Ein Kuss zum Dessert (German Edition)
Kenntnisse, ihren Namen und ihren Verstand, das war alles. Für den Augenblick wenigstens, versuchte er sich zu trösten.
Während er sie beobachtete, wie sie Lage um Lage der Verzierung auftrug, betrachtete er ihre Hände mit den langen, schlanken Fingern, die ohne zu zögern arbeiteten. Der Lärm und die Geschäftigkeit um sie herum schienen sie überhaupt nicht zu stören, es war beinahe, als wäre sie allein in dem Raum. Gut so, dachte er, denn eine hysterische Frau, die unter Stress zusammenbrach, konnte er nicht gebrauchen.
Geduldig wartete er, bis sie ihr Werk vollendet hatte. Als sie dann die Spritztüte mit weißer Creme füllte, um die letzten Verzierungen aufzubringen, war das Essen so weit fortgeschritten, dass die meisten der Köche und Helfer ihr zusehen konnten. Alle warteten auf das Finale.
Endlich trat sie einen Schritt zurück, man hörte ein allgemeinesAufseufzen aus der Menge der Zuschauer, aber noch immer lächelte June nicht. Sie ging um ihre Kreation herum und betrachtete sie von allen Seiten. Perfektion. Mit weniger gab sie sich nicht zufrieden.
Schließlich sah Blake, wie ihre Augen zu leuchten begannen und ihr Mund sich zu einem Lächeln verzog. Und das beunruhigte ihn nur noch mehr.
„Bringt sie rein.“ Mit einem Lachen streckte sie ihre Arme hoch, um die verspannten Muskeln zu bewegen. Sie hatte das Gefühl, eine ganze Woche schlafen zu können.
„Sehr eindrucksvoll!“ Blakes Stimme erfüllte den Raum.
Die Arme noch immer hochgereckt, wandte June sich um und sah Blake an. „Danke.“ Ihre Stimme klang kühl, die Augen blickten vorsichtig. Irgendwann während ihrer Arbeit hatte sie sich entschieden, sehr vorsichtig vorzugehen im Umgang mit Blake Cocharan dem Dritten. „So soll das auch sein.“
Blake entdeckte die große Schüssel mit der Schokoladencreme, die Junes Helfer noch nicht weggeräumt hatten. Mit einem Finger fuhr er über den Rand der Schüssel und leckte seinen Finger dann ab. Der Geschmack hätte einen Stein erweichen können. „Fantastisch.“
June konnte das Lächeln nicht unterdrücken, er hatte ausgesehen wie ein kleiner Junge beim Naschen. „Natürlich“, meinte sie dann und warf den Kopf ein wenig zurück. „Ich mache nur fantastische Sachen. Deshalb wollen Sie mich ja auch haben – nicht wahr, Mr. Cocharan?“
„Mmm.“ Sein Murmeln konnte man als Zustimmung deuten, vielleicht aber auch als etwas anderes, doch beide entschieden sich, das nicht näher zu untersuchen. „Sie sind sicher sehrmüde, nachdem Sie schon so lange auf den Beinen sind.“
„Ein sehr aufmerksamer Mann“, murmelte sie, während sie die Kochmütze abnahm.
„Wenn Sie möchten, könnten wir in meinem Penthaus zu Abend essen. Es ist ruhig dort, wir wären allein, und Sie könnten es sich gemütlich machen.“
June zog eine Augenbraue hoch und warf ihm einen schnellen, misstrauischen Blick zu. Ein intimes Abendessen war etwas, das sehr gut überlegt werden musste. Sie mochte müde sein, aber mit einem Mann wurde sie noch immer fertig – besonders mit einem amerikanischen Geschäftsmann. Sie zuckte die Schultern. „Einverstanden. Es dauert nur ein paar Minuten, bis ich mich umgezogen habe.“
Ohne einen Blick zurück ging sie davon. Noch während Blake ihr nachsah, trat ein kleiner Mann mit einem dunklen Schnurrbart auf sie zu, nahm ihre Hand und zog diese mit einer dramatischen Geste an seine Lippen. Blake brauchte seine Worte gar nicht zu hören, um zu wissen, dass er June gratulierte. Sein Mund glitt weiter, Junes Arm hinauf. Doch sie lachte nur, schüttelte den Kopf und schob ihn dann sanft von sich. Blake sah, wie der Mann hinter ihr herblickte, wie ein kleiner Hund, der sich verlaufen hatte, und dann seine Kochmütze an sein Herz presste.
Sie war eine Frau, die sich gar nicht bemühen musste, um die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu ziehen, dachte Blake misstrauisch. Vor einer solchen Frau sollte man sich besser vorsehen, denn es würde ihr nicht schwerfallen, einen Mann zu manipulieren.
Blake stand grübelnd abseits, während in der Küche das Aufräumen und Abwaschen begann.
Kurze Zeit später kam June zurück. Sie trug jetzt ein mohnrotes Seidenkleid, das ihren Körper sanft umschmeichelte und ihre Formen noch betonte. Ihre Arme waren nackt, bis auf einen goldenen Armreif, den sie über dem Ellbogen trug. Lange spiralförmige Ohrringe berührten beinahe ihre Schultern. Ihr Haar hatte sie gelöst, es umrahmte in weichen Locken ihr Gesicht.
June wusste, dass
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