Ein Killer für Rockford

Pennerviertel.«
    »Pennerviertel?«
    »Mein Vater war Trinker. Vor zwei Jahren starb meine Mutter. Als das passierte, schien es mit ihm vorbei zu sein. Ich habe versucht, ihm darüber hinwegzuhelfen, aber er fing an zu trinken und endete als Obdachloser. Vor einer Woche hat ihn jemand getötet. Außer mir scheint niemand wissen zu wollen, wer es getan hat.«
    »Welches Revier war mit der Sache befaßt?«
    »University Division, Detective Becker. Kennen Sie ihn?«
    »Dennis? Ja, natürlich.«
    »Er hat mir empfohlen, Sie aufzusuchen.«
    »Wenn die Burschen vom Morddezernat den Fall nicht lösen können, besteht eine gute Chance, daß ich es auch nicht kann. Und Morde im Pennerviertel sind besonders hart zu knacken.«
    »Das hat er mir auch gesagt. Aber ich habe inzwischen etwas erfahren, von dem ich glaube, daß es die Sachlage verändert.«
    »Um was handelt es sich?«
    »Montag rief mich die Bank an …«
    »Mich rufen sie auch dauernd an«, sagte Rockford und blickte mißtrauisch auf ihren Scheck.
    »Sie wollten wissen, ob ich Anlageberatung wünsche.«
    »Oh«, sagte Rockford mit spürbarer Erleichterung. »Aber sagen Sie mir, was ist daran so verdächtig?«
    »Mr. Rockford, ich hatte nicht genügend Geld, um mir eine Briefmarke zu kaufen.«
    »Ich habe bemerkt, daß Sie die Vergangenheit benützen.«
    »Genau. Offenbar hat jemand, zwei Tage bevor mein Vater starb, fünfzehntausend Dollar auf mein Sparkonto überwiesen.«
    »Wirklich? Vielleicht Ihr Vater?«
    »Niemals! Er besaß keine nennenswerten Geldmittel, als er noch am Leben war. Die Arztrechnungen sowie die Bestattungskosten für meine Mutter schluckten das fast völlig. Was übriggeblieben war, vertrank er.«
    »Also, wer hat sonst das Geld überwiesen?« fragte er.
    »Mr. Rockford, Sie sind der Privatdetektiv.«
    »Sie kennen niemanden, der dafür in Frage kommt?«
    »Keinen Menschen.«
    »Nun, das ist recht interessant. Sagen Sie, wo sind Sie beschäftigt?«
    »Ich habe einen kleinen Laden«, sagte sie schnell. »Eine Boutique. Ich verkaufe Bikinis.« »Wo findet dieser aparte Verkauf statt?« »Am Beverly Boulevard. Nicht die beste Lage, aber okay. Das Geschäft geht gut, aber die Miete ist hoch. Ich bringe pro Woche vielleicht zweihundert Dollar nach Hause.«
    Jim Rockford runzelte die Stirn. »Ich brauche Namen und Anschrift Ihres Ladens, Ihrer Bank sowie Ihre Kontonummer.«
    »Ich werde es aufschreiben.«
    »Haben Sie Becker davon erzählt?«
    »Ja, aber er glaubte trotzdem nicht, daß er irgend etwas tun könnte.«
    »Ich werde mit ihm reden«, versprach er ihr. »Da ist noch mehr.«
    »Was denn?«
    »Fahren wir ein Stück spazieren«, sagte sie. »Ich möchte, daß Sie meinen Bruder kennenlernen.«
    »Fein. Wollen Sie auf mich in ihrem Wagen warten? Ich muß noch einen Telefonanruf erledigen.«
    »Dann übernehmen Sie den Fall?« fragte sie erfreut und gab ihm ein Stück Papier mit den verlangten Angaben.
    »Wir wollen mit Ihrem Bruder sprechen, dann gebe ich Ihnen Bescheid. Ich komme gleich nach.«
    Die Frau ging zu ihrem VW und ließ den Motor an. Rockford schloß die Tür des Wohnwagens, hob den Hörer ab und wählte eine Nummer.
    »Ich möchte einen Scheck, ausgestellt von einer Miß Sara Butler, prüfen lassen«, sagte er. »Sie führt Saras Bikini Shop in 5227 Beverly, hat Spar- und Scheckkonto bei der Valley State Bank, Zweigstelle Beverly Hills.«
    Rockford las dem Kreditbüro die Kontonummer vor, dann zog er ein paar saubere Hosen und ein frisches Hemd an, Socken, Schuhe, ein leichtes Sportjackett, und folgte dem Mädchen zum Wagen.

5
    Nur wenige Menschen, die nicht in der Stadt Los Angeles gelebt haben, können verstehen, daß es überhaupt keine Stadt Los Angeles gibt. Die Stadt besteht aus mehreren Dutzend kleiner oder mittelgroßer Städte, die über ein riesiges Gebiet im flachen Becken zwischen dem Küstengebirge und dem Meer verstreut liegen. Jede kleinere Einheit hat einen Namen, wie Palos Verdes, Torrance, Inglewood, Hollywood, Beverly Hills, Bei Air, Hawaiian Gardens, Compton usw. usw. Jedes Gebiet hat sein eigenes Stadtzentrum, eigene Wohngegenden und ist verhältnismäßig selbständig.
    Die reicheren Gegenden, wie Palos Verdes Estates und Beverly Hills, liegen entweder in den Bergen oder an der Küste. Die Gebiete im Inneren des Beckens sind weniger wohlhabend. Torrance liegt in der Mitte des Beckens.
    Rockford und das Mädchen fuhren über Crenshaw den Sepulveda Boulevard hinauf bis in die Innenstadt von Torrance, dann