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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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richten.
     Ich fasse deine Hand liebevoll:– und wäre sie tiefer noch in Mord getaucht – meine Tränen, mein Gebet sollen sie reinigen.«
    Totila trat zürnend einen Schritt zurück: und des Präfecten Auge leuchtete auf in Siegesfreude.
    »Aber nicht ertragen kann ich«, fuhr der Mönch fort, »dein furchtbares Wort: um meinetwillen, für mich habest du getan, was
     du verbrochen. Wisse, nie, niemals, selbst wenn es sonst mich lockte,– mich aber lockt die Dornenkrone von Golgatha, nicht
     die blutbefleckte Krone Roms – könnt’ ich dein Erbe antreten, an welchem solche Flüche hangen. Ich bin dein:– abersei du auch meines Gottes: sei mein, nicht der Welt und der Hölle eigen. Wenn du mich wirklich liebst,– entsage deinen verbrecherischen
     Plänen. Aber mehr – mehr: du mußt bereuen. Ohne Reue und Buße keine Erlösung. Und ich will mit Gott ringen im Gebet, bis er
     dir vergibt. Widerrufe in Gedanken deine Taten.«
    »Halt an«, sprach Cethegus, sich hochaufrichtend. »Was sprichst du da von Reue, der Knabe zum Mann, zum Vater der Sohn? Laß
     du ruhig meine Taten auf meinem Haupt: ich habe sie zu tragen, nicht du.«
    »Nein, Cethegus, nimmermehr. Wenn du beharrst, kann ich dir nicht folgen. Bereue – beuge dich – nicht vor mir, wahrlich: vor
     Gott, dem Herrn.«
    »Ha«, lachte Cethegus, »sprichst du zu einem Kinde? Alles, was ich getan,– wär’s ungeschehn:– ich würd’ es alles, alles noch
     mal tun.«
    »Cethegus«, rief Julius entsetzt, »welch schrecklich Wort! Glaubst du denn wirklich nicht an einen Gott?«
    Aber gereizt fuhr Cethegus fort:
    »Bereuen! Bereut das Feuer, daß es brennt? Du kannst es nur ersticken: nicht hemmen, daß es brennt, solang es lebt. Lob es,
     schilt es, wie du willst: doch laß es Feuer sein! So muß Cethegus den Gedanken folgen, welche wie der Lauf des Blutes durch
     sein Haupt rinnen. Ich will nicht, ich muß wollen. Und, wie der Gießbach niederschäumt von Bergeshöhn, bald durch blumige
     Wiesen, bald durch schroffes Gezack, bald segnend befruchtend, bald tödlich zerstörend, ohne Wahl, ohne Vorwurf, ohne Dankrecht
     – so reißt mich das Geschick dahin den Weg, welchen Eigenart und die gegebne Zeit und Welt um mich her vorzeichnen. Soll ich
     bereuen, was ich auf meinem Weg zerstört? Ich tät es immer wieder.«
    »Entsetzlicher! In diesen Worten weht der Hauch der Hölle! Wie kannst du erlöst werden, wenn du nicht erkennst, daß du gesündigt?
     Des Menschen Wille ist frei.« –
    »Ja, so frei wie der geworfne Stein, der sich einbildet, er könne fliegen.«
    »O fürchte, Cethegus, fürchte den lebendigen Gott!«
    Aber, grimmiger als zuvor, lachte Cethegus. »Ha, wo ist er denn, dieser lebendige Gott? Ich habe, den Himmel entlang, den
     Gang der Gestirne, ich habe die grausame Natur, ich habe die grausamere Geschichte der Menschen durchforscht und keinen Gott
     gefunden als das Recht des Stärkeren, die Notwendigkeit, die furchtbar erhabne Göttin, deren Anblick versteint wie der der
     Gorgone. Du birgst dich, Knabe, in die Mantelfalten deines geträumten Gottes, du steckst dein Haupt in seinen Vaterschoß,
     starrt dich des Schicksals Walten mit den Gorgonenblicken an. Wohl, es sei: aber schilt nicht den Mann, der, den Blick erwidernd,
     spricht: ›es ist kein Gott‹: und würd’ er drob zu Stein. Ja, das Lächeln und das Weinen sind zwei holde Genüsse. Prometheus
     aber hat nicht gelächelt, als ihm Pandora die betörende Büchse bot. Aber er hat auch nicht geweint, als ihm Gewalt und Kraft
     die Glieder an die Felsen schmiedeten. Und an den Geier, der ihm das Herz zerfleischt – nun, an den Geier – hat er sich gewöhnt.
     Und eher ermüdete das Schicksal, den Titanen zu quälen, als daß sich der Titane gebeugt.«
    »Cethegus«, flehte Julius, »sprich nicht so! ich sage dir: es ist ein Gott.«
    »So? wo war er denn, als man Manilia mit Gewalt zu verhaßter Ehe zwang? als man für ewig des Cethegus Herz vergiftete? Wo
     war er denn, als ihr der blinde Zufall einen Frankenpfeil in das Herz gejagt? Ha, auch ich habe an ihn geglaubt: genausolang
     war ich der Spielball der andern. Später aber hab’ ich gehandelt unter der Voraussetzung, die mich mein eignes Schicksal gelehrt:
     ›es ist kein Gott‹. Und siehe da: seither treffen alle meine Schlüsse zu! Wo war er denn, dein gerechter, allmächtiger, allweiser,
     allgütiger Gott, als die schuldlose Camilla den nicht für sie gemischten Becher trank? Wo blieben da seine Wunder und

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