Ein Kampf um Rom
ein Wunder.«
»Oder dein Tod in diesem Augenblick, du Teufel«, donnerte Belisar, und riß, seiner nicht mehr mächtig, das Schwert aus der
Scheide.
»Auf, Prokop, in des Kaisers Namen! Ergreife den Verräter! Er stirbt in dieser Stunde!«
Entsetzt, unschlüssig trat Prokop zwischen die beiden, indes Antonina ihrem Gatten in den Arm fiel und seine rechte Hand zu
fassen suchte.
»Seid ihr mit im Bunde?« schrie der Ergrimmte. »Wachen, Wachen herbei!«
Aus jeder der beiden Türen traten zwei Lanzenträger in das Zelt: aber noch zuvor hatte sich Belisar von Antonina losgerissen
und mit dem linken Arm den starken Prokop, als wär’ er ein Kind, zur Seite geschleudert. Mit dem Schwert zu furchtbarem Stoß
ausholend, stürzte er auf den Präfecten los. Aber plötzlich hielt er inne und senkte die Waffe, die schon des Bedrohten Brust
streifte. Denn unbeweglich, wie eine Statue, ohne eine Miene zu verziehen, den kalten Blick durchbohrend auf den Wütenden
gerichtet, war Cethegus stehengeblieben, ein Lächeln unsäglicher Verachtung um die Lippen.
»Was soll der Blick und dieses Lachen?« fragte Belisar, innehaltend.
Prokop winkte leise den Wachen, abzutreten.
»Mitleid mit deinem Feldherrnruhm, den ein Augenblick des Jähzorns für immer verderben sollte. Wenn dein Stoß traf, warst
du verloren.«
»Ich!« lachte Belisar? »Ich sollte meinen du.«
»Und du mit mir. Glaubst du, ich stecke tolldreist den Kopf in den Rachen des Löwen? Daß einem Helden deiner Art zuallererst
der feine Einfall kommen werde, dich mit einem guten Schwertstreich herauszuhauen, das vorauszusehen war nicht schwer. Dagegen
hab’ ich mich geschützt. Wisse: seit diesem Morgen ist infolge eines versiegelten Auftrages, den ich zurückließ, Rom in den
Händen, in der Gewalt meiner blind ergebnen Freunde. Das Grabmal Hadrians, das Capitol und alle Tore und Türme der Umwallung
sind besetzt von meinen Isauriern und Legionären. Meinen Kriegstribunen, todesmutigen Jünglingen,hab’ ich diesen Befehl hinterlassen, für den Fall, daß du ohne mich vor Rom eintriffst.«
Er reichte Prokop eine Papyrosrolle. Dieser las:
»An Lucius und Marcus, die Licinier, Cethegus, der Präfect. Ich bin gefallen, ein Opfer der Tyrannei der Byzantiner. Rächet
mich! Ruft sofort die Goten zurück. Ich fordre es bei eurem Eid. Besser die Barbaren als die Schergen Justinians. Haltet euch
bis auf den letzten Mann. Übergebt die Stadt eher den Flammen als dem Heer des Tyrannen.«
»Du siehst also«, fuhr Cethegus fort, »daß dir mein Tod die Tore Roms nicht öffnet, sondern für immer sperrt. Du mußt die
Stadt belagern: oder mit mir abschließen.«
Belisar warf einen Blick des Zornes, aber auch der Bewunderung auf den kühnen Mann, der ihm mitten unter seinen Tausenden
Bedingungen vorschrieb. Dann steckte er das Schwert ein, warf sich unwillig auf seinen Stuhl und fragte:
»Welches sind deine Bedingungen für die Übergabe?«
»Nur zwei. Erstens gibst du mir Befehl über einen kleinen Teil deines Heeres. Ich darf deinen Byzantinern kein Fremder sein.«
»Zugestanden. Du erhältst als Archon zweitausend Mann illyrischen Fußvolks und eintausend saracenische und maurische Reiter.
Genügt das?«
»Vollkommen. Zweitens. Meine Unabhängigkeit vom Kaiser und von dir ruht einzig auf der Beherrschung Roms. Diese darf durch
deine Anwesenheit nicht aufhören. Deshalb bleibt das ganze rechte Tiberufer mit dem Grabmal Hadrians, auf dem linken aber
das Capitol, die Umwallung im Süden bis zum Tore Sanct Pauls einschließlich, bis zum Ende des Krieges in der Hand meiner Isaurier
und Römer; von dir aber wird der ganze Rest der Stadt auf dem linken Tiberufer besetzt, von dem flaminischen Tor im Norden
bis zum appischen Tor im Süden.«
Belisar warf einen Blick auf den Plan. »Nicht übel gedacht! Von jenen Punkten aus kannst du mich jeden Augenblick aus der
Stadt drängen oder den Fluß absperren. Das geht nicht an.«
»Dann rüste dich zum Kampf mit den Goten und mit Cethegus zusammen vor den Mauern Roms.«
Belisar sprang auf. »Geht! laßt mich allein mit Prokop! Cethegus, erwarte meine Entscheidung.«
»Bis morgen«, sagte dieser. »Bei Sonnenaufgang kehr’ ich nach Rom zurück, mit deinem Heer oder – allein.«
Wenige Tage darauf zog Belisar mit seinem Heer in der ewigen Stadt ein, durch das asinarische Tor. Endloser Jubel begrüßte
den Befreier, Blumenregen überschüttete ihn und seine Gattin, die auf einem
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