Ein königlicher Skandal
altmodischen Gesetze Rosas Vorfahren erlassen hatten.
„Unglaublich!“, hatte Kate ausgerufen. „Und muss sich wirklich jeder an diese Regeln halten?“
„Nein, nur die Mitglieder der Königsfamilie.“
Ungläubig schüttelte Kate den Kopf. „Dann kann sich der König also willkürlich irgendeine Vorschrift ausdenken, und jedes Familienmitglied muss sich daran halten? Das kann gar nicht gut gehen. Was ist denn, wenn ihr irgendwann einen Verrückten als König bekommt?“
„Diese Gesetze wurden alle schon vor Jahrhunderten erlassen, und kein Herrscher kann neue hinzufügen – zumindest nicht, dass ich wüsste“, erwiderte Rosa. „Wer gegen eins dieser Gesetze verstößt, kommt auch nicht ins Gefängnis oder wird aus der Familie ausgeschlossen. Man kann dann allerdings nicht König werden.“
„Wirklich schade, dass du keine Thronanwärterin bist“, meinte Kate energisch. „Du hättest nämlich dafür sorgen können, dass dieses rückständige Inselchen gewaltig mo
dernisiert wird.“
„So schlimm ist es bei uns gar nicht“, wandte Rosa ein.
Kate hatte nur den Kopf geschüttelt und sich auf keine weitere Diskussion eingelassen.
Seufzend drehte Rosa sich auf die andere Seite und schloss die Augen …
Als sie wieder aufwachte, schien bereits die Sonne. Durch den Spalt zwischen den schweren Vorhängen fiel das Licht auf den Orientteppich. Irgendetwas hatte sich verändert.
Jemand hatte mehrere Blumensträuße im Raum verteilt. In allen Farben des Spätsommers leuchteten die Blüten und verströmten einen zarten Duft. Sie überlegte gerade, ob Max auf diesen Einfall gekommen war, als jemand verhalten an die Tür klopfte.
„Herein!“, rief Rosa nervös.
3. KAPITEL
Natürlich kam nicht Max herein, sondern das Hausmädchen. Auf einem Tablett trug es das Frühstück herein. Voller Freude entdeckte Rosa, dass sie in ihrer Kindheit morgens genau dasselbe gegessen hatte: cremiger Joghurt mit Honig, knuspriges Bauernbrot mit Olivenöl, Orangen, Feigen und dazu eine Handvoll Pistazien.
Und vor allem Kaffee!
Genießerisch schloss sie die Augen und atmete die für San Rinaldi typischen Düfte ein. „Jetzt weiß ich, dass ich daheim bin!“, rief sie und lächelte strahlend.
Das Hausmädchen lächelte zurück, machte einen Knicks und ging wieder.
Später erzählte Rosa Max davon, während sie durch die Straßen zu dem Haus gingen, in dem er ein Hilfszentrum für die Winzer eingerichtet hatte.
„Irena – das Hausmädchen – meinte, dass du dich besonders über den Kaffee gefreut hast“, sagte er. „Das wundert mich. Soweit ich mich erinnere, gibt es in Neuseeland doch ausgezeichneten Kaffee.“
„Ja, das stimmt, aber er wird dort anders zubereitet. Kein Kaffee auf der ganzen Welt riecht so gut wie der auf San Rinaldi.“
„Bist du denn wirklich so weit herumgekommen?“, fragte er scherzhaft.
„Ziemlich weit“, antwortete sie amüsiert und fügte hinzu: „Natürlich nicht so weit wie du.“
„Stimmt schon, ich hatte allerdings auch zehn Jahre mehr Zeit zum Reisen.“ Max zeigte auf ein modernes Gebäude, das sich sehr gut den alten Häusern darum herum anpasste. „Da sind wir schon.“
Warum musste er sie ausgerechnet jetzt an den Altersunterschied zwischen ihnen erinnern? Rosa überspielte mit einem fröhlichen Lächeln, wie sehr sie das verletzte.
Der wissenschaftliche Leiter der Einrichtung begrüßte Rosa leicht reserviert. Vermutlich hielt er die Prinzessin für eine Dilettantin. Entschlossen bewies sie ihm das Gegenteil. Rosas Ausführungen und Fragen überzeugten. Begeistert bot der ältere Mann an, sie herumzuführen und ihr alles zu zeigen.
Auf den ersten Blick erkannte sie, dass das Labor dem Standard entsprach, den sie von Neuseeland her gewöhnt war. Allerdings nahmen die Laboranten sie mit leichter Zurückhaltung auf.
Als ob eine Prinzessin von San Rinaldi keine Wissenschaftlerin sein kann, dachte sie verärgert.
Vielleicht trauten die Leute Rosa auch nicht viel zu, weil sie noch so jung war. Als Erste ihres Jahrgangs hatte sie das Studium abgeschlossen. Sie war eben eine sehr strebsame Schülerin gewesen und wurde von vielen nicht ganz zu Unrecht eine Fachidiotin genannt. Leider musste sie sich zu ihrem Ärger immer wieder beweisen.
Wahrscheinlich war es Max ähnlich ergangen, als er den Winzern auf seinen eigenen Weingütern gezeigt hatte, wie man hochwertigen Wein herstellt. Sein neunzehnter Geburtstag hatte nicht lange zurückgelegen, da hatte Max die
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