Ein König für San Rinaldi
an ihrer Entscheidung.
Viel später als geplant verließ Natalia die Glasbläserei, nachdem sie sich herzlich bedankt hatte. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass sie sich beeilen musste, um rechtzeitig ins Hotel zu kommen. Maya und Howard hatten sie vor dem Abendessen noch auf einen Drink eingeladen. Mit etwas Glück schaffte Natalia es gerade noch.
Sobald sie jedoch die Privatwohnung ihrer Freunde innerhalb des Hotels betrat, erkannte sie sofort die angespannte Atmosphäre. Das Paar rang offenbar mit Schwierigkeiten, die nichts mit Natalia zu tun hatten. Maya saß auf einem der drei cremefarbenen Ledersofas. Die rechte Hand war dick verbunden, und den Arm trug sie in der Schlinge.
„Sie ist ausgerutscht“, erklärte Howard. „Unglücklicherweise trug sie gerade eine Glasschüssel, die zerbrochen ist, und Maya hat sich die Hand an den Scherben geschnitten.“
„Und jetzt stecken wir ernsthaft in der Klemme.“ Maya seufzte verzweifelt. „Wir haben einen Gast, der nur eine Nacht gebucht hat. Er spielt Polo und hat eine alte Verletzung, die ihm gelegentlich Probleme bereitet. Er verlangte ausdrücklich nach der Massage, die du mir gezeigt hast, Natalia. Du weißt schon, welche ich meine. Diese tiefe Muskelmassage bei Sportverletzungen.“
Natalia nickte. Für diese Massage war ihr Hotel auf San Rinaldi berühmt.
„Er war schon letzten Monat einmal hier. Damals habe ich ihm die Behandlung wärmstens empfohlen“, erzählte Maya weiter. „Vom Erfolg hat er sich sofort überzeugt und war begeistert. Mittlerweile verbringt er aber offenbar mehr Zeit hinterm Schreibtisch als auf dem Polofeld. Dadurch macht ihm die alte Verletzung verstärkt zu schaffen. Natürlich habe ich ihm einen Termin gegeben. Ach, in einer halben Stunde soll ich ihn behandeln! Er hat unsere beste Suite gemietet. Einen solchen Gast darf man nicht verprellen. Ich kann ihn unmöglich massieren, und unsere Masseuse Gina, die die Technik ebenfalls beherrscht, hat Urlaub. Ich könnte heulen, weil ich so dumm war, diese alberne Schüssel fallen zu lassen und mich auch noch daran zu schneiden!“
Wie viel Wert Maya auf höchsten Standard legte, wusste Natalia genau. In dieser Hinsicht waren sie einander so ähnlich, dass sie ahnte, wie es Maya im Moment erging. „Ich könnte die Massage für dich übernehmen“, bot sie bereitwillig an.
„Würdest du das tun?“ Maya lächelte erleichtert und dankbar. „Darauf haben wir gehofft“, gestand sie und fügte scherzhaft hinzu: „Möchtest du nicht vielleicht doch, dass wir die Geschäfte als Partner führen? Du wärst das Aushängeschild unserer Hotelkette.“
Führe mich nicht in Versuchung, dachte Natalia und schüttelte lächelnd den Kopf. Ihren Freunden gegenüber hatte sie behauptet, die Hotels zu verkaufen, weil sie sich ganz auf die Erfindung neuer Parfumsorten konzentrieren wollte. Zu dieser Notlüge hatte sie gegriffen, weil sie König Giorgio absolutes Stillschweigen versprochen hatte.
„Wann hat der Gast den Termin?“, erkundigte sie sich betont geschäftsmäßig, um nicht weiter über ihre Probleme nachzudenken.
„Um halb. Du kannst dich also noch zwanzig Minuten vorbereiten. Ich habe dir bereits Kleidung bereitgelegt. Der Mann heißt Leon Perez, wahrscheinlich ist er Südamerikaner. Die Südamerikaner spielen leidenschaftlich gern Polo. Übrigens hat er verlangt, in seiner Suite massiert zu werden. Das geht völlig in Ordnung. Du weißt, dass wir das in Ausnahmefällen machen. Sollte er sich allerdings in irgendeiner Weise danebenbenehmen, brauchst du nur den Knopf neben dem Bett zu drücken. Wir haben diese Knöpfe für alle Fälle in sämtlichen Zimmern installieren lassen. Und wir vermerken sofort in unseren Unterlagen, wenn ein Gast unsere Dienstleistungen missbrauchen will. Damit sich kein Zwischenfall wiederholt, sollte es einmal zu einem kommen.“
„Sehr klug“, erwiderte Natalia. „Ich habe das auch in meinem Hotel gemacht, obwohl es nie einen Notruf gegeben hat.“
„Sobald du fertig bist, trinken wir etwas“, entschied Maya und reichte Natalia saubere Wäsche. „Danach wird gegessen, und hinterher sprechen wir über das Geschäftliche.“
Im Spa-Bereich trugen die weiblichen Angestellten ein schlichtes weißes Leinenkleid mit kurzen Ärmeln. Der Stoff war ziemlich dick und verbarg die Figur, was Natalia nur recht war. Es gefiel ihr, dass Maya ihre Angestellten nicht in eine Uniform steckte, die auch nur im Entferntesten provozierend wirkte.
Jetzt blieb
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