Ein königlicher Skandal
spöttisch. „Wir erinnern uns gut an Rosa, wie sie noch als übermütiges junges Mädchen mit zerzaustem Haar durch den Palastgarten lief. Deshalb fällt es schwer, in ihr die Expertin zu sehen. Aber sie weiß, was sie tut. Und darum richten wir uns nach ihr.“
Das klang wie die abgeklärten und herablassenden Worte eines Onkels – nein, eines Großonkels.
„Danke“, erwiderte Rosa, ohne sich die Enttäuschung anmerken zu lassen. „Wie versprochen werde ich mein Bestes tun. Eine Erfolgsgarantie kann ich nicht geben.“
Max bog in den Vorhof der Burg ein. „Wenn dein Mittel nicht wirkt, wird die gesamte Weinindustrie der Insel zerstört.“ Er parkte den Wagen vor der breiten Treppe, die zum Haupteingang führte. „Kommen Sie doch auf ein Glas mit hinein, Giovanni.“
„Wenn es etwas zu besprechen gibt, muss ich dabei sein“, erklärte Rosa angespannt.
„Und was soll das nützen?“, fragte Max, als sie erneut ein Gähnen unterdrückte. „Du brauchst mindestens zwölf Stunden Schlaf.“
„Ich bin durchaus in der Lage …“
„Bist du nicht“, fiel er ihr unnachgiebig ins Wort. „Du hast dunkle Ringe unter den Augen und gähnst andauernd. Leg dich hin und schlafe die Nacht durch. Morgen kannst du dich wieder mit voller Kraft dem Problem widmen.“
Leider hat er recht, gestand sie sich missmutig ein. „Es war schön, Sie wiederzusehen“, sagte sie lächelnd zu Giovanni. „Ich wünschte nur, es wäre ein erfreulicherer Anlass gewesen.“
Der alte Mann nickte ernst. „Stets zu Diensten, Hoheit“, antwortete er formell.
Dass er ihr zutraute, den Befall zu bekämpfen, bezweifelte Rosa stark. Max war genauso wenig zuversichtlich. Wahrscheinlich hatte er sie nur aus reiner Verzweiflung um die halbe Welt reisen lassen.
Nachdem sie zum zweiten Mal an diesem Tag geduscht hatte, setzte sie sich an den Laptop und tippte ihre ins Diktiergerät gesprochenen Notizen. Von dem köstlichen Essen, das ihr serviert wurde, aß Rosa nur die Hälfte.
Angestrengt versuchte sie, sich auf die Laborergebnisse zu konzentrieren. Doch nicht einmal zwei Tassen Kaffee hielten Rosa wach. Schon nach zwei Minuten sah sie die Zahlen nur noch verschwommen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich ins Bett zu kuscheln und die Augen zu schließen.
Irgendwann wurde sie wach, stand benommen auf und holte sich ein Glas Wasser. Während Rosa trank, sah sie aus dem Fenster. Die Straßen rings um das Schloss und die Häuser waren dunkel. Nur die wenigen Straßenlampen leuchteten ganz schwach. Obwohl die Sonne noch nicht aufgegangen war, musste der Morgen bald hereinbrechen.
Rosa fühlte sich, als hätte sie zu lange und zu tief geschlafen. Neben leichten Kopfschmerzen taten ihr die Augen weh. Außerdem fühlten sich Arme und Beine schwer an. Sie griff nach den Papieren, legte sie jedoch wieder aus der Hand. Erschöpft sank aufs breite Bett und blickte durch das Fenster zu den noch erkennbaren Sternen am dunklen Himmel über San Rinaldi.
Bei der Abreise war sie sicher gewesen, dass alle Gefühle für Max im Laufe der Zeit eingeschlafen waren. Außerdem war Rosa heute viel reifer. Deshalb hätte sie es aber ahnen sollen. Die Sehnsucht nach Max war nicht verschwunden. In den letzten Jahren hatte sie sich für keinen anderen ernsthaft interessiert. Zwanzig Jahre alt, und Rosa war immer noch Jungfrau. Seufzend gestand sie sich ein, dass es keinen anderen gegeben hatte, weil sie Max nach wie vor liebte. Wie vor fünf Jahren träumte sie nur von ihm.
Allerdings fühlte sie nicht mehr eine bloße Schwärmerei. Inzwischen war es etwas viel Gefährlicheres: Ein ungezügeltes Verlangen pulsierte durch Rosas Körper jedes Mal in Max’ Nähe. Seine tiefe Stimme jagte ihr wohlige Schauer über den Rücken, und wenn er sie in den Armen hielt …
In seinen Armen hatte sie sich absolut sicher gefühlt. Seine Schultern zu berühren und das Kinn auf seine Brust zu legen, war wundervoll und aufregend. Rosa hatte sich gegen seinen kräftigen Körper gelehnt und deutlich sein Verlangen gespürt. In diesem Moment hatte sie sich so stark und unwiderstehlich zu ihm hingezogen gefühlt. Es wäre himmlisch, nur eine Nacht mit Max zu verbringen.
Nein, das waren verbotene Gedanken! Anderswo konnten Cousin und Cousine vielleicht heiraten. Mitglieder der königlichen Familie von San Rinaldi duften sich nicht lieben.
Rosa lächelte bitter und dachte an ihre Freundin in Neuseeland. Kate hatte ein schockiertes Gesicht gemacht, als sie hörte, welche
Weitere Kostenlose Bücher