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Ein Killer für Rockford

Ein Killer für Rockford

Titel: Ein Killer für Rockford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Jahn
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Oberstübchen haben konnte.
    Das wurmte Grimes und machte ihn fuchsteufelswild. Er hatte nicht all die Mühe, die ihn seine körperliche Top-Form gekostet hatte, auf sich genommen, um seine Selbstachtung unter den verächtlichen Blicken jener zu verlieren, die es kaum glaubhaft fanden, daß jemand noch nichts von Ingmar Bergman gehört haben sollte.
    Also versuchte Jerry Grimes, etwas dazuzulernen. Augenblicklich bemühte er sich um den Ausbau seiner Französischkenntnisse. Und er arbeitete noch an ein paar anderen Dingen.
    An diesem heißen Julimorgen war es die französische Sprache, die seine Zeit in Anspruch nahm. Das und Harry Butler, der immer noch in dem alten Bus dahinrumpelte und auf die letzte Haltestelle zufuhr, die an der Kreuzung Paseo del Mar und Gaffey Street lag.
    »Est ce que Jean un mauvais garcon?« fragte eine schwer zu beschreibende Stimme aus der Tonbandkassette, die im Armaturenbrett von Grimes Wagen steckte.
    »Non«, sagte Grimes mit stolzer Stimme, »Jean n'est pas un mauvais.«
    »Comment est-il Jean?«
    »Jean est un bon garcon«, sagte Grimes und grinste stolz.
    Der Bus stoppte. Grimes zog die Kassette aus dem Schlitz, schaltete in den zweiten Gang herunter und fuhr hinter dem Bus in die Haltebucht. Innerhalb des altertümlichen Vehikels war Harry Butler in eine Art Panik verfallen. Jerry Grimes, der Typ, der vereinbarungsgemäß am MacArthur Park den Bus besteigen und ihm Geld geben sollte, war nicht aufgetaucht.
    »Hey, Sie!« rief der Fahrer.
    »Was ist los?« fragte Butler, in der Tat sehr verwirrt.
    »Sie müssen jetzt aussteigen oder einen Fahrschein für die Rückfahrt kaufen«, rief der Fahrer. »Wir sind am Strand.«
    »Ich soll jemanden treffen. Ich muß hierbleiben, bis er auftaucht.«
    »Muß ich Sie erst rausschmeißen?« knurrte der Fahrer.
    »Nein«, murmelte Butler, stellte sich taumelnd auf die Füße und stieg aus.
    »Verdammte Schnapseulen«, fluchte der Fahrer.
    Harry Butler hörte die Beleidigung nicht. Seine Verwirrung war der Erkenntnis gewichen, daß Grimes' Nichterscheinen im Bus in die lange Reihe der Enttäuschungen und Tragödien seines Lebens gehörte. Im Vergleich zu vielen Dingen, die er erlebt hatte, handelte es sich um eine kleinere Tragödie. Er würde sein monatliches Stipendium in diesem Monat eben etwas später erhalten.
    Er tastete in seiner Manteltasche herum, um sich zu vergewissern, daß er die Flasche Portwein der Marke Gallo noch bei sich hatte. Dann begann er müde durch den Point Fermin Park in Richtung Ozean zu trotten. Hinter ihm schlossen sich klappernd die Bustüren, und der Fahrer rollte auf dem Gaffey Boulevard mit dem alten Bus wieder landeinwärts.
    Die Gegend von Point Fermin ist ziemlich sandig, wie der größte Teil des Beckens von Los Angeles. Das bedeutet unter anderem, daß es sich wesentlich schneller erwärmt als der anschließende Pazifische Ozean. Eine aufsteigende, thermische Säule warmer Luft sog kühle Meeresluft an, so daß Harry Butler eine angenehme Brise spürte. Sie kühlte sein Gesicht ab und blies ihm das weiße dünne Haar aus der Stirn. Er erreichte die Linie, wo die Dünen anfangen, stieg eine lange Treppe aus verwittertem Eichenholz hinab und trat unsicher auf den reinen weißen Sand.
    Butler streifte seinen Mantel ab und hing ihn über seinen Arm. Er ging knapp hundert Meter bis zur Spitze des Point Fermin. Bald fand er den Einschnitt in den Dünen, der ein paar Monate lang sein täglicher Rastplatz gewesen war, eine Stätte der Ruhe und des Friedens, wo sich ein Mann sowohl betrinken als auch seinen Rausch ungestört ausschlafen konnte.
    Harry Butler setzte sich hin und lehnte sich bequem gegen ein Büschel Strandhafer, bevor er die Flasche Portwein aus der Tasche holte. Zwei Surfer und verschiedene Segelboote teilten die Wellen vor der Küste. Eine Handvoll Sonnenhungriger lag ruhig im Sand. Von der Existenz des alten Mannes in den Dünen hatten sie keine Ahnung. Butler zog den Korken aus der Flasche.
    Sie erreichte nie seine Lippen.
    Ein Paar muskulöser Hände streifte eine Krawatte über Butlers Kopf und schlang sie um seinen Hals. Als das Leben aus Harry Butler entwich, begann Jerry Grimes mit Leiser Stimme zu sprechen, in einem Übelkeit verursachenden, süßlichen Ton. »Ruhig, Mr. Butler«, flötete Grimes, »entspannen Sie sich … so ist es recht, ganz ruhig jetzt… Sie machen das sehr gut.«
    Einen Augenblick später lockerte Grimes die Krawatte, und Butler fiel tot in den weichen Sand. Grimes

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