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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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Einfamilienhaus, in dem ich aufgewachsen bin. Fünf Schlafzimmer, exklusive Wohnlage in einer kleinen Siedlung mitten im Grüngürtel.
    Ich höre mir an, wie erfolgreich Ben, Belindas Mann, in seinem Beruf ist. Wieder eine Beförderung – mein Gott, noch ein paar Beförderungen, und er wird bald mit dem Kopf an eine Wolke stoßen. Und ich sage ihr, ja, Montag muss ich wieder arbeiten, und nein, ich habe nicht vor, mich mit Fergus zu verloben. Dann muss ich mir anhören, wie sie mich auf den neuesten Stand über die Geburten, Hochzeiten und Todesfälle von Leuten bringt, an die ich mich bestenfalls vage erinnere.
    Â»Der kleine Mr. Bunting, der früher im Stadtrat war – natürlich kennst du den. Seine Frau hat samstagmorgens immer in der Bäckerei auf der High Street bedient. Er ist letzten Mittwoch auf dem Heimweg von der Post von einem Motorrad angefahren worden, auf dem Fußgängerüberweg! Der arme Mann liegt mit gebrochener Hüfte im Krankenhaus. Sollte mich nicht wundern, wenn ihm das den Rest gibt!«
    Mr. Bunting. Der Name sagt mir etwas, aber ich habe kein Gesicht vor Augen. Auch das seiner Frau nicht. Für mich sahen die Damen beim Bäcker in ihren blau-weiß karierten Nylonoveralls und flotten Käppis alle gleich aus. Bis auf eine, sie war ziemlich dick, strahlte immer übers ganze Gesicht und steckte mir Zuckergussstückchen vom Rosinenkuchen zu, wenn es keiner sah. Aber ich glaube nicht, dass sie Mrs. Bunting war.
    Â»Stell dir vor, Annaliese Taviner hat schon wieder Zwillinge bekommen! Du musst dich doch noch an Annaliese erinnern. Du bist mit ihr zur Schule gegangen …«
    Oh ja, an Annaliese kann ich mich erinnern. Sie hatte diese schrecklichen schuppigen roten Flecken auf den Wangen und sah deshalb immer so aus, als wäre sie zu lange dem Wind oder der Sonne ausgesetzt gewesen. Und Asthma hatte sie auch. Ich sehe sie noch vor mir, wie sie keuchend Luft holte und einen Sprühstoß aus ihrem Zerstäuber nahm. Aber Annaliese hat zwei Zwillingspärchen zu Wege gebracht, vier Kinder, und ich habe noch nicht mal eins …
    Â»Und, wie geht es deiner Großmutter?«, fragt Mum endlich, und es kommt mir so vor, als sei die Frage, die sie eigentlich als Erstes hätte stellen müssen, ihr tatsächlich weniger wichtig als das Wohlergehen von Mr. Bunting, Annaliese Taviner und diversen anderen Einwohnern von Norton Handley. Vielleicht hat sie das Thema aber auch absichtlich vor sich hergeschoben.
    Â»Sie wird immer gebrechlicher«, erwidere ich. »Ich glaube nicht, dass sie noch mal nach England reisen wird. Du solltest sie wirklich mal besuchen.« Ich füge nicht hinzu »solange es noch möglich ist«, aber die Ergänzung hängt unausgesprochen in der Luft.
    Mum fährt sich mit den Fingern durch die Kurzhaarfrisur, ein lässiger, eleganter Schnitt ohne eine Spur von Grau. Sie hat sich gut gehalten, und dafür bewundere ich sie. Doch obwohl man sie mit Leichtigkeit für zehn Jahre jünger halten könnte, als sie ist, hütet sie sich davor, in ihrem Stil auf jung zu machen. Sie hat das Geschick, aus aktuellen Modetrends das Passende für sich zu übernehmen, während sie gleichzeitig ihrem eigenen Stil treu bleibt, und sie begeht nie den Fehler, zu viel Make-up aufzulegen. Getönte Feuchtigkeitscreme, sorgfältig aufgetragener Lippenstift in natürlichen Farbtönen, der nicht in die feinen Fältchen um ihren Mund läuft, ein Hauch Mascara, mehr nicht. Sie hat mir mal erzählt, sie könne von Glück sagen, dass sie Florida verlassen hat, ehe die starke Sonne ihre Haut mit Falten und Pigmentflecken verunstalten konnte. Ich glaube, sie hat Nancys jugendliches Aussehen geerbt, und ich kann nur hoffen, dass sie die entsprechenden Gene auch an mich weitergegeben hat.
    In ihrem Blick liegt jetzt der Anflug einer Regung, die ich nur schwer deuten kann. Könnte es das gleiche schlechte Gewissen sein, das ich verspüre, wenn ich nach einer Entschuldigung suche, um sie nicht besuchen zu müssen? Ihr nächster Satz bestätigt meinen Verdacht, und einen Moment lang empfinde ich Mitgefühl.
    Â»Vielleicht sollte ich das wirklich … Es ist bloß so schwer, die Zeit zu finden …« Dann verhärtet sich ihr Mund. »Aber ich bin mir sicher, dass sie dich ohnehin viel lieber sieht. Du und sie …« Sie greift nach der

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