergewalt, welche er in diesem Augenblick über den Helden von Byzanz unverkennbar besaß, jetzt, unter ihrem ersten
frischen Eindruck, mit aller Kraft zu benützen und den lang vorbereiteten Hauptstreich zu führen.
Während er mit solchen Gedanken dem Zug der Heerführer nachsah, welche sich aus dem Zelt entfernten, bemerkte er nicht, daß
zwei Augen mit eigentümlichem Ausdruck auf ihm ruhten. Es waren Antoninas Augen. Die Vorgänge, deren Zeugin sie gewesen, hatten
einen seltsam gemischten Eindruck auf sie gemacht. Zum ersten Mal hatte sie den Abgott ihrer Bewunderung, ihren Gatten, ohne
alle eigne Kraft, sich zu helfen und zu wehren, in den Schlingen des klugen Priesters liegen und nur durch die überlegne Kraft
dieses dämonischen Römers gerettet gesehen. Anfangs hatte ihr in dem Gatten verletzter Stolz diese Demütigung mit schmerzlichem
Haß gegen den Übermächtigen empfunden. Aber dieser Haß hielt nicht vor, undunwillkürlich trat, wie immer gewaltiger sich die Macht seiner Überlegenheit entfaltete, Bewunderung an des Verdrusses Stelle
und erschreckte Unterordnung; sie empfand nur noch das Eine: ihren Belisar hatte die Kirche, und Cethegus hatte ihren Belisar
und die Kirche verdunkelt. Und daran knüpfte sich unzertrennlich der ängstliche Wunsch, diesen Mann nie zum Feind, immer zum
Verbündeten ihres Gatten zu haben.
Kurz, Cethegus hatte an dem Weibe Belisars eine geistige Eroberung von größter Wichtigkeit gemacht: und er sollte es noch
dazu sofort merken. Mit gesenkten Augen trat das schöne, sonst so sichre Weib auf ihn zu; er sah auf: da errötete sie über
und über und reichte ihm eine zitternde Hand.
»Präfect von Rom«, sagte sie, »Antonina dankt dir. Du hast dir ein großes Verdienst erworben um Belisarius und den Kaiser.
Wir wollen gute Freundschaft halten.«
Mit Staunen sah Prokop, der im Zelt zurückgeblieben, diesen Vorgang: »Mein Odysseus überzaubert die Zauberin Circe«, dachte
er.
Cethegus aber erkannte im Augenblick, wie sich diese Seele vor ihm beugte, und welche Gewalt er dadurch über Belisar gewonnen.
»Schöne Magistra Militum«, sagte er, sich hoch aufrichtend, »deine Freundschaft ist der reichste Lorbeer meines Sieges. Ich
stelle sie sogleich auf die Probe. Ich bitte dich und Prokop, meine Zeugen, meine Verbündeten zu sein in der Unterredung,
die ich jetzt mit Belisar zu führen habe.«
»Jetzt?« sagte Belisar ungeduldig. »Kommt, laßt uns erst zu Tische und im Cäkuber den Sturz des Priesters feiern.«
Und er schritt zur Türe. Aber Cethegus blieb ruhig stehen in der Mitte des Zeltes, und Antonina und Prokop lagen so ganz unter
dem Bann seines Einflusses, daß sie nicht ihrem Herrn zu folgen wagten. Ja, Belisar selbst wandte sich und fragte: »Muß es
denn jetzt gerade sein?«
»Es muß«, sagte Cethegus, und er führte Antonina an der Hand nach ihrem Sitz zurück.
Da schritt auch Belisar wieder zurück.
»Nun, so sprich«, sagte er, »aber kurz.«
»So kurz als möglich. Ich habe immer gefunden, daß gegenüber großen Freunden oder großen Feinden Aufrichtigkeit das stärkste
Band oder die beste Waffe. Danach werd’ ich in dieser Stunde handeln. Wenn ich sagte: mein Tun lohnt sich selbst, so wollt’
ich damit ausdrücken, daß ich dem falschen Priester die Herrschaft über Rom nicht eben um des Kaisers Willen entrissen.«
Belisar horchte hoch auf. Prokop, erschrocken über diese allzu kühne Offenheit seines Freundes, machte ihm ein abmahnendes
Zeichen. Antoninas rasches Auge hatte das bemerkt und stutzte, mißtrauisch über das Einverständnis der beiden. Cethegus entging
dies nicht.
»Nein, Prokop«, sagte er zu Belisars Erstaunen: »unsre Freunde hier würden doch allzubald erkennen, daß Cethegus nicht der
Mann ist, seinen Ehrgeiz in einem Lächeln Justinians befriedigt zu finden. Ich habe Rom nicht für den Kaiser gerettet.«
»Für wen sonst?« fragte Belisar ernst.
»Zunächst für Rom. Ich bin ein Römer. Ich liebe mein ewiges Rom. Es sollte nicht dem Priester dienstbar werden. Aber auch
nicht die Sklavin des Kaisers. Ich bin Republikaner«, sprach er, das Haupt trotzig aufwerfend.«
Über Belisars Antlitz flog ein Lächeln: der Präfect schien ihm nicht mehr so
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