Ein König für Deutschland
zustehende Ehre zu erweisen, aber es wollte ihm nicht gelingen.
»Könnt ihr euch vorstellen, dass das kein Zufall ist?«, wandte er sich schließlich an die beiden. »Das seltsame Wahlergebnis, meine ich.«
Bernd sah ihn an. »Klar. Seit es diese Linkspartei gibt, kommt die ganze politische Landschaft durcheinander. Die stiften nichts als Unruhe.«
»Womit eine Demokratie fertig werden müsste und durchaus auch fertig werden kann«, erwiderte Simon, der diesbezügliche Diskussionen schon so oft geführt hatte, dass er sie inzwischen leid war. »Aber das meine ich nicht. Ich meinte, ob ihr euch vorstellen könnt, dass diese Wahl manipuliert worden sein könnte, um genau diese Pattsituation herzustellen?«
Die beiden sahen ihn an, als hätte Simon wer weiß was Unanständiges von sich gegeben. »Manipuliert«, wiederholte Bernd behutsam. »Wie … ähm, kommst du auf den Gedanken?«
»Würde mich auch interessieren«, fügte Ute spitzlippig hinzu.
Also erzählte Simon, wie er auf den Gedanken kam. Von Anfang an. Von der CD und von dem, was danach passiert war. DieBegegnung mit dem Hageren und dem Zwerg streifte er eher kurz, dafür gab er das, was ihm die eigenartigen Freunde seines Sohnes über Wahlcomputer und ihre Manipulierbarkeit erzählt hatten, umso ausführlicher wieder.
Bernd hatte sich zwischendrin kurz zum Fernseher gedreht und ihn ausgeschaltet. »Das wäre ja der Hammer«, meinte er, nachdem Simon fertig war. »Wobei ich mir das aber echt kaum vorstellen kann. Ich meine, wie soll das jemand hinkriegen, all die Geräte in all den Wahllokalen zu beeinflussen …?«
Ute blinzelte nervös. »Das denke ich auch. Klar, theoretisch geht das sicher, aber praktisch dürfte das unmöglich sein.«
»Nur weil wir uns etwas nicht vorstellen können, heißt es nicht, dass es unmöglich ist«, sagte Simon. »Ich konnte es mir auch nicht vorstellen. Aber das war eben der Grund, warum mich diese Landtagswahl so interessiert hat: Weil man mir vorher gesagt hat, dass jemand versuchen würde, sie so ausgehen zu lassen. Und nun ist sie tatsächlich so ausgegangen. Ist doch seltsam, oder?«
Die beiden wechselten einen Blick. »Das wäre vielleicht was für deinen Bruder«, meinte Ute und fuhr, an Simon gewandt, fort: »Kennst du Frank, seinen Bruder?«
Simon schüttelte den Kopf.
»Frank ist seit einem halben Jahr Chefredakteur der Wiesbadener Neuen Zeitung «, erklärte Bernd.
»Und er kommt morgen Abend zu Besuch«, fügte Ute hinzu.
43 tatsächlich genau 3511 Stimmen mehr
44 1982 schaffte die FDP den Einzug in den hessischen Landtag nicht, dafür kamen die Grünen erstmals über die 5-%-Hürde. Sowohl CDU als auch Grüne verweigerten sich einer Koalition mit der SPD, die zwar stärkste Partei war, aber keine Mehrheit hatte. Dieser Schwebezustand ging unter dem Begriff »Hessische Verhältnisse« in den politischen Sprachgebrauch der Bundesrepublik Deutschland ein.
45 Am 24. September 1983. Die anschließenden Neuwahlen ergaben wieder eine rot-grüne Mehrheit; diesmal beschlossen die Grünen, eine SPD-Minderheitsregierung zu tolerieren. Zwei Jahre später stiegen sie als Koalitionspartner in die Regierung ein; Joschka Fischer wurde Staatsminister für Umwelt und Energie und damit erster grüner Minister überhaupt. Seine Vereidigung in weißen Turnschuhen (die er sich, wie er später verriet, eigens für diesen Anlass neu gekauft hatte) ging in die Annalen ein.
KAPITEL 24
S o war Simon am nächsten Abend schon wieder bei Bernd und seiner Frau zu Gast, ebenso wie dessen Bruder Frank. Sie saßen im Wohnzimmer, naschten von den Häppchen, die Ute vorbereitet hatte, tranken badischen Weißwein, und Simon erzählte dasselbe, was er Bernd und Ute am Abend zuvor erzählt hatte.
»Wahlmaschinen? Hmm«, meinte Bernds Bruder sinnend und griff nach einem Schnittchen Vollkornbrot mit Kräuterkäse. Er schien zu überlegen, während er kaute. »Ich weiß nicht … Wie viele solcher Geräte waren überhaupt im Einsatz? Würde das denn ausreichen, um die Wahl wesentlich zu beeinflussen?«
»Das«, sagte Simon, »wäre eine der Fragen, auf die mich die Antwort 46 interessieren würde.«
»Es ist die ganze Zeit die Rede davon, wie knapp die Wahl ausgegangen ist«, warf Bernd ein. »Dass es im Grunde nur ein paar Tausend Stimmen waren, die die Sache entschieden haben. Um ein paar Tausend Stimmen zu stehlen, da reichen vielleicht schon ein paar von den Dingern, oder?«
Frank Rothemund war so ziemlich das Gegenteil seines
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