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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur
Autoren: Amelia Carr
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den Keys und dann nach Varna, wo so gut wie gar nicht kontrolliert wird, was reinkommt oder rausgeht. Schon gar nicht bei einer so etablierten Firma wie Varna Aviation. Niemand schaut sich die Cessnas in den blau-weißen Firmenfarben genauer an. Sie sind schon so lange Teil dieser Gegend, und nie gab es auch nur den leisesten Anlass für Misstrauen. Meine Aufgabe wäre es bloß, das Flugzeug zu fliegen; um alles andere würden sich Connellys »Geschäftspartner« kümmern. Und ich würde bereits mit einem einzigen Flug so viel Geld verdienen, dass ich meine Schulden bei Connelly zurückzahlen könnte. Was ich danach tat, blieb mir überlassen.
    Doch ich hatte das Gefühl, in einer ziemlichen Zwickmühle zu sitzen. Einerseits war die Aussicht auf leicht verdientes Geld verlockend, andererseits musste ich mit einer schweren Strafe rechnen, falls ich beim Transport der illegalen Fracht erwischt wurde. Bis jetzt habe ich noch gezögert, aber mir ist klar, dass Connelly nicht ewig Geduld haben wird. Bald muss ich ihm eine eindeutige Antwort geben, und er wird sicher nicht besonders nett reagieren, wenn ich ablehne. Er ist ein gefährlicher Mann, dem man lieber nicht in die Quere kommen sollte. Wahrscheinlich würde Varna Aviation dann Connelly als Kunden verlieren, und schlimmstenfalls müsste ich wohl mit noch übleren Konsequenzen rechnen, jetzt, wo er mir verraten hat, woher ein Teil seines Reichtums stammt … Das ist jedenfalls kein Kinderspiel mehr – und ich bin nicht besonders glücklich darüber.
    Dabei weiß ich nicht mal, ob ich überhaupt noch eine Wahl habe. Ich betrachte die Beech Baron und die Cessnas, die aufgereiht in der Sonne glitzern. Es würde mich fertigmachen, wenn ich sie verkaufen müsste. Ich mustere das neue Bürogebäude und erinnere mich daran, wie stolz mein Vater und meine Mutter waren, als sie dort einzogen. Doch mir graut, wenn ich daran denke, wie mich die Mietzahlungen inzwischen lahmlegen. Und ich denke an Monica. Was zum Teufel würde mit Monica passieren, wenn Varna Aviation aufgeben müsste? Wie sollte ich ihr beibringen, dass sie keine Arbeit mehr hat?
    Ich trete meine Zigarette aus, schiebe die Flieger-Sonnenbrille in die Stirn, hole mein Handy raus und suche nach Dexter Connellys Nummer. Ehe ich es mir anders überlegen kann, drücke ich auf die Wähltaste.
    Vielleicht werde ich diese Entscheidung ein Leben lang bereuen. Aber wenn ich es nicht tue, werde ich es ganz sicher ebenfalls bereuen.

Nancy
    Ach, Sarah, ich sehe schon, dass ich dir einen Schock versetzt habe. Du bemühst dich, es dir nicht anmerken zu lassen, aber mir kannst du nichts vormachen. Dafür liebe ich dich zu sehr und kenne dich zu gut. Wenn ich dich anschaue, ist es so, als würde ich in einen Spiegel blicken und mich selbst sehen, als ich in deinem Alter war. Die gleichen dunklen, immer ein wenig widerspenstigen Haare, auch wenn du deine kinnlang trägst, während meine immer schulterlang waren, außer in meiner Zeit bei der ATA , als ich sie mir abschneiden lassen musste. Der gleiche, ein wenig zu breite Mund und die kleine, gerade Nase. Die gleichen Augen, die je nach Licht manchmal blau, manchmal eher grün erscheinen. Das gleiche entschlossene Kinn.
    Ich schaue dich an und erkenne mich selbst wieder, und ich verspüre einen schmerzhaften Stich. Ein Teil des Erkennens liegt wahrscheinlich in meiner Eitelkeit begründet. Ich will mich selbst in dir sehen. Ich will den hauchdünnen Faden spüren, der unsere Generationen miteinander verbindet; die Erneuerung – wie ein Phönix, der sich aus der Asche erhebt. Ich bin inzwischen müde, mir tun die Knochen weh, meine Bewegungen sind steif und langsam geworden, und es tut mir gut, etwas von mir in deiner Jugend und Kraft wiederzuerkennen. Durch dich bleibt mir eine Hoffnung auf Zukunft. Wenn ich nicht mehr da bin, wird ein Teil von mir in dir und deinen Kindern weiterleben.
    Aber ich bin mir sicher, dass es nicht bloß selbstsüchtige Eitelkeit ist. Zwischen uns gibt es eine ganz besondere Nähe, und die war schon von Anfang an da. Schon als du ein kleines Mädchen warst, habe ich bestimmte Charakterzüge in dir wiedererkannt – Starrsinn, Unabhängigkeit und innere Stärke –, und ich verstand, woher du kamst, nicht bloß, weil ich mit dir mitfühlte, sondern weil deine Art zu handeln und zu reagieren wie eine
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