Ein Kuss vor Mitternacht
zusammenzubringen.“
Constance errötete. „Aber er irrt sich, das stimmt einfach nicht.“
Calandra zuckte die Achseln. „Nun ja, Sinclair ist gewiss kein Experte in Herzensangelegenheiten. Immerhin ist er bald vierzig und nach wie vor Junggeselle. Aber ich muss sagen, etwas an der Art, wie Dominic Sie anschaut …“
Ihre zierliche Stute scherte seitlich tänzelnd aus, bis Constance bemerkte, dass sie die Zügel zu straff hielt, und den Griff lockerte. „Sie müssen sich irren. Lord Leighton hat mir keine Avancen gemacht oder eine Andeutung …“
„Dominic würde sich niemals etwas Derartiges gestatten“, erklärte Calandra. „Er ist ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle – gleich, welche Gerüchte über ihn im Umlauf sein mögen. Er soll in den letzten Jahren ein ziemlich wildes Leben in London geführt haben, aber ich weiß genau, dass er ein anständiger und feiner Charakter ist.“ Calandra machte eine kurze Pause und fügte mit einem scheuen Lächeln hinzu: „Ich muss gestehen, als sehr junges Mädchen war ich bis über beide Ohren in ihn verliebt.“
„Tatsächlich?“ Constance blickte sie verblüfft an. Und wieder krampfte sich ihr Magen zusammen bei dem Gedanken, dass Lady Calandra, als Schwester eines vermögenden Aristokraten, eine ausgezeichnete Partie für Lord Leighton wäre.
„O ja“, schwärmte Calandra. „In seiner schneidigen Uniform sah er einfach umwerfend gut aus. Aber darüber bin ich längst weg.“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Er ist nämlich ganz und gar nicht mein Typ und nicht der Mann, den ich heiraten würde.“ Sie seufzte. „Im Übrigen habe ich ohnehin keine großen Hoffnungen, jemals zu heiraten.“
Constance schmunzelte. „Aber meine Liebe, ich kann mir nicht vorstellen, dass es Ihnen an Bewerbern mangelt.“
„O ja, natürlich gibt es einige Herren, die mir den Hof machen. Leider sind darunter auch Glücksritter, und es ist schrecklich schwer, ihre wahren Absichten zu durchschauen. Aber eines ist mir mittlerweile klar geworden: Je stürmischer einer seine unsterbliche Liebe beteuert, desto gieriger hat er es auf mein Vermögen abgesehen. Nicht, dass dies eine Rolle spielen würde, da Sinclair ziemlich einschüchternd auf meine Verehrer wirkt.“ Sie seufzte. „Das Dumme dabei ist nur, dass er mit seiner finsteren Art ausnahmslos alle Menschen vor den Kopf stößt.“
Constance lächelte zustimmend, da der mürrische Duke auch ihr anfangs ein wenig unheimlich gewesen war. „Aber der Richtige lässt sich gewiss nicht einschüchtern, glauben Sie mir.“
„Hoffentlich behalten Sie recht“, erwiderte Calandra. „Ich möchte nämlich nicht als alte, vertrocknete Jungfer enden.“
Die Vorstellung, dass dieses aufgeweckte, hübsche und liebenswürdige Mädchen unverheiratet bleiben würde, erschien Constance so absurd, dass sie laut lachen musste, und Calandra lachte mit ihr.
„Wahrscheinlich klinge ich ziemlich albern“, gestand Calandra und begann, über die neueste Mode zu plaudern, ein Thema, das die beiden eine Weile beschäftigte.
Der Anstieg wurde immer steiler, bis Dominic an einer Wegbiegung anhielt und sich der Gruppe zuwandte. „Den Rest des Weges bis zum Gipfel müssen wir leider zu Fuß bewältigen.“
Die Aussicht auf einen beschwerlichen Fußmarsch auf steinigem Grund dämpfte Margarets Begeisterung merklich, und sie jammerte: „Den ganzen Weg bis zum Gipfel? Aber in diesen Reitstiefeln kann ich kaum gehen. Für eine Bergwanderung bin ich nicht richtig gekleidet.“
Mit herabgezogenen Mundwinkeln blickte sie verdrießlich auf die Schleppe ihres Reitkostüms, die sie über den Arm geschlungen hatte. Dann schaute sie flehend in Mr. Carruthers’ Richtung. „Ich denke, ich ziehe es vor, hierzubleiben und auf dieser kleinen Lichtung zu rasten. Es wäre natürlich schön, wenn mir jemand Gesellschaft leisten würde …“
Die schwere Schleppe eines Reitkleides, die nur dazu diente, die Beine der Reiterin im Damensattel züchtig und vorteilhaft zu bedecken, war bei einem Fußmarsch in der Tat ziemlich hinderlich, und auch die weichen Reitstiefel eigneten sich nicht dazu, über Felsbrocken zu klettern. Aber Margaret war vor dem steilen Anstieg gewarnt worden und hatte dennoch ihre sonstige Lethargie überwunden. Constance vermutete, ihre Cousine hatte an dem Ausflug nur teilgenommen, um in der Nähe von Mr. Carruthers zu sein.
„Es wäre mir eine große Ehre, Miss Woodley, Ihnen Gesellschaft zu leisten“, bot Mr.
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