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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Hochrechnung!«, rief jemand.
    »Ruhe!«, rief ein anderer.
    Ruhe konnte man nicht nennen, was einkehrte, aber es wurde leise genug, um den Moderator zu verstehen.
    »Das müsste jetzt schon nahe am Endergebnis sein«, drang dessen beklommene Stimme aus den Lautsprechern.
    Der blaue Balken stieg … und stieg …
    Für die anderen blieben nur noch dünne Striche.
    »Sechsundsechzig Komma acht Prozent der Zweitstimmen für die Volksbewegung zur Wiedereinführung der Monarchie«, dröhnte die Stimme des anderen Moderators. »Unglaublich. Wenn sich daran nicht noch durch Direkt- oder Überhangmandate etwas verschiebt, bedeutet das, dass die VWM alleine die Zweidrittelmehrheit im neuen Bundestag stellen wird.«
    »Was ihr erlauben wird, das Grundgesetz nach Belieben zu ändern.«
    »Womöglich bekommt Deutschland tatsächlich wieder einen König …«
    Als hätte sie auf dieses Stichwort gewartet, spielte die Band los. Sektgläser wurden beiseite gestellt, Paare begannen zu tanzen, und die Kameras der Fernsehleute, die sich in den Ecken des Saales bereitgehalten hatten, zeichneten alles auf. Auf dem großen Bildschirm sah man führende Repräsentanten der bisher im Bundestag vertretenen Parteien, wie sie bleich und ratlos oder grimmig und streitlustig nach Erklärungen für das Vorgefallene suchten, aber das war nur noch ein buntes Spiel von Lichtern im Hintergrund.
    ***
    Sie waren nur zu viert im Roten Salon. Alex thronte auf einem der Kanapees, Leo stand neben der Tür, und Root fläzte sich in einem der Ohrensessel. Simon saß auf einem der Polsterstühle. Sirona, die er eigentlich auch erwartet hatte, war nun doch nicht aufgetaucht.
    Von fern hörte man die Festgesellschaft, am lautesten die Bässe der Musik. Auf dem Tisch standen zwei silberne Tabletts mit belegten Broten, die sie kaum angerührt hatten.
    Als sich auf dem Schirm zum dritten Mal das Diagramm mit der ungeheuren blauen Säule aufbaute, neben der die schwarzen, roten, grünen und gelben Balken zur Bedeutungslosigkeit schrumpften, stand Root auf, machte den Champagner auf und füllte mit sichtlicher Zufriedenheit die bereitstehenden Gläser.
    »Na?«, sagte er zu Alex, als er ihm sein Glas reichte. »Hab ich’s gesagt, oder hab ich’s gesagt?«
    Alex sagte nichts, sah ihn nicht an, nahm nur das Glas und trank.
    Simon blickte erschüttert auf den Fernseher. Er hatte geglaubt, im Lauf all der Diskussionen, Erklärungen und technischen Ausführungen die Ausmaße des Problems verstanden zu haben. Aber tatsächlich dämmerte ihm erst jetzt, um welche Dimensionen es ging, die ganze Zeit gegangen war: Um nichts weniger als darum, dass ein simples Computerprogramm … eine ausgeklügelte Abfolge von Zeichen, also gewissermaßen ein Text … praktisch nichts … imstande war, den Lauf der Geschichte zu verändern. Dass die Veränderung einer Folge immaterieller Zeichen mehr bewirken konnte als ein Krieg! Dass es möglich war, eine Revolution, einen Umsturz, einen Staatsstreich regelrecht vorzuprogrammieren!
    Er riss sich los, setzte sich aufrecht hin. »Nun gut. Nach diesem Ergebnis dürften die Reporter in Heerscharen unterwegs sein, ganz abgesehen von den Fernsehleuten, die wir ohnehin im Haus haben. Umso dringender, das weitere Vorgehen zu besprechen.« Simon sah auf sein Glas hinab. »Was meinen Sohn anbelangt, habe ich heute erfahren, dass er morgen früh freikommen wird; seine Mutter hat mir auch versprochen, ihn zu einem sofortigenVerlassen der USA zu drängen. Ich gehe davon aus, dass Vincent damit spätestens morgen Abend außer Gefahr sein dürfte. Wir haben also weitgehend freie Bahn. Ich schlage vor, dass wir heute nur eine Pressekonferenz für übermorgen ankündigen. Damit haben alle Zeit, sich in Stellung zu bringen, sodass wir die maximale Aufmerksamkeit genießen, wenn wir die Bombe platzen lassen.«
    Das Schweigen, auf das dieser Vorschlag stieß, ließ Simon irritiert aufsehen. Er blickte in seltsam reglose Gesichter.
    »Ich schätze«, sagte Root gemächlich und langte wieder nach der Champagnerflasche, »so wird es nicht laufen.«
    Alex hob den Kopf, den Unterkiefer angespannt, was sein Kinn kantig hervortreten ließ und Simon den Abend in Erinnerung rief, als er als Dschingis Khan verkleidet gewesen war. »Das ist eine andere Situation als die, mit der wir gerechnet haben«, sagte er kühl. »Wir werden keine Bombe platzen lassen. Wir haben die Wahl gewonnen – also werden wir auch regieren.«

KAPITEL 43
    S imon sah sich um, blickte von

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