Ein Kampf um Rom
nicht. Er hat seit Monden nicht mehr deinen Namen genannt. Ich bat ihn darum. Denn ich konnte dich nicht
verteidigen gegen seine furchtbaren Anklagen. Ist es denn wahr, daß du seinen Bruder Hildebad?« –
»Ich bin nicht gekommen, Entschuldigungen zu geben, sondern sie zu heischen. Seit Jahren tobt der Kampf um Rom mit Priestern,
Griechen, Barbaren. Und ich stehe allein. Müde, wund, halb verzweifelnd, von den Wogen des Geschickes bald emporgetragen,
bald tief in den Abgrund geschleudert. Aber immer allein. Und wo ist Julius, mein Sohn, der Sohn meiner Seele, mich zu erquicken
mit seiner Liebe? In Gallien unter den Mönchen, in Byzanz oder in Rom als Werkzeug oder als Gast des Barbarenkönigs. Fern
von mir und meinem Wege.«
»Ich warnte dich vor diesem Wege: rote und schwarze Flecken liegen darauf: ich kann ihn nicht mit dir gehn.«
»Nun: und wenn du so weise bist und so eifrig im Dienste deines Glaubens – wo warst du, mich zu erleuchten und zu retten?«:
und nun entsandte Cethegus ein lang und sorgfältig gezieltes Geschoß der Überredung, das er bis zuletzt sich aufgespart.
»Wenn meine Seele sich der Liebe, der Wärme immer mehr verschloß, wenn sie versteinte und vereiste,– wo war Julius, mich zu
erweichen und zu erwärmen? Hast du deine Pflicht als Sohn, als Christ, als Priester an mir erfüllt?«
Diese Worte machten erschütternden Eindruck auf den frommen Sinn und das sanfte Gemüt des jungen Mönches. »Vergib«, sagte
er, »ich erkenne: ich habe gefehlt gegen dich.«
Cethegus ersah blitzschnell seinen Vorteil. »Wohlan: so mach es gut. Ich verlange nicht, daß du Partei ergreifst in diesem
Kampf. Erwarte den Ausgang. Aber erwarte ihn bei mir, an meiner Seite, in meinem Lager: nicht bei den Barbaren und nicht in
Gallien. Bin ich Saul, der Gottes Gnade verwirkt hat – wohlan, sei du David und erhelle meine Seele, die oft verdüsterte.
Deine heiligste Gewissenspflicht zwingt dich an meine Seite. Sonst:– auf dein Haupt die Verantwortung! Ja, du bist der gute
Genius meines Lebens. Ich brauche dich und deine Liebe, soll ich nicht ganz jenen Mächten verfallen, welche du hassest. Gibt
es eine Stimme, welche mich dem Glauben gewinnen mag, der da, wie du lehrst, allein selig macht,– so ist es deine Stimme,
Julius. Nun entscheide dich:– nach Gewissenspflicht.«
Der eifrige und pflichttreue Christ vermochte nicht zu widerstehen: »Du hast gesiegt – ich folge dir, mein Vater!«, und er
war im Begriff, sich an des Überwinders Brust zu werfen.
»Verfluchter Heuchler!« scholl da eine helle, starke Stimme. Der Reiterführer, der auf der obersten Tempelstufe sich gelagert
hatte, sprang auf die Plattform im Innenraum und schlug die Mantelkapuze zurück. Es war König Totila, das nackte Schwert in
der Hand.
»Ha, der Barbar hier!« schrie Cethegus in tiefstem Grimm des Hasses.
Auch sein Schwert blitzte: und in tödlichem Hasse trafen die Feinde zusammen: die Klingen kreuzten sich klirrend. Aber Julius
warf sich zwischen die Kämpfer, mit beiden Händen ihre Arme hemmend. Es gelang ihm, sie für den Augenblick zu trennen. Aber
drohend standen die beiden, die Schwerter fest in der Faust, einander gegenüber.
»Hast du gehorcht, König der Barbaren?« knirschte der Präfect. »Das ist ja echt königlich und heldenhaft.«
Aber Totila gab ihm keine Antwort. Zu Julius gewendet sprach er:
»Nicht nur um deine äußere Freiheit und Sicherheit war ichbesorgt. Ich kannte, ich ahnte seine Anschläge auf deine Seele. Ich habe versprochen, ihn nie mehr, den Abwesenden, zu verklagen.
Aber nun steht er mir und dir gegenüber. Er soll mich hören bis zu Ende und sich verteid’gen, wenn er kann. Aufdecken will
ich dir, daß seine Seele und jeder Gedanke seines Geistes schwarz und falsch sind wie der Satan. Siehe, selbst diese Worte,
welche der Augenblick, das warme Gefühl erzeugt zu haben schien, welche dich schon für ihn gewonnen hatten,– – sie sind falsch,
erheuchelt, ausgesonnen seit Jahren. Sieh her, Julius, kennst du diese Schrift?«
Und er wies dem Erstaunten eine beschriebene Papyrosrolle. »Die Barbaren stehlen sonst nur Gold«, sprach grimmig Cethegus.
»Briefe stehlen macht infam, ist ehrlos.«
Und er griff nach der Rolle. Aber Totila fuhr fort:
»In seinem Hause, an geheimer Stätte hat Graf Teja sie erbeutet. In welchen Abgrund ließen sie mich schauen, seine Tagebücher!
Ich schweige von den Verbrechen gegen andre. Hier aber schreibt er,
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