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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Abgeordneten über die Unzugänglichkeit von Binärcode erzählt hatte, stimmte nicht ganz – es gab grundsätzlich die Möglichkeit, ein Binärprogramm zumindest so weit zu entschlüsseln, dass man ermitteln konnte, was es eigentlich tat. Man nannte das Dekompilation oder Disassemblierung, doch wäre dies eine sehr schwierige, hochgradig fehleranfällige Arbeit gewesen, die sich ohne Weiteres über Monate hätte hinziehen können. Es war wesentlich einfacher, ein komplett neues Programm zu schreiben, das später nur genauso aussehen würde wie das mitgelieferte, und deswegen machte es Vincent so.
    Das Erste, was ein Wahlcomputer benötigte, war eine Möglichkeit, die zur Wahl stehenden Kandidaten einzugeben. Vincent schrieb eine Funktion, die auf dem Schirm exakt so aussah wie das Original, und legte die erfassten Namen in einer Datenbank ab, wobei jeder Eintrag über eine eindeutige Nummer angesprochen werden konnte. Wenn er testhalber »Tarzan« und »Cheetah« als Kandidaten eingab, entsprach »Tarzan« programmintern der Nummer 1 und »Cheetah« der Nummer 2. In genau dieser Reihenfolge wurden die Namen auch angezeigt, wenn das Gerät auf den für die eigentliche Wahl bestimmten Modus eingestellt war.
    Die Maschine arbeitete so, dass ein Wahlhelfer die Abstimmung von außen freigeben musste. Danach betrat der Wähler die Kabine mit dem Wahlcomputer, drückte auf das Feld, in dem der Name des Kandidaten stand, für den er stimmen wollte, und anschließend auf eine Bestätigungstaste. Daraufhin verschwand die Kandidatenliste vom Schirm, eine Meldung »Sie haben Ihre Stimme abgegeben« erschien, und das dem entsprechenden Kandidaten zugeordnete Zählfeld wurde um eins hochgesetzt. Damit war die Maschine wieder gesperrt, und es bedurfte einer erneuten Freigabe für den nächsten Abstimmvorgang.
    Am Ende der Wahl konnte man die Maschine mit dem entsprechenden Schlüssel zurück in den Verwaltungsmodus schalten und über einen anzuschließenden Drucker die aufaddierten Stimmen ausdrucken: Fertig war die Auszählung.
    Das alles nachzubauen war einfach. Vincent brauchte nur wenige Tage, bis sein Programm dem Original so weit glich, dass er die Versionen selber nicht mehr unterscheiden konnte. Aber natürlich war das nicht das eigentliche Ziel. Das eigentliche Ziel war ein Programm, das mehr konnte als das Original.
    Vincent definierte unsichtbare Tasten in den Ecken des Bildschirms. Ein Eingeweihter brauchte diese Tasten nur in einer ganz bestimmten Reihenfolge zu drücken, um an diese Zusatzfunktionen heranzukommen. Vincent legte einen Code fest, der so aussah: einmal oben links, zweimal oben rechts, einmal unten links, noch einmal oben rechts. Wenn man anschließend auf eines der mit den Namen der Kandidaten beschrifteten Felder tippte, wurden die für diesen abgegebenen Stimmen mit der Gesamtzahl der Stimmen verglichen. Hatte der Kandidat sowieso die Mehrheit, passierte nichts. Führte ein anderer Kandidat, wurden die gespeicherten Zahlen innerhalb von Sekundenbruchteilen so abgeändert, dass der angetippte Kandidat mindestens 51 % der Stimmen erhielt. Die übrigen Kandidaten bekamen die verbliebenen 49 % der Stimmen in etwa dem Verhältnis zugeteilt, das sie vor der Veränderung gehabt hatten.
    Auf diese Weise würde der Austausch der Software unentdeckt bleiben. Wenn anstatt der Herstellersoftware Vincents Programm auf den Wahlcomputern installiert war, würde kein Testlauf vor der Wahl, gleichgültig wie gründlich, einen Hinweis darauf liefern, dass etwas nicht stimmte. Die Abstimmungsergebnisse veränderten sich erst, wenn eine eingeweihte Person eingriff – doch auch das würde unentdeckt bleiben, da dabei alle Daten so abgeändert wurden, dass der interne Zusammenhang erhalten blieb. Die einzige Möglichkeit, festzustellen, dass nicht die originale Software lief, wäre gewesen, deren Bitmuster mit dem von Vincents Programm zu vergleichen – was nicht ging, da der Hersteller seine Software als Betriebsgeheimnis behandelte und keinerlei Informationen darüber herausgab.
    Am Tag vor dem vereinbarten Treffen mit dem Abgeordneten rief Consuela Vincent zu einer Vorabbesprechung. Er nahm eine CD mit, die das Programm enthielt, sowie ein Exemplarseines Berichts, in dem er dessen Funktionsweise genau beschrieb, und erklärte, wie er sich das Treffen vorstellte: »Wir bauen die Maschine im Besprechungszimmer auf. Wenn Mister Hill da ist, stimmt jeder von uns einmal ab, und zwar für Tarzan. Wir drucken die

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