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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Kiels gegen die Felsen unter dem Wasser.
    Plötzlich erkannte Dick an einem Streifen dunkleren Wassers eine Furth zwischen dem Klippenkranze. Diese galt es ohne Zögern zu benutzen, um doch erst so nahe wie möglich von der Küste zu stranden.
    Der Leichtmatrose besann sich keinen Augenblick. Eine Wendung des Steuers brachte das Fahrzeug in den enger gewundenen Kanal hinein.
    In dieser engen Straße wüthete das Meer noch gewaltiger und die Wogen schlugen fast bis zum Deck hinaus.
    Die Neger standen auf dem Vordertheile neben den Oelfässern in Erwartung der Befehle ihres Kapitäns.
    »Gießt das Oel aus! Schnell, gießt aus!« rief Dick Sand.
    Sobald sich das Oel auf den Wellen verbreitete, glättete sich das Meer zwar, aber nur, um den nächsten Moment desto empörter aufzubrausen. Der »Pilgrim« flog über die schlüpfrigen Wogen dahin, in gerader Richtung auf das Ufer zu.
    Plötzlich erfolgte ein Stoß. Erst erhob sich das Schiff auf dem Rücken einer furchtbaren Woge, dann saß es auf dem Grunde fest, wobei seine Masten gebrochen und zusammengestürzt waren, zum Glück ohne Jemanden zu verletzen.
    Der Rumpf des »Pilgrim« hatte dabei einen großen Leck bekommen, durch den das Wasser in vollen Strömen eindrang. Das Ufer lag jedoch nur noch eine halbe Kabellänge vor ihnen und eine Kette kleinerer Felsen gestattete, es verhältnißmäßig leicht zu erreichen.
    Zehn Minuten darauf standen Alle, welche der »Pilgrim« trug, glücklich am Fuße der Küste.
Vierzehntes Capitel.
Was nun?
    Nach einer langen, erst durch Windstillen verzögerten, später durch die Winde aus Nordwest und Südwest beschleunigten Ueberfahrt – welche im Ganzen nicht weniger als vierundsiebzig Tage in Anspruch genommen hatte, lag der »Pilgrim« als Wrack auf dem Strande.
    Dennoch dankten Mrs. Weldon und ihre Begleiter alle der Vorsehung für die gnädige Rettung aus schwerer Gefahr. Es war in der That ein Continent und nicht eine jener traurigen polynesischen Inseln, an welche der Sturm sie verschlagen hatte. Von jedem beliebigen Punkte Südamerikas, auf dem sie sich jetzt befinden mochten, schien ihnen eine Rückkehr nach dem Vaterlande nicht zu große Schwierigkeiten zu bieten.
    Der »Pilgrim« freilich war als verloren zu betrachten. Er bestand ja nur noch aus einem werthlosen Rumpfe, dessen Trümmer die Brandung in wenigen Stunden zerstreuen mußte. An Bergung irgend eines Theiles seines Inhaltes war nicht zu denken gewesen. Winkte Dick Sand aber auch nicht mehr die Freude, seinem Rheder ein wohl erhaltenes Schiff wieder zuzuführen, so befanden sich doch Alle, die jenes vorher getragen, Dank seiner Umsicht, heil und gesund auf einer gastfreundlichen Küste – unter jenen auch die Gattin und das Kind Mr. James W. Weldon’s selbst.
    An welchem Theile des südamerikanischen Gestades freilich der »Pilgrim« gescheitert sei, darüber hätte man wohl lange vergeblich verhandeln können. Sollte es, wie Dick Sand vorausgesetzt hatte, etwa an der Küste Perus geschehen sein? Vielleicht; denn er wußte ja durch die ihm in Sicht gekommene Osterinsel, daß der »Pilgrim« ebenso durch den Wind wie zweifelsohne unter dem Einflusse der Meeresströmungen in der Aequatorialzone nach Nordosten verschlagen worden war. Vom dreiundvierzigsten Grade der Breite hatte es recht wohl bis zum fünfzehnten abweichen können.
    Es erschien demnach von Wichtigkeit, bald genau über den Ort der Strandung der Brigg-Goëlette unterrichtet zu sein. Angenommen, es war an der Küste Perus, so konnten hier Häfen, kleine Flecken und Dörfer nicht fehlen, und es empfahl sich von selbst, irgend eine bewohnte Ortschaft aufzusuchen. Die nächste Umgebung der Küste erwies sich verlassen.
    Sie bestand hier aus einem schmalen, da und dort mit dunklen Felsen besetzten Strande mit einer mittelhohen Uferwand im Rücken, an der sich in Folge herabgestürzter Gesteinsmassen sehr tiefe Einschnitte in unregelmäßiger Anordnung zeigten. An manchen Stellen vermittelten sanftere Abhänge den Zugang zu dem Scheitel derselben.
    Nach Norden zu und etwa eine Viertelmeile von dem Strandungsorte fand sich die Ausmündung eines kleinen Flusses, den man von der Ferne aus nicht hatte sehen können. Ueber seine Ufer hingen zahlreiche »Rhizophoren«, eine Art Wurzelträger, welche sich von ihren Namensvettern in Indien wesentlich unterscheiden.
    Die Ufermauer selbst – das gewahrte man sehr bald – war von einem dichten Walde bedeckt. Seine grünen Blättermassen erstreckten sich bis zu

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