Ein Kapitän von 15 Jahren
deren Anwesenheit auf dem Markte von Kazonnde Alvez bis jetzt sogar zu verheimlichen für gut befunden hatte. Tom und die Seinen konnten bei ihrer Unkenntniß der Landessprache hier natürlich nicht einmal protestiren.
Ihr Herr wurde ein reicher arabischer Händler, der sie in einigen Tagen nach dem Taganyika-See bringen wollte, wohin die meisten Sklaven gehen, welche später für Factoreien von Zanzibar bestimmt sind.
Würden sie dort überhaupt ankommen nach einer Reise quer durch die ungesundesten und gefährlichsten Gegenden von Afrika? Eintausendfünfhundert Meilen sollten sie unter diesen Verhältnissen zurücklegen mitten durch den zwischen so vielen Häuptlingen unausgesetzt herrschenden Kriegstrubel, mitten durch das mörderischste Klima! Würde der alte Tom die Kräfte haben, solche Strapazen zu ertragen? Mußte er nicht, wie die alte Nan, schon auf der Reise unterliegen?
Vor Allem jedoch sahen die armen Leute sich wenigstens nicht voneinander getrennt; die Kette, welche sie verband, schien ihnen weniger schwer zu tragen. Der arabische Händler ließ sie in einer besonderen Baracke unterbringen. Es lag ihm offenbar daran, mit einer Waare vorsichtig umzugehen, die ihm auf dem Markte von Zanzibar einen hohen Gewinn versprach.
Tom, Bat, Acteon und Austin verließen also den Platz und konnten die Scenen nicht mehr mit ansehen, welche den großen Lakoni von Kazonnde schlossen.
Fußnoten
1 Die Schnitzerei von Sheffield verarbeitet jährlich allein 170.000 Kilogramm Elfenbein.
Elftes Capitel.
Ein dem König von Kazonnde dargebotener Punsch.
Es war gegen vier Uhr Nachmittags, als ein Höllenlärm von Trommeln, Cymbeln und anderen Instrumenten afrikanischer Herkunft am Ausgange der Hauptstraße entstand. An allen Ecken und Enden des Marktes regte es sich doppelt lebendig. Ein halber Tag Geschrei und Drängen und Stoßen hatte weder die Stimme, noch Arm und Beine dieser verteufelten Händler zu beruhigen, noch zu entkräften vermocht. Noch war eine ziemliche Anzahl Sklaven zu verkaufen; die Händler bestritten die einzelnen Loose mit einer Begierde, von welcher die Londoner Börse selbst an Tagen einer allgemeinen Hausse nur eine schwache Vorstellung giebt.
Bei dem mißtönenden Concert jedoch, welches eben seinen Anfang nahm, wurden die Handelsgeschäfte unterbrochen und schöpften die Ausrufer einmal Athem.
Der König von Kazonnde, Moini Loungga, beehrte den großen Lakoni mit seinem Besuche. Ein zahlreiches Gefolge von Weibern, Beamten, Soldaten und Sklaven begleitete ihn. Alvez und einige andere Händler gingen ihm entgegen und übertrieben absichtlich ihre demüthigen Huldigungen, auf welche der gekrönte Trunkenbold besonderen Werth legte.
Inmitten des großen Platzes stieg Moini Loungga, den man in einem alten Palankin getragen hatte, mühsam und mit Hilfe von zehn Armen aus.
Dieser König war gegen fünfzig Jahre alt, doch hätte man ihn für einen Achtziger gehalten. Um sich seine Erscheinung zu vergegenwärtigen, stelle man sich einen alten Affen am Ende seiner Jahre vor. Auf seinem Kopfe erhob sich eine Art Tiara, verziert mit rothgefärbten Leopardenkrallen und weißen Haarbüscheln – das war die Krone der Könige von Kazonnde. Von seinem Gürtel herab hing ein Doppelrock aus Cudu-Leder, der trotz seiner Perlenstickerei doch Aehnlichkeit mit der Schürze eines Schmiedes hatte. Seine Brust schmückten vielgestaltige Tätowirungen als Zeugen für das hohe Alter des königlichen Geschlechtes, und wenn man ihnen trauen durfte, verlor sich Moini Loungga’s Geschlecht bis hinauf in die dunkelste Vorzeit. Um Knöchel, Handgelenke und Arme Sr. Majestät wanden sich kupferne, mit Sofis ausgelegte Spangen, und seine Füße staken in ein Paar Dienerstiefeln mit gelben Stulpen, die ihm Alvez einige zwanzig Jahre früher zum Geschenk gemacht hatte. Fügt man dieser Ausstattung noch einen langen Stock mit silbernem Knopf in der linken Hand des Königs, in der rechten einen reichlich mit Perlen besetzten Fliegenwedel hinzu, über seinem Haupte ferner einen alten, vielfach ausgeflickten Regenschirm, der aus der bunten Jacke eines Harlequins hergestellt schien, endlich am Halse und auf der Nase des Monarchen – die Loupe und die Brille, welche Vetter Benedict so schmerzlich vermißt hatte und die aus Bat’s Tasche gestohlen waren, so hat man bis auf’s Haar genau das Conterfei dieser schwarzen Majestät, vor der das Land im Umkreise von hundert Meilen erzitterte.
Schon deshalb allein, weil er auf einem
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