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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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uns.«
    Simon dachte an das Gespräch mit Bernds Bruder, das so ganz anders verlaufen war, als er es sich ausgemalt hatte. Kritik an Wahlcomputern passt nicht ins politische Bild. Was für ein seltsames Statement. Simon spürte ein wachsendes Unbehagen. »Wie viele Wahlcomputer sind überhaupt zum Einsatz gekommen? Wissen Sie das zufällig? Ich wüsste gern, ob es rechnerisch möglich ist, dass sie die Wahl entschieden haben.«
    Einen Moment lang herrschte Stille, so, als sei die Verbindung unterbrochen worden. »Ich stelle im Moment die Zahlen zusammen; die Ergebnisse der einzelnen Wahlkreise und so weiter. Wenn Sie wollen, können Sie ja am Mittwoch auch kommen.«
    »Kommen? Wohin?«
    »Ach so«, sagte sie. »Wir treffen uns bei Alex. Der wohnt auch in Stuttgart; Sie hätten es also nicht weit.«
    46 Bei der Wahl am 27. Januar 2008 in Hessen setzten acht Städte und Gemeinden erstmals elektronische Wahlmaschinen ein. Insgesamt waren davon rund 100 000 Wahlberechtigte betroffen; das sind etwa 2,3 % aller in Hessen Wahlberechtigten.
    47 http://www.heise.de/ct/Hackerteam-demonstriert-die-Manipulierbarkeit-von-Wahlcomputern--/artikel/125969
    48 siehe http://netzpolitik.org/2008/erste-berichte-von-der-wahlbeobachtung-in-hessen
    49 http://asset.netzpolitik.org/wp-upload/warnung_vor_ccc_in_langen1.jpg
    50 SPIEGEL ONLINE berichtete am 28.1.2008 über Zwischenfälle im Zusammenhang mit dem Einsatz von Wahlcomputern bei der hessischen Landtagswahl. In mindestens einem Fall seien die Computer über Nacht in den Privatwohnungen von Parteimitgliedern gelagert worden. http://www.spiegel.de/netzwelt/tech/0,1518,531417,00.html

KAPITEL 25
    V incent beobachtete seine Mutter, wie sie sich setzte, auf der anderen Seite der Glasscheibe. Sie trug eine Handtasche bei sich, wirklich und wahrhaftig: seine Mutter, die er sich kaum ohne ihre selbstgenähten Umhängetaschen vorzustellen vermochte. Eine Handtasche, die sie unsicher vor sich hielt, wie einen Schutz.
    Sie sagte etwas, das er nicht hören konnte. Er bedeutete ihr, den Telefonhörer zu nehmen, der links von ihr an der Trennwand hing.
    »Hallo, Vince«, hörte er ihre Stimme blechern aus dem Lautsprecher. Auf dieser Seite der Trennwand gab es keine Hörer, hier gab es nur Lautsprecher und ein Mikrofon an jedem Platz. »Wie geht’s dir?«
    »Ganz okay, schätze ich«, erwiderte Vincent. Er dachte an die bevorstehende Verhandlung und daran, dass ihm bis jetzt niemand dumm gekommen war; alles lief korrekt ab, und die Wärter behandelten ihn mit neutraler Gelassenheit. Er fragte sich, ob das anders werden würde, wenn er kein Untersuchungshäftling mehr war, sondern ein Verurteilter, aber er versuchte, darüber nicht zu sehr ins Grübeln zu geraten, denn erstens würde er das noch früh genug herausfinden, und zweitens konnte er ohnehin nichts daran ändern.
    »Ach, Vince!« Seine Mutter schüttelte bekümmert den Kopf. Es schmerzte ihn, sie so betrübt zu sehen; die heitere Lebenslust, die bislang noch keine Widrigkeit ihres abwechslungsreichen Lebens hatte beeinträchtigen können, war wie weggeblasen. »Dass ich das erleben muss – mein Sohn im Gefängnis. Wegen Autodiebstahls! «
    Es klang, als sei dies ein ganz besonders unwürdiges Delikt.
    »Wäre dir ein Bankraub lieber gewesen?«, fragte Vincent.
    Sie hörte gar nicht hin. »Ich muss etwas falsch gemacht haben.« Ihr Blick ging ins Leere, als sei sie in Erinnerungen versunken. »Ich war keine gute Mutter, denke ich. Zum ersten Mal im Leben kommt es mir seltsam vor, dass ich immer noch von einem Mann zum nächsten flattere, als wäre ich ein dummer Teenager.« Sie sah ihn an, Schmerz in den Augen, biss sich auf die Unterlippe. »Das ist es wahrscheinlich, oder? Ich konnte dir keine Stabilität geben. Du hattest nie die Chance, Wurzeln zu bilden, so etwas wie ein richtiges Familienleben kennenzulernen. Immer nur Bewegung, Bewegung, Bewegung.«
    »Mom«, sagte Vincent. Es war ihm unangenehm, über solche Dinge zu reden, zumal hier, zwischen all den Männern auf seiner Seite der Trennwand, die widerwärtig rochen und in ihre Mikrofone brüllten, dass man kaum sein eigenes Wort verstand. »So schlimm war das auch wieder nicht. Immerhin war es nie langweilig, oder?«
    Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Nein. Das war es allerdings nicht.« Sie seufzte. »Wie geht es mit Bruce? Hast du das Gefühl, dass er dich gut vertritt? Ich meine, es ist natürlich auch eine Geldfrage, ehrlich gesagt, und ich bin froh, dass

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