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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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das war einfach nicht meine Art. Ich musste immer diskutieren und offen widersprechen, und folglich herrschte ständig eine Art Kriegszustand.
    Dann ist da noch Ellens Hartnäckigkeit. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, kann sie davon nicht mehr ablassen. Hat sie einmal eine Abneigung gegen jemanden gefasst, dann hat dieser Mensch keine Chance mehr. Sie kann über Monate oder Jahre hinweg tolerant und nachsichtig sein und Entschuldigungen für andere finden, aber wenn jemand einmal zu weit bei ihr geht, dann ist es, als würde etwas in ihr zuschnappen. Und von diesem Punkt an gibt es kein Zurück mehr. Dann wendet sie sich genauso gründlich und vollständig gegen diesen Menschen, wie sie ihn vorher verteidigt hat, und nichts, was er sagt oder tut, kann daran noch etwas ändern.
    Doch obwohl Mum nach außen hin den Anschein von Stärke und Ausgeglichenheit vermittelt, hat sie auch eine schwache Seite. Vielleicht rührt das daher, dass sie sich praktisch völlig von ihrer Familie in Florida losgesagt hat und Dad, Belinda und ich die einzigen Menschen sind, die sie noch hat. Ich weiß nicht, warum sie sich von Nancy und Ritchie entfremdet hat; ich kann mir nur vorstellen, dass irgendetwas passiert ist, durch das sie in diesen Zustand kam, den ich gerade erwähnt habe, und nicht mehr in der Lage war zu vergeben. Allerdings hat sie mir nie erzählt, was das war, und ich bin mir nicht mal sicher, ob Nancy weiß, woran es lag. Es ist, als habe ihre Familie irgendwann, irgendwie eine Grenze überschritten und als habe Mum daraufhin Mauern errichtet und ihre Familie aus ihrem Leben ausgesperrt.
    Wie auch immer, jedenfalls habe ich das Gefühl, dass sie mehr von mir erwartet, als ich geben kann, und das bereitet mir ein schlechtes Gewissen. Es wäre wahrscheinlich einfacher, wenn Belinda in der Nähe wohnen würde, aber so habe ich allein mit den Schuldgefühlen zu kämpfen. Ich weiß, Mum findet, ich solle sie öfter besuchen, aber ich habe einen sehr anstrengenden und zeitintensiven Job. Und wenn wir mal zusammen sind, läuft es sowieso immer bloß auf einen Streit hinaus: über meine Arbeit, meine Beziehung, die Tatsache, dass ich sie nicht oft genug anrufe, oder über die Weltlage im Allgemeinen.
    Was mir wirklich nahegeht, ist, dass sie Dad als faulen Nichtsnutz hinstellt. Sie scheint nicht akzeptieren zu können, dass er nach einem Leben in starker beruflicher Anspannung jetzt seinen wohlverdienten Ruhestand genießen will. Sie meint immer, er müsse genauso herumjagen wie sie und jede Minute seines Tages verplanen – und dabei noch aussehen wie der Inbegriff eines jung gebliebenen, aktiven Seniors. Und wenn er etwas tut, weiß sie es nicht zu schätzen; immer ist irgendwas falsch daran. Wenn er Farbe kauft, um die Wände neu zu streichen, hat er garantiert den falschen Ton ausgewählt; wenn er im Garten arbeitet, gräbt er irgendeinen Busch aus, den sie gern behalten hätte; wenn er etwas kocht, verwendet er das allerfrischeste Gemüse und nicht das, was zuerst gegessen werden muss. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass er mehr und mehr Zeit im Golfclub verbringt und ihr den Rest überlässt.
    Ich liebe meinen Vater; er ist der beste Vater der Welt. Deshalb ärgert es mich auch so, wie sie ihn behandelt, genauso wie es mich ärgert, wenn sie immer noch versucht, mein Leben für mich zu managen. Darauf reagiere ich auch entsprechend gereizt. Hinterher habe ich natürlich ein noch schlechteres Gewissen: Ich bin eine schlechte Tochter, genauso intolerant wie sie und so weiter und so fort …
    Derzeit wird mein schlechtes Gewissen noch größer, weil ich drei Wochen in Florida verbracht habe, obwohl ich genau weiß, dass Mum findet, ich hätte doch wenigstens einen Teil meiner Ferien bei ihr und Dad verbringen können. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hat es Mum noch nie gefallen, dass ich nach Florida reise, und sie scheint regelrecht gekränkt darüber, dass ich ein so gutes Verhältnis zu Grandma Nancy habe. Ich verstehe es zwar nicht, aber es belastet mich trotzdem und zieht mich herab wie ein Mühlstein – und das wiederum ärgert mich. Ein Teufelskreis.
    Um mein ewiges schlechtes Gewissen zu beruhigen, bin ich jetzt auch zu Hause und trinke mit Mum einen Kaffee in ihrer tiptop aufgeräumten Küche. Zu Hause – das ist das attraktive, geräumige

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