Ein Kampf um Rom
zierlichen Zelter an seiner Linken ritt. Alle
Häuser hatten ihren Festschmuck von Teppichen und Kränzen angetan. Aber der Gefeierte schien nicht froh: verdrossen senkte
er das Haupt und warf finstre Blicke nach den Wällen und dem Capitol, von welchen, den alten römischen Adlern nachgebildet,
die Banner der städtischen Legionäre, nicht die Drachenfahnen von Byzanz, herniederschauten.
Am asinarischen Tor hatte der junge Lucius Licinius den Vortrab des kaiserlichen Heeres zurückgewiesen: und nicht eher hob
sich das wuchtige Fallgitter, bis neben Belisars Rotscheck, getragen von seinem prachtvollen Rappen, Cethegus, der Präfect
erschienen war. Lucius staunte über die Verwandlung, die mit seinem bewunderten Freunde vorgegangen. Die kalte, strenge Verschlossenheit
war gewichen: er erschien größer, jugendlicher: ein leuchtender Glanz des Sieges lag auf seinem Antlitz, seiner Haltung und
seiner Erscheinung. Er trug einen hohen, reichvergoldeten Helm, von dem der purpurne Roßschweif niederwallte bis auf den Panzer:
dieser aber war ein kostbares Kunstwerk aus Athen und zeigte auf jeder seiner Rundplatten ein feingearbeitetes Relief von
getriebnem Silber, jedes einen Sieg der Römer darstellend.
Der Siegesausdruck seines leuchtenden Gesichts, seine stolze Haltung und sein schimmernder Waffenschmuck überstrahlte, wie
Belisar, den kaiserlichen Magister Militum, selbst, so das glänzende Gefolge von Heerführern, welches sich, geführt von Johannes
und Prokop, hinter den beiden anschloß. Und dies Überstrahlen war so augenfällig, daß sich, sowie der Zug einige Straßen durchmessen
hatte, der Eindruck auch der Menge mitteilte und der Ruf »Cethegus!« bald so laut und lauter als der Name »Belisar« ertönte.
Das feine Ohr Antoninas fing an, dies zu bemerken: mit Unruhe lauschte sie bei jeder Stockung des Zugs auf das Rufen und Reden
des Volks. Als sie die Thermen des Titus hinter sich gelassen und bei dem flavischen Amphitheater die Sacra Via erreicht hatten,
wurden sie durch das Wogen der Menge zum Verweilen gezwungen: ein schmaler Triumphbogen war errichtet, den man nur langsam
durchschreiten konnte.
»Sieg dem Kaiser Justinian und Belisarius, seinem Feldherrn«, stand darauf geschrieben.
Während Antonina die Aufschrift las, hörte sie einen Alten, der wenig in den Lauf der Dinge eingeweiht schien, an seinen Sohn,
einen der jungen Legionäre des Cethegus, Fragen um Auskunft stellen.
»Also, mein Gajus, der Finstre mit dem verdrießlichen Gesicht auf dem Rotscheck –«
»Ja, das ist Belisarius, wie ich dir sage«, antwortete der Sohn.
»So? nun – aber der stattliche Held, ihm zur Linken, mit dem triumphierenden Blick, der auf dem Rappen, das ist gewiß Justinianus
selbst, sein Herr, der Imperator?«
»Beileibe, Vater! der sitzt ruhig in seiner goldnen Hofburg zu Byzanz und schreibt Gesetze. Nein, das ist ja Cethegus,
unser
Cethegus, mein Cethegus, der Präfect, der mir das Schwert geschenkt. Ja, das ist ein Mann. Licinius, mein Tribun, sagte neulich:
wenn der nicht wollte, Belisar sähe nie ein römisch Tor von innen.«
Antonina gab ihrem Apfelschimmel einen heftigen Schlag mit dem Silberstäbchen und sprengte rasch durch den Triumphbogen. Cethegus
geleitete den Feldherrn und dessen Gattin bis an den Palast der Pincier, der prachtvoll zu ihrer Aufnahme instand gesetzt
war. Hier verabschiedete er sich, den byzantinischen Heerführern seinen Beistand zu leihen, die Truppen teils in den Häusern
der Bürger und den öffentlichen Gebäuden, teils vor den Toren in Zelten unterzubringen.
»Wenn du dich von den Mühen und Ehren dieses Tages erholt, Belisarius, erwarte ich dich und Antonina und deine ersten Heerführer
zum Mahl in meinem Hause.«
Nach einigen Stunden erschienen Marcus Licinius, Piso und Balbus, die Geladenen abzuholen. Sie begleiteten die Sänften, in
denen Antonina und Belisar getragen wurden, die Heerführer gingen zu Fuß.
»Wo wohnt der Präfect?« fragte Belisar beim Einsteigen in die Sänfte.
»Solang du hier bist: tags im Grabmal Hadrians, und nachts – auf dem Capitol.«
Belisar stutzte. Der kleine Zug näherte sich dem Capitol. Mit Staunen sah der Feldherr alle die Werke und Wälle, die seit
mehr denn zweihundert Jahren in Schutt gelegen waren, zu gewaltiger Stärke wiederhergestellt. Nachdem sie durch einen langen,
schmalen und dunkeln Zickzackgang, den engen Zugang zu der Veste, sich gewunden, gelangten sie an ein
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