Ein Kuss für die Ewigkeit
ritt sie auf Wimarc und dessen Frau zu, ohne jedoch Roslynn auch nur eines Blicks zu würdigen.
Nachdem sie ihrem Feind die Pergamente ausgehändigt hatte, beschäftigte der sich eingehend mit den Briefen, erst dann hob er den Kopf und schaute Lizette an. „Das war eine kluge Entscheidung von Euch, mir die Briefe zurückzugeben. Ansonsten hätte ich Euch auf der Stelle getötet.“
„Es war eine kluge Entscheidung, diese Männer auf freien Fuß zu setzen, ansonsten hättet Ihr den Zorn meiner Familie und des Königs zu spüren bekommen“, hielt Lizette dagegen. „Werdet Ihr England verlassen?“
„Glaubt Ihr, ich habe Angst vor John oder vor Dummköpfen wie Euren Schwägern, die ihm immer noch die Treue halten? Glaubt Ihr, ich habe so wenige Verbündete und sei nicht mächtig genug, den König jetzt sofort zu stürzen? Wenn Ihr das glaubt, seid Ihr dumm, und Ihr seid sogar noch dümmer, wenn Ihr glaubt, mich besiegen zu können.“ Er warf einen Blick über seine Schulter und brüllte: „Draco!“
Schwer bewaffnete Söldner stürmten durch das Burgtor nach draußen. Offenbar hatten sich Wimarcs Männer sofort im Schutz der äußeren Burgmauer versammelt, nachdem die Gefangenen nach draußen gebracht worden waren.
„Lizette!“, brüllte Finn warnend, während sie ihr Pferd so abrupt kehrtmachen ließ, dass es sich auf die Hinterbeine stellte. Gleichzeitig ritt Iain los und kam schützend zwischen ihr und ihrem Widersacher mit seinem Pferd zum Halten.
Die übrigen Soldaten, die Lizette begleiteten, griffen zu den Waffen und rückten gegen die Männer aus der Burg vor. Pfeile wurden in Wellen von den Brustwehren abgeschossen und trafen die Krieger, von denen viele tot oder verwundet zu Boden gingen. Klingen schlugen aufeinander, Männer brüllten, schrien und stöhnten. Die Gefangenen, die sich zwischen den beiden Streitmächten befanden, versuchten alles, um in Sicherheit zu gelangen. Einige schafften es, andere waren zu kraftlos oder zu verängstigt, um sich von der Stelle zu rühren, und starben dort, wo sie stehen geblieben waren.
Finn lief zu einem der getroffenen Soldaten und zog ihm das Schwert aus der schlaffen Hand. „Versteck dich im Wald!“, forderte er seinen Bruder auf. „Du bist zu schwach zum Kämpfen!“
„Nein, Finn. Ich …“
„Mach schon“, fuhr Finn ihn an, und anders als an jenem schicksalhaften Abend in der Taverne fügte sich Ryder.
Fest entschlossen Lizette zu retten, wirbelte Finn herum und sah verblüfft mit an, wie Lady Roslynn sich aus der Gruppe ihres Mannes löste und zu Lizette geritten kam. Über die Schulter schrie sie Wimarc zu: „Verräter!“
Schließlich kam Lizette mit ihrem Pferd zu Finn. „Nimm meine Hand!“
„Kümmere dich zuerst um Ryder“, gab er zurück und zeigte mit der Klinge auf seinen fliehenden Bruder. „Ich will nicht, dass er jetzt stirbt.“
„Finn!“
Er klatschte mit der flachen Hand auf das Hinterteil ihres Pferdes, damit es losgaloppierte. „Komm wieder her, wenn Ryder in Sicherheit ist!“, rief er ihr nach.
Lizette brachte das Tier gleich wieder zum Stehen und wandte sich zu Finn um, doch dann drückte sie wie erhofft die Fersen in die Flanken der Stute und preschte Ryder hinterher.
Unterdessen machte Finn auf der Stelle kehrt und lenkte seine Schritte zielstrebig auf Wimarc zu, um den Mann zu töten.
Wenig später erreichten Lizette und Ryder in sicherer Entfernung den Wegesrand, der in den Wald führte. „Versteckt Euch zwischen den Bäumen“, riet sie ihm. Er saß hinter ihr auf dem Pferd und hatte die Hände um ihre Taille gelegt. „Ich muss mich um Finn kümmern.“
„Ich dachte, er erwartet uns hier. Wenn ich gewusst hätte, dass wir allein sind, wäre ich nicht mitgekommen“, erwiderte Ryder mit gebrochener, gequälter Stimme. „Ich will nicht, dass er stirbt. Er hätte mich besser in diesem Verlies verhungern lassen, anstatt sein Leben für mich zu riskieren.“
„Das konnte er nicht machen“, sagte sie mitfühlend, aber auch entschieden. „Er liebt Euch. Wenn Ihr jetzt Euer Leben verliert, nachdem er all die Strapazen über sich ergehen ließ, was wäre das für ein Lohn für seine Mühen? Tut das, worum ich Euch bitte, Ryder. Ihr seid zu schwach, und uns bleibt nicht viel Zeit. Versteckt Euch hier im Wald und bleibt dort, bis wir Euch abholen. Sollten wir bis zum Anbruch der Dunkelheit nicht auftauchen und Ihr seht stattdessen Wimarcs Leute, dann rührt Euch nicht und flieht am
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