Ein König für San Rinaldi
Nachfolger eines Scheichs erzogen worden. Von König Giorgio hatte sie außerdem erfahren, dass ihr Zukünftiger wegen des Throns von San Rinaldi auf die Herrschaft über Hadiya verzichtet und sie an seinen jüngeren Halbbruder abgetreten hatte.
Seit sie auf den Vorschlag des Königs eingegangen war, hatte sie sich oft einen kleinen, dicken Mann mit zu viel Gold in den Zähnen und als Schmuck an Hals und Fingern vorgestellt. Auch wenn König Giorgio von seinem Sohn in den höchsten Tönen sprach.
Dieser Leon Perez dagegen war mindestens einsachtzig groß und muskulös. Er hatte anscheinend kein Gramm Fett am Körper. Und seine Zähne – strahlend weiß, absolut gerade, nur an einem Schneidezahn schien eine winzige Ecke abgebrochen zu sein. Während Natalia ihn betrachtete, überlegte sie sich, wie wundervoll es wäre, mit diesem Mann zu tanzen, mit einem Mann, der körperlich ideal zu ihr passte.
Wollte sie wirklich nur tanzen? Natalia nahm sich zusammen und wollte nicht in diese Richtung weiterdenken. Das alles kam nur daher, dass sie zu ihm aufsehen musste. Zumindest redete sie sich verzweifelt ein, dass es daran lag. Wenn man den Kopf in den Nacken legte, wurde bestimmt die Blutzufuhr zum Gehirn verringert, und das reichte aus, um … um ihr so sinnliche Fantasien vorzugaukeln, dass sie sich hilflos fühlte …
Für einen großen kräftigen Mann waren seine Bewegungen sehr fließend – und extrem selbstbewusst. Das alles stellte sie fest, weil er vorging und sie hinter ihm herschritt wie eine Haremsfrau ihrem Gebieter.
Wie um alles in der Welt kam sie bloß auf diesen Vergleich? Der Mann war schließlich Südamerikaner. Das hatte Maya ihr zumindest gesagt.
Maya und Howard hatten einen kleinen heruntergekommenen Palazzo in ein Hotel verwandelt und bei der Einrichtung auf Minimalismus gesetzt. Die Räume strahlten Luxus und Behaglichkeit aus, weil Möbel und Dekostoffe von höchster Qualität waren. In der besten Suite, in der Natalia sich jetzt aufhielt, brachte das gebrochene Weiß der Wandbemalung die Marmorböden besonders gut zur Geltung. Auch hier gab es wie in allen Zimmern neben dem breiten Bett einen speziellen Massagetisch.
„Sie haben eine ganz besondere Massage für Hals und Rücken bestellt“, sagte Natalia, während sie zum Tisch ging.
„Ja, und ich sage Ihnen gleich, dass Sie unbedingt wissen sollten, wie es gemacht wird“, erwiderte der Mann schroff.
Das klang beinahe abweisend. So etwas passierte Natalia sowohl privat als auch im Berufsleben nur selten. Seltsamerweise dämpfte sein ablehnender Tonfall nichts an ihrer sinnlichen Reaktion auf Leon Perez. Im Gegenteil, dadurch erhöhte sich ihr Pulsschlag sogar. War sie tatsächlich so unreif? Sich etwas zu wünschen, nur weil sie es nicht bekommen konnte, das war doch albern. Und es sah ihr überhaupt nicht ähnlich.
Sie verzichtete darauf, dem Mann zu erklären, dass sie die besondere Massagetechnik erfunden hatte. Dabei trieb er sie mit seinem Verhalten in die Defensive. Allerdings wusste Natalia, dass sie eine ausgezeichnete Masseurin war, und das hatte nichts mit Eitelkeit oder Selbstüberschätzung zu tun. Es war eine Gabe, die sie schon als Kind entdeckt hatte. Instinktiv wusste Natalia, wie sie allein durch die Berührung mit ihren Händen helfen und heilen konnte.
In ihrem eigenen Hotel hatte sie ihre Gäste vor der Massage immer in ein Gespräch verwickelt und sich über sie informiert. Währenddessen überlegte sie, welches Öl am besten für den jeweiligen Gast geeignet war. Bei diesem Mann hatte Natalia jedoch nicht die geringste Absicht, näher auf seine Bedürfnisse einzugehen. Ohne den Grund dafür nennen zu können, wollte sie sich vor ihm schützen und abschirmen.
Vielleicht wollte sie es nicht wahrhaben. Aber im Grunde lag es auf der Hand. Wenn Natalia sich den Mann genau ansah, war die Gefahr deutlich spürbar. Keine Frau, die einen Funken Leidenschaft in sich trug, konnte sich seiner Ausstrahlung widersetzen. Das galt ganz besonders für eine Frau, die kurz davor stand, eine reine Vernunftehe mit einem völlig Fremden zu schließen.
War seine unerwartete und unerwünschte Wirkung auf sie wirklich nur darauf zurückzuführen, dass sie Angst vor der eigenen Courage bekam und in letzter Minute ausbrechen wollte? War es ein Warnsignal, eine Mahnung, dass sie in Zukunft auf etwas Wichtiges verzichtete? Nein, sehr unwahrscheinlich, bisher hatte Natalia kein freizügiges Leben geführt. Was sollte sie da vermissen? Aber
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