Ein Kuss Vor Mitternacht - Historical Gold Bd 221
erzürnt, dachte Constance. Möglicherweise bedauerte sie sogar, Constance in ihr Elternhaus eingeladen zu haben. Dominics Eltern erhofften sich, dass er Miss Rutherford heiratete; vielleicht erwartete das auch Francesca von ihm. Dominic hatte einmal erwähnt, dass die Familie in Geldnöten sei, und Constance entsann sich, wie sparsam Francesca bei ihren Einkäufen mit Geld umging. Vermutlich würde auch sie davon profitieren, wenn Dominic eine vermögende Frau heiratete.
Vielleicht gab Francesca genau wie Muriel ihr die Schuld an Dominics Weigerung, in diese Ehe einzuwilligen. Constance konnte zwar keine Veränderung im Verhalten der Freundin feststellen, vermochte aber das Gefühl nicht abzuschütteln, dass Francesca sich Sorgen machte.
Constance legte sich in betrübter Stimmung schlafen, und auch am nächsten Morgen wollte sich ihre Laune nicht aufhellen. Sie überlegte, ob sie nach London zurückkehren sollte, obgleich ihr bei dem Gedanken ganz weh ums Herz wurde. Sie wollte Francesca keinesfalls Schaden zufügen und wäre sich schäbig vorgekommen, wenn sie all das Gute, das Francesca für sie getan hatte, damit vergelten würde, die Pläne der Familie unbeabsichtigt zu durchkreuzen.
Wenn sie abreiste, grübelte Constance weiter, würde Dominic vielleicht Vernunft annehmen und der Verbindung zustimmen, die seine Eltern für ihn vorgesehen hatten. Ohne von Constances Anwesenheit abgelenkt zu sein, würde er sich möglicherweise öfter mit Muriel unterhalten, mehr Zeit mit ihr verbringen und merken … was? Hier lag das Problem. Muriel war eine gefühlskalte, dünkelhafte Person. Ein unvorstellbarer Gedanke, dass Dominic diese Frau sympathisch finden, geschweige denn sich je in sie verlieben würde. Und Constances Abreise würde gewiss nicht bewirken, dass Muriels Charakter sich änderte. Außerdem verspürte Constance nicht das Bedürfnis, Dominic zu einem Leben mit Muriel zu verdammen, selbst wenn es in ihrer Macht stünde.
Also musste Constance sich damit abfinden, dass Dominic keine Rolle in ihrem Leben spielen durfte. In wenigen Tagen würden sie sich voneinander verabschieden, und irgendwann würde er eine andere reiche Erbin heiraten, eine liebenswertere Frau als Muriel Rutherford, das wünschte Constance ihm von Herzen. Und nach reiflicher Überlegung verwarf Constance den Gedanken, Francesca könne den Wunsch haben, ihr Bruder möge Muriel Rutherford heiraten, ungeachtet aller finanziellen Vorteile.
Auf lange Sicht war es ohne Bedeutung, wenn sie sich noch ein paar unbeschwerte Tage in Dominics Nähe gönnte, redete Constance sich schließlich ein. Niemand würde es verletzten, wenn sie mit ihm den Reitausflug machte, zu dem er sie gestern Abend eingeladen hatte. Höchstens ihr selbst könnte es Kummer bereiten, mit einem Mann Zeit zu verbringen, den sie so sehr begehrte wie noch nie einen Menschen zuvor und mit dem sie doch nicht zusammen sein durfte.
Ihr war klar, dass sie gefährlich nahe daran war, sich in Dominic zu verlieben, dass jede Minute mit ihm sie mehr für ihn empfinden ließ. Ein Teil von ihr sehnte sich danach, diese Liebe kennenzulernen und all ihre Verheißungen zu genießen. Ein anderer Teil fürchtete sich davor und scheute davor zurück. Sie hatte schon einmal geliebt und unter dem Verlust dieser Liebe gelitten. Aber sie wusste, dass ihre Gefühle für Gareth, sowohl Liebe als auch Leid, zur Bedeutungslosigkeit verblassen würden im Vergleich zu den Wonnen und Schmerzen, die Dominic ihrem Herzen zufügen würde.
Constance holte das zweiteilige Reitkleid aus dem Schrank, das Francesca ihr in ihrer spontanen Hilfsbereitschaft geschenkt hatte. Sie hatte das dunkelblaue Samtkostüm vor ein paar Tagen anprobiert, und Maisie hatte nur den Saum herauslassen müssen, ansonsten passte ihr das Kostüm wie angegossen. Francesca, die Constance erst seit wenigen Wochen kannte, erwies sich als weit gütiger und freundlicher als die Familie ihres Onkels. Maisie hatte außerdem ein Paar alte Reitstiefel von Francesca hervorgekramt, die Constance gleichfalls passten.
Sie betrachtete unschlüssig das Kleid, in Gedanken daran, wie die vergangene Ballnacht verlaufen war. Vielleicht wollte Dominic nicht mehr mit ihr ausreiten. Vielleicht bereute er sein Angebot, vielleicht hatte er seine Meinung über Muriel geändert und die Notwendigkeit eingesehen, sie zu heiraten. Bei dem Gedanken krampfte sich Constances Herz schmerzhaft zusammen.
In diesem Augenblick streckte Maisie den Kopf zur Tür
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