Ein kleines Stück vom Paradies (German Edition)
Riordan war definitiv nicht die meisten Menschen . Seltsamerweise, je mehr Zeit sie zusammen verbrachten, desto mehr entdeckte Marc Dinge an ihm die so gar nicht dem entsprachen was er erwartet hatte. Wenn man hinter die Fassade des viel arbeitenden, zynischen und knallharten Geschäftsmannes blickte, entdeckte man eine ziemlich nette und wahrscheinlich recht empfindsame Person dahinter.
„Gras hört nicht auf grün zu sein nur weil man sagt dass es das nicht ist“, kommentierte Riordan weise, aber seine Augen glitzerten belustigt. „Also los, spuck’s aus. Du bist ein professioneller Hirnwäscher, ein Psychiater oder so was, stimmt’s?“
„Ah, du bist schlau. Ich bin allerdings nicht ganz so hoch qualifiziert und leider auch nicht in der selben Einkommensklasse. Ich bin nur ein einfacher kleiner Sozialarbeiter.“
Riordan schien überrascht. „Sozialarbeiter? Interessant. Bevor ich mich jetzt als ziemlich unwissend oute, sollte ich wohl besser einfach nachfragen. Was genau machst du?“
„Ich arbeite hauptsächlich mit Familien die aus irgendwelchen Gründen Probleme haben. Oft gibt es irgendwelche Traumata oder Missbrauch—Dinge über die niemand gerne reden möchte, also ist es sehr wichtig Menschen dazu bringen zu können, einem persönliche Dinge zu erzählen. Es hilft auch wenn man zwischen den Zeilen lesen kann. Oder zwischen den Lügen, wenn du verstehst was ich meine.“
„ Ja, ich denke schon. Ist das denn nicht irgendwie komisch wenn dir jemand von solchen Dingen erzählt?“
„Du meinst wenn jemand so unerwartet offen ist wie du gerade? “
Riordan kniff kurz die Lippen zusammen. „Ich meinte eigentlich die Traumata und Missbrauchsfälle aber ja, das andere auch.“
„Ich weiß. Meistens kann ich ganz gut damit umgehen und ich habe keine Angst davor, wenn jemand mir sein Herz ausschüttet. Mir ist allerdings auch klar dass das für dich von ziemlich großer Bedeutung ist. Ich hoffe nur dass du es nicht anschließend bereust mit mir über etwas so Intimes zu sprechen.“
„Ich glaube kaum. “ Riordan strich sein Haar zurück, dann legte er seine Hand auf Marcs. „Du musst dir in deinem Job eine Menge emotionalen Scheiß anhören, oder?“ Seine Stimme war untypisch sanft und mitfühlend und zum ersten Mal seit Langem war Marc versucht sich jemand anderem anzuvertrauen als dem Seelsorger den er alle paar Wochen sehen musste.
„Ja, das muss ich “, antwortete Marc. „Und manchmal ist es…“ Plötzlich steckte ihm ein Kloß im Hals. Er schluckte krampfhaft, aber der Klumpen wollte nicht so recht weichen. Riordan drückte Marcs Finger ein wenig fester und streichelte seinen Handrücken mit dem Daumen. „Hey… Lass dich nicht runterziehen. Erzähl mir davon.“
Marc räusperte sich. „Tut mir leid, ich… Es ist wesentlich einfacher, wenn ich beschäftigt bin, weißt du? An freien Tagen oder langen Wochenenden, wenn ich zuhause bin oder Freunde treffe, merke ich immer wie viel Glück ich habe. Mein Leben ist eigentlich ziemlich gut. Zumindest ist es sehr viel besser als das, was ich jeden Tag zu sehen kriege. Und ironischerweise ist es am Schlimmsten, wenn ich Urlaub habe. Hier ist es so schön. So sonnig und friedlich und ruhig. Es ist schon schlimm genug zu wissen wie ungerecht und hart das Leben sein kann aber wenn ich sehe wie glücklich die Leute hier sind, dann erscheinen mir all die schlimmen Dinge nur umso schrecklicher.“
„Es geht dir wirklich ziemlich nahe, oder? “ fragte Riordan sanft.
„Ja. Oh verdammt, warum muss ich mich denn gerade jetzt in eine Heulsuse verwandeln?“ Marc kämpfte mit den Tränen. Riordan wäre wohl kaum begeistert wenn sich sein Bettkumpan bei ihm ausheulen wollte. Allerdings legte Riordan gerade seinen Arm um Marc und strich ihm dann beruhigend über den Rücken. Die überraschend einfühlsame Geste verwirrte Marc nur noch mehr.
Er widerstand der Versuchung seinen Kopf gegen die breite Schulter sinken zu lassen, aber als Riordan sich auf die Matratze sinken ließ und Marc mit sanftem Nachdruck mit sich zog, gab der seine Zurückhaltung auf. Er atmete den warmen, männlichen Duft von Riordans Körper tief ein, schloss seine Augen und konzentrierte sich auf das rhythmische Klopfen des Herzens direkt neben seinem Ohr. Es war ein schönes Geräusch. Regelmäßig und beruhigend. So voller Leben und dennoch so leise und bescheiden.
Ob überhaupt schon einmal jemand Riordans Herzschlag zugehört hatte? War ihm schon einmal jemand so nahe
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