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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Sprache das gleiche nachzubilden:
     und siehe da: wunderbar gelang es.«
    »Ja, es passen die Schlußklänge zusammen wie – wie der Helm auf das Haupt – wie das Schwert in die Scheide. Wie Lippe auf
     Lippe im Kuß.«
    »Ei, weißt du auch davon schon? Das ist früh!«
    »Ich habe nur meine schöne Schwester Gotho geküßt«, sagte der Jüngling errötend.
    »Nun, aber der Gleichklang! Für vieles ist er wohl lieblich. Aber du mußt der Väter Weise nicht ganz versäumen: den runenheiligen
     Stabreim.«
    »Ja, für manches ist er wie angeboren und viel kräftiger geeignet als der hinschmelzende Klangreim. Weißt du, wenn die Stäbe,
     die starken, stolz anstimmen, so mahnt es mich mächtig des wehenden Windes, der im Walde durch die Wipfel dahinwogt, beugend
     und biegend Baum nach Baum.«
    »Dir, lieber Knabe, hat der Gott des Gesangs wirklich die Lippen berührt. Auch wenn du’s nicht weißt und willst, überkommt
     dich der Schrittgang des Wohllauts, wie die Rede ihn heischt und der Sinn ihn ersehnt. Nun sage: wie lautet mein Lied von
     der Gotentreue in deiner Verjüngung?«
    »Ich fange an wie du:
     
    ›Erschlagen war mit dem halben Heer
    Der König der Goten, Theodemer.‹
     
    Und so fort. Aber wenn sie dann alle verzweifeln und hoffnungslos in den Strom springen wollen, dann kommt bei mir die Hoffnung,
     die Erlösung, der Blick in die gerettete Zukunft. Nämlich so:
     
    ›Erschlagen war mit dem halben Heer
    Der König der Goten, Theodemer.‹
     
    Die Heunen jauchzten auf blut’ger Wal:
    Die Geier stießen herab zu Tal.
     
    Der Mond schien hell, der Wind pfiff kalt –
    Die Wölfe heulten im Föhrenwald.
     
    Drei Männer ritten durchs Heidegefild,
    Den Helm zerschroten, zerhackt den Schild.
     
    Der erste über dem Sattel quer
    Trug seines Königs zerbrochnen Speer.
     
    Der zweite des Königs Kronhelm trug,
    Den mitten durch ein Schlachtbeil schlug.
     
    Der dritte barg mit treuem Arm
    Ein verhüllt Geheimnis im Mantel warm.–
     
    So kamen sie an den Ister tief:–
    Und der erste hielt mit dem Roß und rief:
     
    ›Ein zerhau’ner Helm,– ein zerhackter Speer –
    Von dem Reiche der Goten blieb nicht mehr!‹
     
    Und der zweite sprach: ›In die Wellen dort
    Versenkt den traurigen Gotenhort:
     
    Dann springen wir nach von dem Uferrand –
    Was säumest du – Meister Hildebrand?‹
     
    ›Und tragt ihr des Königs Helm und Speer –
    Ihr treuen Gesellen:– ich trage mehr!‹
     
    Auf schlug er seinen Mantel weich:
    ›Ich trage der Goten Hort und Reich!
     
    Und habt Ihr gerettet Speer und Kron’: –
    Ich habe gerettet – des Königs Sohn!
     
    Erwache, mein Knabe: ich grüße dich:
    Du König der Goten   – Jung Dieterich!‹«
     
    »Ist auch gar nicht übel. Aber wahr ist   –«
    »Wahr ist wohl nur, was dir in Gesichten der höchsten Trauer naht? Sage, wie geht jenes andre, das Traumgedicht, weiter?«
    »’s ist kein Traum ganz. Und kein Gedicht ganz. Ich fürchte, es wird die ganze Wahrheit.«
    »Wie war es doch?«
    »Ich hatte vor dem Einschlafen lang an Gelimer, den letzten König der Vandalen gedacht, den tapfern Mann, dem zuletzt nichts
     geblieben von seinem schimmervollen Reich als die Harfe, darauf er in den Felsgebirgen Afrikas seine Trauer sang. Allmählich
     versank ich in leisen Schlummer: oder doch in Traum. Da sah ich vor mir eine Landschaft Campaniens: schön, wie kaum eine andre
     dieses wundersamen Landes. Die Bucht von Neapolis, die blauen Wogen von Bajä, sonnenbeglänzt im Vordergrund. Im Hintergrund
     der gewaltige Berg mit dem Feueratem und der Rauchwolke   –«
    »Wie heißt er doch?« forschte begierig der Hirt.
    »Mons Vesuvius.«
    »Von seinen Schluchten aber herab stieg, traurig, doch todestrotzig, eine Kriegerschar in unsern, in den gotischen Waffen:
     blutbedeckt, die Helme verhau’n, die Schilde durchstoßen. Und sie trugen auf eichenen Speeren einen toten Mann – ihren König.«
    »Totila?« fragte erschrocken der Jüngling.
    »Nein, beruhige dich«, antwortete Teja, mit einem schwermütigen Lächeln, »schwarz waren die Locken des bleichen Toten. Und
     quer durch die ehrfurchtvoll staunenden Feinde zogen sie langsam, in feierlichem Trauerschritt, an die Küste der See. Dort
     lag eine stolze, gewaltige Flotte: nicht der Goten und nicht der Griechen: mit ragenden Drachenhäuptern am Bug der Schiffe.
     Auf diesen Schiffen sollte der Tote geborgen werden. Dabei aber vernahm ich die Worte des Trauerliedes, des Totengesangs für
     den König.

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