Ein Kuss für die Ewigkeit
klar, dass ihm vermutlich nur ein Versuch für den todbringenden Hieb blieb. „Dies ist der letzte Tag Eures Lebens.“
Wimarc legte den Kopf nach hinten, als würde er wieder auf diese seltsame, tonlose Art lachen, während Finn einen weiteren Schritt auf ihn zumachte und mit beiden Händen das Schwert hob, jedoch mehr um sich zu verteidigen, anstatt nach seinem Kontrahenten zu schlagen. Noch hatte er dessen Schwachstelle nicht gefunden.
Auch Wimarc hob sein Schwert und holte aus. Seine Klinge traf Finns Waffe mit solcher Wucht, dass Finn auf die Knie sank und sich mit zitternden Armen bemühte, Wimarc zurückzudrängen.
Doch es gelang ihm nicht, stattdessen drückte Wimarc sein Schwert nach unten und trat auf die Klinge, sodass die zerbrach. Mit dem gleichen Fuß trat er Finn ins Gesicht, der vor Schmerzen fast das Bewusstsein verlor, als er nach hinten geschleudert wurde. Er schaffte es, sich wieder aufzurichten, als Wimarc das Visier hochklappte und sein schweißnasses Gesicht zum Vorschein kam.
„Es ist vorbei, du Schurke“, freute sich Wimarc. „Du wirst sterben, aber nicht heute und nicht sehr schnell. Vielmehr werde ich dich an der Burgmauer in einen Käfig stecken und verhungern lassen.“
Wimarc hatte offenbar vergessen, dass sein Gegner kein Ritter war, der im ehrbaren Kampf mit guten Waffen geschult war. Finn hatte auf der Straße und in den Gassen vieler Städte und Dörfer gekämpft, wo man sich so etwas wie Ehre nicht leisten konnte und wo als Waffe alles diente, was man in die Finger kriegte.
Auch ein zerbrochenes Schwert.
Finn hob die Arme hinter den Kopf und warf das demolierte Schwert so von sich, wie Jacapo es mit einem Messer machen würde.
Und jagte es genau in Wimarcs linkes Auge.
Schreiend ließ der sein Schwert sinken, der Schild rutschte ihm vom Arm, während er auf die Knie fiel. Er umfasste das Heft und riss laut brüllend das Schwert heraus. Zwar presste er seinen Handschuh auf die Wunde, doch das Blut bahnte sich zwischen den Fingern hindurch seinen Weg.
Auch Finn sank auf die Knie und schnappte nach Luft. Jetzt, da er Lizette und ihre Schwestern gerettet hatte, konnte er in Frieden sterben.
Auf einmal schallte ein Kriegsruf über das Schlachtfeld.
In der Stille, die nach dem Ruf einen Moment lang herrschte, war zunächst nur Wimarcs Stöhnen zu hören, während Finn sich mühsam aufrichtete. Plötzlich tauchten zwei Ritter auf ihren Pferden zwischen den Bäumen auf der anderen Seite auf, ihnen folgte ein ganzer Schwarm Soldaten, an dessen Rändern Bogenschützen Stellung bezogen.
Wer sie waren oder woher sie kamen, konnte Finn nicht ausmachen, aber es kümmerte ihn auch nicht, solange sie erschienen waren, um gegen Wimarc und dessen Leute zu kämpfen. Ein Pfeil landete nahe seinem Fuß im Gras, und als er sich umsah, entdeckte er Garreth, der mit dem Bogen in der Hand zu ihm gelaufen kam. „Ich bin hier, Finn!“, rief er.
Es war gleichgültig, ob der Junge zu den soeben aufgetauchten Reitern gehörte oder nicht, Finn war nur froh, ihn wiederzusehen. Umso mehr freute er sich darüber, dass Wimarcs Männer zurück in Richtung Burg rannten.
Während Garreth ihn vom Kampfgetümmel wegführte, schickten die Bogenschützen Salve um Salve hinter Wimarcs fliehenden Söldnern her. Einige von ihnen sanken getroffen zu Boden, andere schafften es noch zur Burg, bevor die Tore geschlossen wurden.
Aber nicht Wimarc, der umhertaumelte und über tote Soldaten und im Gras liegende Schwerter stolperte. Er kam zu spät, denn als er das Tor erreichte, war es bereits zu. Er schrie und fluchte, doch niemand wollte das Tor für ihn noch einmal öffnen.
Finn hörte eine andere Stimme, die seinen Namen rief. Eine reizende, vertraute, geliebte Frauenstimme. Er wandte sich um und entdeckte Lizette, die ein Stück entfernt auf der Straße wartete.
Als Finn zu ihr ging, surrte ein Pfeil dicht am Kopf ihres Pferds vorbei. Das Tier scheute und bäumte sich auf, und Finn sah voller Entsetzen mit an, wie Lizette abgeworfen wurde.
25. KAPITEL
Alle Schwäche war vergessen, als Finn sich von Garreth löste und zu Lizette eilte, als würde er von fünfzig wütenden Keilern verfolgt.
„Lizette! Mein Gott, Lizette!“, rief er, als er neben ihr auf die Knie sank. Wenn sie tot war, wenn man sie umgebracht hatte …
Erleichtert sah er sie dann aber blinzeln, und schließlich lächelte sie ihn an wie ein Engel, der aus dem Himmel hinabgestiegen war. „Finn?“
Sie lebte! Gott sei Dank, sie lebte!
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