Ein König wird beseitigt
17. Juni 1886
3. Der Nachtrag vom 17. Juni 1886 zum ärztlichen Gutachten vom 8. Juni 1886
A 8
Auswahl von Quellen über Ludwig II., sein Umfeld und das gegen ihn geführte Verfahren betreffend, auf die wir gestoßen sind und die in Archiven, vor allem im Bay HStA und im PAAA, aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht einsehbar und/oder nicht mehr vorhanden sind
A 9
Die geheimen Tagebücher Ludwigs II. Ermittlungen von Franz Merta über die Geschichte der erhaltenen Bestandteile oder Bände des Tagebuchs Ludwigs II.
A 1 Brief des Finanzministers Dr. von Riedel an den Hofsekretär Philipp Pfister (und damit an den König) vom 18. April 1884[ 1 ]
– aus Anlass der ersten großen Schuldenkrise der Kabinettskasse im Frühjahr 1884 mit ersten Hinweisen auf die Sanierung der königlichen Kabinettskasse durch einen Bankkredit und die Sicherung eines solchen u.a. durch die zur Sukzession berufenen höchsten Agnaten –
Hochwohlgeborener Herr Rath![ 2 ]
Die Lage der Königlichen Kabinettskasse ist eine sehr ernste, so ernst, daß ich, seitdem ich mich näher mit derselben beschäftigte, in der That von schweren Sorgen fast niedergedrückt bin.
Wenn nicht baldigst die vorhandenen Schuld-Verbindlichkeiten getilgt werden, so ist zu befürchten, daß hunderte, ja vielleicht noch mehr Existenzen dem ökonomischen Ruin verfallen, und dieser Umstand allein birgt schon eine große Gefahr, da die berechtigten Klagen der Betroffenen nicht bloß in ganz Bayern, sondern weit über dessen Grenzen hinaus einen Wiederhall finden werden, welcher durch kein Mittel von den Stufen des Thrones fernezuhalten sein dürfte, was in einer Zeit, wie die gegenwärtige, wo die socialen Verhältnisse mehr und mehr unterwühlt werden, doppelt bedenklich erscheint. Dazu kommt aber noch ein weiterer höchst mißlicher Umstand. Nach bayerischen Gesetzen kann die Civilliste vor Gericht verklagt und folgerichtig wenigstens theilweise auch gerichtlich beschlagnahmt werden. Nun wird zwar jeder treue Unterthan möglichst vor Herbeiführung einer gerichtlichen Einschreitung zurückschrecken, allein bei Manchem werden die Gefühle der Loyalität durch die Noth zurückgedrängt werden, und Andere werden den Ausweg ergreifen, ihre Forderungen an Wucherer oder Ausländer abzutreten, welche Loyalitätsrücksichten nicht kennen. In Verlassenschafts- und Gantfällen irgend eines Gläubigers wird ohnehin eine gerichtliche Einmischung nicht zu umgehen sein. Der Fortgang der gerichtlichen Procedur kann in keinem Falle von Staatswegen gehemmt werden.
Es ist für mich zu schmerzlich, die im vollen Umfange heute noch gar nicht übersehbaren nachtheiligen Rückwirkungen, welche die Fortdauer der Schuld(en)verhältnisse der Königlichen Kabinetskasse auf den Bestand des Thrones, der Dynastie und des Staates haben wird und muß, eingehender zu schildern. Eine solche Schilderung erscheint mir aber auch unnöthig, da ich überzeugt bin, daß Seine Majestät, unserallergnädigster König, sofort die zur Beseitigung jenes Zustandes erforderlichen Maßregeln Allerhöchst anzuordnen geruhen werden.
Diese Maßregeln können nach meiner Meinung nur in der Aufnahme einer größeren, entsprechend rasch zu tilgenden Schuld, in der planmäßigen Wegfertigung der vorhandenen Gläubiger und in der strengen Vermeidung neuer Schulden bestehen.
Ich habe schon seit längerer Zeit die Frage ernstlich erwogen, ob nicht aus Staatsmitteln zu helfen sei. Dieß wäre nur möglich unter Mitwirkung des Landtags; derselbe wird aber seine Zustimmung, deren Erreichung überhaupt zweifelhaft ist, zuversichtlich an äußerst unangenehme Bedingungen knüpfen, aus deren Reihe ich nur die Kürzung der Civilliste, dann eine etwaige Untersuchung und staatliche Controle des Königlichen Haushaltes erwähnen möchte.
Wenn ich ferner das peinliche Aufsehen, welches eine Bitte der Krone an die Volksvertreter sowie eine mit den Verhandlungen verbundene, mehr oder minder öffentliche Darlegung der einschlägigen Verhältnisse allenthalben machen müßte, in Erwägung ziehe, so glaube ich wohl sagen zu dürfen, daß ein Angehen des Landtages solange zu vermeiden sein dürfte, als es vermieden werden kann. Was die Schuldaufnahme bei Privaten betrifft, so darf ich vorausschicken, daß Niemand, der es ehrlich meint, so beträchtliche Summen darleihen wird, wenn nicht die rechtzeitige und pünktliche Zahlung der Zinsen und Tilgung der Schuld vollkommen gesichert ist.
Personen, welche ohne solche
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