Ein königlicher Verführer
empfehle ich eine In-vitro-Befruchtung.“
„Und wie viele Monate sollen wir warten?“, wollte sie wissen.
„Versuchen wir es mit sechs.“
Sie war sicher, nicht noch weitere sechs Monate die Einsamkeit ertragen zu können. Ein Baby schien der einzige Ausweg, um Chris’ Liebe zu gewinnen, aber was sollte sie tun? Den Arzt darum bitten, die künstliche Befruchtung jetzt vorzunehmen? Darauf bestehen?
„Tut mir leid“, sagte sie, als sie mit Chris im Auto saß.
„Ist nicht deine Schuld“, meinte er, aber sie wusste genau, dass er sie verantwortlich machte.
Ganz egal, wie sehr sie sich bemühte, eine gute Ehefrau zu sein, es wollte ihr einfach nicht gelingen.
10. KAPITEL
Melissa wirkte so am Boden zerstört, dass Chris sie am liebsten in den Arm genommen hätte. Er wusste, dass sie das am meisten gebraucht hätte, aber er konnte sich nicht dazu überwinden. Er würde nur die falsche Hoffnung in ihr wecken, dass er mehr für sie empfand, als er wirklich tat. Und dass ihre Hochzeit mehr als nur eine geschäftliche Vereinbarung war.
Weckte er aber dann nicht auch falsche Hoffnungen in ihr, wenn er jede Nacht mit ihr schlief? War das fair? Nein, beruhigte er sich selbst, das war nur Sex, und der hatte nichts mit Liebe zu tun, egal, was manche Leute davon hielten. Er wunderte sich bloß, warum sie nicht nach Morgan Isle zurückkehrte, wenn sie hier so unglücklich war. Die Antwort lag klar auf der Hand.
Sie behauptete zwar, ihn zu lieben, aber in Wahrheit nutzte sie ihn bloß aus, um eines Tages Königin zu werden. Den Thron in ihrem eigenen Land konnte sie nicht haben, also wollte sie den seiner Mutter. Sie war nicht anders als all die anderen Frauen, die ihn in den letzten Jahren benutzt hatten. Der einzige Unterschied zu ihnen war, dass in Melissas Adern königliches Blut floss.
Ehrlicherweise musste er zugeben, dass sie beide einander benutzten.
Aber warum fühlte er sich dann so verteufelt schlecht, wenn sie unglücklich war? Und weshalb interessierte sie sich anscheinend nicht im Geringsten für den Titel seiner Mutter?
Auch wenn sie ihm nicht glaubte, aber er gab ihr keine Schuld dafür, dass sie nicht schwanger wurde. Da es seinem Vater wieder besser ging, war es nicht mehr ganz so wichtig, sofort einen Erben zu präsentieren. Zwar würde man erst wissen, ob die Behandlung angeschlagen hatte, wenn die Herzpumpe wieder entfernt worden war. Doch die gefährliche Schwellung war bereits zurückgegangen, und die Ärzte gaben sich zuversichtlich.
Chris rechnete es Melissa hoch an, dass sie die ganze Zeit über bei ihm geblieben war. All die langen und eintönigen Stunden im Krankenhaus war sie nicht von seiner Seite gewichen und hatte die Missachtung und verletzenden Bemerkungen seiner Geschwister ertragen.
Warum tat sie das? Sie musste niemanden beeindrucken oder für sich gewinnen. Der Thron war ihr bereits sicher. Oder war das gar nicht das, was sie wollte? In der letzten Zeit hatten deswegen Zweifel an ihm zu nagen begonnen.
Seine Geschwister machten es ihr bestimmt nicht leicht. Chris hatte angenommen, dass sie Melissa im Laufe der Zeit akzeptieren würden, aber das war offensichtlich nicht der Fall, und er verlor allmählich die Geduld mit ihnen. Aus diesem Grunde hatte er die Sache auf einem ihrer letzten wöchentlichen Treffen zur Sprache gebracht.
Sie hatten darüber geredet, dass die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen dem Treiben des Lebkuchenmannes offenbar ein Ende gesetzt hatten. Als sich alle von ihren Sitzen erheben wollten, hielt Chris sie auf. „Eine Sache müssen wir noch bereden. Es geht um Melissa.“
Sie setzten sich wieder. „Und worum genau?“, wollte Anne wissen.
„Wir sind seit drei Monaten verheiratet, und ich denke, ihr solltet ihr ein bisschen mehr Respekt entgegenbringen.“
„Respekt?“, spottete Anne. „Du hast ja selbst gesehen, wie sie immer da sitzt und sich zu gut dafür ist, mit uns zu sprechen.“
„Woher weißt du, was sie denkt?“, wollte Chris wissen.
„Man kann es in ihren Augen sehen.“
Sie sahen lediglich, was Melissa ihnen zeigen wollte. Den Schmerz darüber, dass man sie zurückwies, behielt sie für sich. Seine Geschwister sahen auch nicht, wie traurig sie war, wenn sie glaubte, dass es niemand bemerkte. Und sie hörten sie nicht mitten in der Nacht leise weinen, wenn sie meinte, dass Chris schlief.
Louisa, die sonst nie etwas Schlechtes über jemanden sagte, erklärte: „Sie ist ein wenig … kalt.“
„Und wann habt ihr das letzte Mal
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