bestellst nicht so
gerne Essen aus der Küche.«
Lucius
hätte dieser Kommentar definitiv nicht gefallen, aber das war mir gerade egal. Ich habe eine Freundin, die
meine Probleme versteht. »Danke.«
Dann
brachte Ylenia mich zur Tür und wies Emilian
in fließendem Rumänisch an, mich zu meinem Schlafzimmer zu geleiten, denn ich
war inzwischen mehr
als müde. Ich war vollkommen erschöpft und konnte es nicht abwarten, zu dem einzigen Ort in der Burg zu
gelangen, an dem ich mich einigermaßen sicher und zu Hause fühlte – zumindest
bis später in dieser Nacht.
Kapitel 9
Lucius
Von:
[email protected] An:
[email protected] Raniero –
Unverzügliche
Grüße aus dem Herzen Rumäniens, wo die Ankunft des »Breitband-Internets« es um
so viel einfacher macht, in Kontakt mit all meinen weit verstreuten Verwandten
zu bleiben – und damit auch die Kontrolle über mein Königreich zu behalten.
(Ich beziehe mich hier ausdrücklich auf Dich, »nightsurfer3«, denn man kann
wohl kaum weiter von dem kalten, wilden Herzen der Karpaten entfernt sein als
an den »sanften«, sonnigen Stränden Südkaliforniens, nicht wahr?)
In der
Annahme, dass Du noch nicht von den »köstlichen Wellen« weggespült wurdest,
von denen Du so ehrfurchtsvoll erzähltest – Du kostest nicht wirklich von dem Wasser, oder,
Raniero? –, schreibe ich Dir in erster Linie, um zu erfragen, wie es Dir
ergangen ist, seit wir uns zuletzt bei meiner Hochzeit trafen. (Ich möchte an
dieser Stelle noch einmal betonen, dass es mir eine Ehre war, Dich an meiner
Seite zu haben – und die Tatsache, dass Du Dich herabgelassen hast, lange
Hosen zu tragen, anstelle deiner bevorzugten »Board Shorts«, war ein Quell
großer Anerkennung meinerseits. Doch nicht nur Anerkennung habe ich verspürt – sondern auch ein nicht zu verachtendes Maß an Erleichterung.)
Ich muss
außerdem zugeben: Dein Versäumnis, mir auf meine schriftliche Einladung, mein Trauzeuge
zu sein, zu antworten, hat mich verunsichert.
Trotzdem fragte ich keinen anderen, an meiner Seite zu stehen, für den Fall,
dass Du es versäumtest aufzutauchen. Nicht nur, dass mir niemand anderes
eingefallen wäre, den ich genug respektiere, um diese bedeutsame Rolle zu
erfüllen, ich vertraute Dir, Raniero, dass Du das Richtige tun würdest, wie ich
Dir auch damals vertraut habe, als wir uns in jener brenzligen Situation
befanden, in der Du unser Training – um nicht zu sagen meine Existenz – in den Verliesen
der Vladescus in einer Lache von Blut hättest beenden können.
Dieses
unerschütterliche Vertrauen, das ich in Dich habe, bewegt mich dazu, Dir heute
zu schreiben.
Die
nächsten sechs Monate werden ausschlaggebend sein für meine Zukunft als Anführer
der kürzlich vereinten Clans. Ich werde auf die Vertrauenswahl bei der
Versammlung im Juli drängen und außerdem auf meine Krönung noch vorJahresende.
Du kennst mich gut genug, um meine Beweggründe zu verstehen. Ich habe nie
verheimlicht, dass ich anstrebe, die Macht zu erlangen, und ich bin
zuversichtlich, dass ich den Weitblick und die Fähigkeit habe, die Clans aus
den dunklen Zeiten zu führen, in denen unsere Familien unwiderruflich gefangen
zu sein scheinen, und zwar nicht nur in gesellschaftlicher Hinsicht, sondern
auch in Bezug auf Bildung und Technik. (Ganz ehrlich, Raniero, sind wir
wirklich die einzigen adlig geborenen Vladescus, die wissen, dass Bluetooth
keine schreckliche Vampir-Krankheit ist, die von einem Mangel an Sauerstoff im
Zahnfleisch herrührt? Ich fürchte, es ist so.)
Abgesehen
von meinem persönlichen Ehrgeiz möchte ich diesen Prozess jedoch auch um
Antanasias willen beschleunigen. Sie ist auf bewundernswerte Weise bemüht, von
einem menschlichen Teenager zu einer Vampir-Prinzessin zu werden, aber es ist
ein schwieriger Weg für sie. Sogar noch schwieriger, als ich voraussehen
konnte, als ich sie heiratete.
Es war
egoistisch von mir, Raniero, dass ich sie mein Eigen nennen wollte.
Und jetzt muss ich sie zu ihrem eigenen Schutz noch mehr belasten und auf eine
frühe Krönung bestehen, sodass ich zum König aufsteigen kann. Denn wie unser
skrupelloser, aber zweifelsohne scharfsinniger Onkel Vasile immer bemerkte:
»Ein Prinz ist im Vergleich zum König wie das Jungtier zum Löwen. Einem
Jungtier kann man einen Tritt verpassen, aber niemand wagt es, einen
Löwen zu ärgern!«
Also, was
sagst Du, Bruder? Wirst Du vorübergehend – oder für immer! – Dein Surfboard
stehen lassen, Deine buddhistischen