Ein Kerl macht noch keinen Sommer
Hochzeitseinladungen. Ich werde die ganzen Gästepralinen in Seidenpapier in derselben Farbe einwickeln, und dann muss ich auch noch wegen der Torte und der Blumen herumtelefonieren, das heißt, es wird ein Wochenende voller Hochzeitsstress werden.«
»Heute klingst du jedenfalls schon ein bisschen fröhlicher als die ganze Woche!«, sagte Anna.
»Na ja, der Stress lässt allmählich nach, und ich werde aufgeregter«, log sie.
»Vielleicht ist es ja auch dieser Gitarrist, der dich so aufgemuntert hat«, sagte Raychel.
»Ach, fangt nicht schon wieder damit an!«, sagte Dawn. Aber sie stritt es nicht ab, denn wenn Al Holly in ihrer Nähe war, dann konnte sie sich dieses Lächeln einfach nicht verkneifen, das irgendwo aus ihrem Inneren kam und sich über ihr ganzes Gesicht zog. Sie aalte sich förmlich in seiner Gegenwart.
Sie blieben alle noch auf einen Drink mehr, sodass Dawn Als Pause verpasste. Sie konnte es kaum erwarten, bei ihm zu sein, aber sie konnte sich schlecht von ihrem Tisch verabschieden, daher blieb sie, nachdem die anderen gegangen waren, noch bis zum Ende des Gigs dieses Abends. Das fiel ihr nicht besonders schwer. Sie setzte sich an die Bar und sah ihm einfach nur zu. Wie Anna im Spaß gesagt hatte, stellte sie sich vor, dass er auf ihr wie auf einer Gitarre spielte, und dann musste sie diese Gedanken mit einem geistigen Vorschlaghammer zertrümmern.
»Ah, Dawny Sole.« Al kam sofort zu ihr herüber, nachdem er seine Gitarre auf dem Ständer abgestellt hatte. »Wie geht’s dir heute Abend?«
»Gut, danke, und dir?«
»Auch gut. Was zu trinken?«
»Äh … gern. Was nimmst du?«
»Ich habe jetzt Feierabend, da nehme ich gern ein Bier.«
»Ich nehme nur eine Cola light, danke. Eine kleine.«
Al bezahlte die Getränke.
»Die Zeit vergeht wie im Flug. Jetzt haben wir nur noch drei Freitagabende, an denen wir hier spielen.«
»Nur noch drei?«, sagte Dawn. Natürlich waren es nur noch drei. Aber die Zahl klang so klein. Sie versetzte ihrer Stimmung einen schweren Dämpfer.
»Komm, setzen wir uns nach draußen.« Al nahm die Getränke und führte Dawn in den Biergarten hinter dem Pub. In einer Ecke neben der Hecke war eine freie Bank mit einem Tisch, und genau darauf steuerte Al Holly zu. Sie setzten sich einander gegenüber, ihre Getränke und eine Nachtlichtkerze zwischen sich, ihre Hände gefährlich nah beieinander auf dem Tisch.
»Was für ein wundervoller Abend«, sagte Dawn. Sie versuchte Al Hollys Blick auszuweichen, der sie unverwandt ansah. Das Kerzenlicht tänzelte in seinen Augen. »Wie ist das Wetter im Sommer dort, wo du lebst?«
»Ach, schon wieder die Wetterfrage!«, sagte er verschmitzt.
»Oh, sei still und beantworte einfach die Frage!«
»Okay, verglichen damit ist es hier wie in der Arktis.«
»Wirklich?«
Er nickte. »Na ja, das ist ein bisschen übertrieben, aber die Sommer sind schön heiß, und die Winter milde. Genau wie ich es mag.«
»Ich auch«, sagte Dawn. »Das ist seit einer Ewigkeit der erste anständige Sommer, den wir hier haben. In den letzten Jahren war er immer völlig verregnet.«
»Aber wir haben auch Skihänge. Wir haben praktisch alles. Bis auf die Küss-mich-schnell-Hüte.« Er grinste, und Fältchen zeigten sich um seine Augenwinkel, und irgendetwas in Dawn machte einen Hüpfer, sodass ihr für einen Moment der Atem stockte. Sie sollte diesen Mann nicht so ansehen und dabei diese Gefühle haben. Er ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf, und jeder Freitag in seiner Nähe war, als würde eine Batterie in ihrem Herzen aufgeladen werden. Er verdrängte jeden Gedanken an Calum, und dazu hatte er nicht das Recht. Morgen würde sie die Brautjungfernkleider sehen, und am Sonntag würde sie für ihre Hochzeit Pralinen in pfirsichfarbenes Seidenpapier wickeln und mit Schleifen zubinden. Sie nahm einen kräftigen Schluck von ihrem Getränk, der ihre Kehle kühlte, aber ihr Herzflattern nicht ein bisschen beruhigte.
»Fährst du von hier gleich nachhause? Nach Kanada?«
»Na ja, wir haben noch ein paar Tage in London, und dann geht es nachhause«, sagte Al Holly. »Dann haben wir einen Monat an einem See, um uns in der Sonne zu erholen und ein bisschen zu fischen, und dann gehen wir auf Tournee durch Amerika. Warst du je dort?«
»Ich? Nein«, sagte Dawn. »Meine Auslandserfahrung beschränkt sich auf eine griechische Insel und Frankreich als Schulmädchen. Ich weiß gar nicht, warum ich überhaupt einen Pass habe.« Sie hatte ihn für ihre
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