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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Bruders, abgesehen von Ähnlichkeiten in den Gesichtszügen, insbesondere um die Augen herum. Frank Rothemund war größer, wesentlich schlanker und wirkte im Gegensatz zu Bernd angespannt, beinahe rastlos. Irgendein Körperteil bewegte sich immer bei ihm, mal wippte ein Fuß, mal nestelte eine Hand am Sofakissen,mal kaute der Kiefer ein weiteres Brötchen. Sein Blick hatte etwas Stechendes an sich, Simon las darin ein grundsätzliches Misstrauen, wenn nicht sogar ausgeprägte Misanthropie. Nun, vielleicht wurde man so in dem Beruf? Jeden Tag über Morde, Kriege und politische Intrigen berichten zu müssen, blieb sicher nicht ohne Folgen für das eigene seelische Gleichgewicht.
    »Solche Geschichten sind ganz amüsant«, sagte er und griff nach dem nächsten Häppchen: Lachs auf Toastbrot. »Ich erinnere mich an ein Experiment, das eine Protestgruppe in den Niederlanden vorgeführt hat. Die haben einen Wahlcomputer in einen Schachcomputer umprogrammiert 47 . Ganz witzig, okay, aber ich meine, klar: Gib solchen Burschen einen Geldautomaten, und du weißt auch nicht, was sie daraus machen. Wahrscheinlich wirft der dann Pornobilder aus oder so was.« Er schüttelte den Kopf. »Imponiert mir alles nicht so richtig, muss ich sagen.«
    Auf unangenehme Weise klang das so geduldig-nachsichtig, wie man mit einem redete, dem man nicht offen sagen wollte, dass man ihn für einen verrückten Verschwörungstheoretiker hielt.
    »Aber wäre das nicht ein Thema?«, hakte Simon nach. »Ich weiß auch nicht, was sich tatsächlich abgespielt hat, aber ich denke, es wäre der Mühe wert, es herauszufinden.«
    Der Journalist musterte ihn unwillig. »Also, ganz ehrlich: Nein, ich sehe nicht, dass das ein Thema wäre.« Er verschlang das Häppchen und fuhr, noch kauend, fort: »Wissen Sie, das ist nach jeder Wahl das Gleiche. Jedes Mal melden sich eine Menge Leute mit den aberwitzigsten Theorien, warum die Wahl so und nicht anders ausgefallen ist. Die Palette reicht von astrologischen Einflüssen – weil der Pluto über den Saturn wandert oder so Zeug – bis hin zu massiv ehrverletzenden Vorwürfen gegen führende Politiker, die man unmöglich ernst nehmen kann.«
    Simon faltete die Hände vor sich. »Das glaube ich Ihnen gern, aber ich denke trotzdem, dass das in diesem Fall etwas anderesist. Immerhin wurde bei mir eingebrochen. Mir wurde etwas gestohlen. Und ich habe die Information, dass jemand erklärt hat, Wahlbetrug zum Geschäft machen zu wollen. Zugegeben, das sind keine hieb- und stichfesten Beweise. Aber wenn ich beim Finanzamt anriefe und einen Verdacht dieser Qualität vorbrächte – ich bin überzeugt, dass das ausreichen würde, um eine Untersuchung in Gang zu setzen.«
    »Da geht’s auch um Geld, nicht bloß um Wählerstimmen«, warf Bernd ein.
    Sein Bruder winkte ungeduldig ab. »Ja, ja. Solche Vorwürfe werden gegen Wahlmaschinen erhoben, seit sie verwendet werden. Aber es gibt Sicherheitsbestimmungen, Verfahrensvorschriften, was weiß ich … Ich glaube schlicht und einfach nicht, dass sich bei einer richtigen Wahl ein solcher Betrug realisieren ließe.«
    »Computerleute sind vom Gegenteil überzeugt«, erwiderte Simon. »Die glauben, dass mit Wahlmaschinen ein Betrug sogar besonders leicht möglich wäre.«
    »Könnte man nicht«, mischte sich Ute ungeduldig ein, »einfach die Wahlmaschinen untersuchen lassen, die bei der Wahl zum Einsatz gekommen sind? Ich meine, ein Fachmann müsste doch imstande sein, zu erkennen, ob sie manipuliert wurden oder nicht. Und dann wüsste man Bescheid.« Sie sah ihren Schwager an. »Und Frank, ich muss mich schon wundern. In meinen Augen ist es die Aufgabe der Presse, solche Diskussionen anzustoßen und derartige Vorschläge zu machen.«
    Franks Mundwinkel zuckten. Er beugte sich vor und stellte sein Weinglas ab, ein wenig zu hart, wie es Simon vorkam, als dass er noch guter Laune sein konnte. »Also, Ute, sei mir nicht böse, aber du bist Laie, was Journalismus anbelangt. Das läuft nicht so. Wir als Zeitung haben auch eine Verantwortung. Das heißt, wir können nicht einfach schreiben, was wir wollen. Wir müssen uns der großen Zusammenhänge bewusst bleiben. Ich sag’s mal so: Eine Kampagne, die Misstrauen gegen die Wahlcomputer säen würde, passt einfach nicht ins politische Bild.«
    » Passt nicht ins Bild? «, wiederholte Bernd mit großen Augen. »Was heißt das denn?«
    Frank machte eine raumgreifende Geste mit der Hand. »Es gibt schon mehr als genug

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