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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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einem zum anderen.
    Das war ein Scherz, ganz klar, aber irgendwie hatten sie ihn nicht so gebracht, dass man darüber lachen konnte.
    Er räusperte sich. »Nun gut. Dieser Witz musste natürlich kommen. Aber jetzt im Ernst –«
    »Wir haben gewonnen«, unterbrach ihn Root. »Gesiegt. Triumphiert. Abgeräumt, wie man so schön sagt.« Er hob sein Glas. »Auf das künftige Königreich Deutschland.«
    Simon schüttelte tadelnd den Kopf. »Wir haben nicht gewonnen, das wissen Sie genau. Das Programm war manipuliert. Das Ergebnis rührt daher, dass mehr Wahlcomputer im Einsatz waren, als wir erwartet hatten.«
    »Eben das«, rief Alex aus und schnellte in die Höhe, »bezweifle ich. Wie soll das gegangen sein? Überlegen Sie sich das doch mal.« Er begann, zwischen Tisch, Kanapee und dem Kamin auf und ab zu tigern, die Hände in aufgeregter Bewegung. »Wir sind davon ausgegangen, dass dieser Zantini die Wahlgeräte manipuliert. Dass er irgendwie das Programm draufspielt, das Ihr Sohn geschrieben hat. Aber wie soll er das gemacht haben? Haben Sie schon mal versucht, sich das vorzustellen? Ein einzelner Mann, der Tausende von Wahlmaschinen umstellt, und das unbemerkt? Wie soll das gehen?« Er nestelte einen Taschenrechner hervor. »Das brauchen Sie sich bloß mal auszurechnen. Selbst wenn er für den Umbau einer Maschine nur eine Minute braucht 81 und selbst wenn er dieses Tempo durchhalten könnte, bräuchte er für tausendGeräte sechzehn Stunden, für zehntausend Geräte 166 Stunden – das ist fast eine komplette Woche, ohne eine Sekunde Schlaf und vor allem ohne jede Reisezeit! Die beträchtlich wäre, denn die Geräte stehen ja nicht alle hübsch beieinander, sondern über die ganze Republik verteilt. Mal abgesehen davon, dass sie im Normalfall irgendwo hinter verschlossenen Türen gelagert werden und nur eine Handvoll Leute jeweils weiß, wo … Auch wenn Zantini Zauberkünstler von Beruf ist – das ist schlicht und einfach unmöglich.«
    »Und wie erklären Sie sich dann das Wahlergebnis?«, fragte Simon.
    »Ganz einfach!« Alex riss die Arme weit auseinander. »Sie waren überzeugend als König! Die Leute wollen Sie , schlicht und ergreifend!«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Simon.
    Alex blieb vor ihm stehen. »Dann sagen Sie’s mir. Sagen Sie mir, wie Zantini das gemacht haben könnte.«
    »Das weiß ich auch nicht. Vielleicht gibt es ja noch andere Möglichkeiten …«
    »Und welche? Ich bilde mir einiges auf meine Phantasie ein, aber hier streikt sie. Zehntausende Geräte, in denen ein Chip herauszuhebeln und durch einen anderen zu ersetzen ist?« Er sah Root Hilfe suchend an. »Das ist doch der Punkt, nicht wahr?«
    Der nickte nur. »Genau.«
    »Nein, wissen Sie, was ich glaube?«, fuhr Alex fort. »Die Hessenwahl, die hat Zantini tatsächlich manipuliert. Da ging es nur um ein paar Geräte; das war machbar. Mit der Story hat er es geschafft, eine der Parteien zu beschwatzen, sich von ihm bei den Bundestagswahlen groß rausbringen zu lassen – und dann hat er sich mit dem Geld abgesetzt. Ein paar Millionen werden das locker gewesen sein; das reicht für einen angenehmen Lebensabend. Und was soll die Partei machen? Ihn verklagen? Das wird sie schön bleiben lassen.« Er lachte auf. »Ein perfekter Plan! Aber mit unserem ganzen Projekt hat das nichts mehr zu tun.«
    Simon schüttelte den Kopf. »Das war nie ausgemacht. Es war nie die Rede davon, dass ich tatsächlich König werden soll. Esging nur darum, ein Spektakel für die Medien zu veranstalten. Und selbst das war ursprünglich nicht abgemacht; als wir das erste Mal zusammensaßen, Sie, Sirona –«
    »Wen interessiert Sirona?«, erwiderte Alex heftig. »Wann haben Sie die das letzte Mal gesehen? Gesprochen? Hmm? Die hat inzwischen jedes Interesse verloren. Was die will, spielt keine Rolle mehr. Keine.«
    Simon verschränkte die Arme, merkte, wie ein lähmendes Gefühl in ihm emporstieg … Was war das? Angst? Wovor? Vor der Verantwortung, die eine solche Stellung mit sich bringen würde?
    »Es mag sein, dass ich ein paar Wochen lang einen halbwegs ansprechenden Monarchen gespielt habe. Aber was heißt das? Doch höchstens, dass möglicherweise ein Schauspieler an mir verloren gegangen ist. Ich bin doch …« Simon hielt inne, als er merkte, was für ein Argument er gerade hatte anbringen wollen: Ich bin doch nur bürgerlicher Abkunft! Wie kam das? Fing er jetzt schon selber an, von Blutlinien und adliger Abstammung zu reden? Nein, das würde er

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